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Als die Tiere den Wald verließen

Als die Tiere den Wald verließen

Titel: Als die Tiere den Wald verließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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muß dir die Gruppe noch einmal anvertrauen«,
rief er hinter dem Dachs her. »Bring sie in das Wäldchen! Ich
werde versuchen, unseren Verfolger aufzuhalten.« Etwas leiser
fügte er hinzu: »Nun, Kröte, ich fürchte, du mußt es für ein
Weilchen selber schaffen. Ich komme nach, sobald ich kann.«
»Natürlich, ich verstehe«, erwiderte die Kröte und sprang sofort
vom Rücken des Fuchses zur Erde und hoppelte, so schnell sie
konnte, hinter den anderen her. »Paß gut auf dich auf!« rief sie
zurück. Die Bulldogge begann gerade, den Abhang zu erklettern,
deshalb lief ihr der Fuchs ein Stück entgegen. Da der Hund seine
ganze Kraft brauchte, um bergan zu rennen, hatte er endlich
aufgehört zu bellen. »Hier bin ich!« rief der Fuchs und blieb
stehen. »Ich bin es, den du verfolgst! Um die anderen brauchst
du dich nicht zu scheren!« Er schaute rasch hinter sich, um zu
sehen, wie seine Freunde vorwärts kamen. Sie hatten etwa drei
Viertel des Abhangs geschafft. »Ja, du bist es!« keuchte der
Hund und schaute hinauf zu der kleinen, kastanienbraunen
Gestalt. »Du - bist - der Missetäter. Mein Herr - will - dich tot -
sehen.« »Dein Herr will jeden Fuchs tot sehen«, kam die
Antwort. »Ich konnte den Haß in seinen Augen sehen, als er
mich im Schuppen entdeckte.« Der Hund hielt ein paar Meter
vor dem Fuchs an. »Er will dich!« antwortete er. »Du hast seine
Hühner umgebracht. Er will Rache nehmen.«
»Da hat er den Falschen erwischt«, sagte der Fuchs ruhig.
»Ich habe in meinem ganzen Leben noch kein Huhn umgebracht.
Sie sind ganz und gar nicht mein Geschmack - viel zu viele
Federn!« »Eine ziemlich unwahrscheinliche Geschichte«, knurrte
die Bulldogge. »Ist es nicht komisch, daß man dich in der Nähe
vom Hühnerstall hat herumlungern sehen?«
»Du magst es komisch finden«, sagte der Fuchs. »Aber ich habe nicht herumgelungert, wie du sagst. Ich und meine Freunde sind nur in den Schuppen gegangen, um vor dem Unwetter
Schutz zu suchen - und dann wurden wir dort eingeschlossen.« »Davon glaube ich kein Wort«, sagte die Bulldogge heftig.
»Oh, ich weiß, ihr Füchse sollt angeblich alle sehr schlau und
raffiniert sein. Aber mich kannst du nicht zum Narren halten. Ich
nehme dich mit zurück. Dann werde ich endlich einmal von
meinem Herrn gelobt.« Die Bulldogge machte vorsichtig einen
Schritt auf den Fuchs zu.
»Du wirst leider feststellen, daß du dich getäuscht hast, wenn
es das ist, was du erwartest«, sagte der Fuchs gelassen. »Was willst du damit sagen?« knurrte der Hund und zögerte
einen Moment.
»Dein Herr will nicht, daß du Rache für ihn nimmst. Er, und
nur er allein, will diese Genugtuung. Nur das wird ihn
zufriedenstellen. Glaube mir, ich weiß alles über die Gefühle der
Menschen.« Der Fuchs wiegte den Kopf. »Ihr Haustiere seid von
der menschlichen Großzügigkeit geblendet. Sie füttern euch,
pflegen euch, geben euch ein Zuhause. Ihr bemerkt die Fehler
der Menschen nicht. Wir, die wildlebenden Tiere, wir sind
anders. Wir betrachten uns die menschlichen Eigenschaften aus
der Ferne, und wir verstehen sie besser. Tiere und deren
Bedürfnisse zählen wenig, wenn sie mit denen der Menschen in
Konflikt geraten. So ist es immer gewesen, und so wird es auch
immer bleiben.
Deshalb sage ich dir noch einmal - dein Herr wird dir nicht
dankbar sein, wenn du mich umbringst.« Die Bulldogge schien
unschlüssig zu werden. Mit weniger Zuversicht in ihrer heiseren
Stimme sagte sie: »Dann bringe ich dich lebendig zurück.« »Das
ist ganz und gar unmöglich«, antwortete der Fuchs sofort. »Was
die Größe und die Stärke anlangt, so bin ich dir nicht gewachsen,
aber wenn du mich mitnehmen willst, dann mußt du mich zuerst
umbringen.« »Zum Teufel mit deinem klugen Geschwätz!«
begehrte die Bulldogge auf. »Mein Herr hat mich getadelt, weil
ich den Fuchs nicht erwischt habe, der die Hühner umgebracht
hat. Und jetzt habe ich einen Fuchs gefangen, und nun scheint es
so, als wolle mein Herr ihn gar nicht.«
»Du hättest den richtigen Fuchs fangen sollen«, sagte der
Fuchs ruhig. »Ich habe nichts gegen dich«, fuhr er fort. »Jeder tut
das, wozu er erzogen wurde. Aber wer auch immer diese Hühner
umgebracht hat, er war klug genug, sich von dir nicht erwischen zu lassen. Es hilft dir jetzt auch nichts, wenn du das falsche Tier
umbringst.«
Mit gut gespielter Kaltblütigkeit drehte sich der Fuchs um und
ging den Hang hinauf hinter seinen Freunden her, die inzwischen
über die Hügelkuppe verschwunden

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