Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Als die Uhr dreizehn schlug

Titel: Als die Uhr dreizehn schlug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Pearce
Vom Netzwerk:
Hattys und machten sich auf den Weg zurück zum Haus. Nervös und immer noch aus tiefer Kehle knurrend, schlich der Hund auf der Tom abgewandten Seite neben ihnen her; das Mädchen ging ein Stück vor ihnen.
    Tom folgte der Gruppe und wartete siedend vor Aufregung auf seine Chance.
    Auf dem engen Pfad zwischen dem Gewächshaus und dem großen Buchsbaum gingen sie im Gänsemarsch. Hatty ging voraus, dann kamen die drei Jungen. Tom folgte den vieren, doch als er vom Pfad auf den Rasen trat, waren nur noch die drei Jungen vor ihm.
    »Wo ist Hatty?«, fragte James. Er war der Letzte der drei gewesen.
    »Irgendwo zwischen die Büsche geschlüpft«, sagte Edgar unbekümmert. Die Jungen gingen weiter in Richtung Haus.
    Tom blieb auf dem Rasen zurück und blickte entschlossen und zornig umher. Sie dachte wohl, sie wäre ihm entwischt, aber da lag sie falsch. Er würde sie finden. Jetzt wollte er es wissen.
    Tom begann zu suchen. Er sah überall nach, wo sie sich hätte verstecken können: zwischen den Büschen, auf den Bäumen, hinter dem Heizungshaus, hinter den Haselnusssträuchern, unter den Arkaden des Sommerhauses, unter dem Stachelbeerverhau, hinter den Bohnenstangen …
    Nein … nein … nein. Sie war nirgends. Endlich, hinter seinem Rücken, hörte er sie rufen: »Hu-iii!«
    Da stand sie, nur ein paar Meter von ihm entfernt, und starrte ihn an. Stille trat ein. Dann sagte Tom – und er wusste nicht, ob er wirklich für Ohren sprach, die ihn hören konnten: »Ich wusste vorhin genau, dass du dich versteckt und mich beobachtet hast.«
    Sie hätte vielleicht vorschützen können, sie würde ihn nicht hören, wie sie zuvor so getan hatte, als würde sie ihn nicht sehen. Doch ihre Eitelkeit konnte dieser Einladung nicht widerstehen. »Vorhin!«, rief sie hochmütig. »Ach, ich hab mich schon ganz, ganz oft versteckt und dich beobachtet! Ich hab dich gesehen, als du an den Haselnusssträuchern entlanggelaufen bist und dann durch meinen geheimen Tunnel durch die Hecke auf die Wiese hinaus bist! Ich hab dich gesehen, als Susan Staub gewischt hat und du von der Spitze der Eibe gewunken hast! Ich hab dich gesehen, als du mitten durch die Obstgartentür gegangen bist!« Sie zögerte, als würde die Erinnerung sie ein wenig durcheinander bringen; doch dann fuhr sie fort. »Ach, ich hab dich oft gesehen – ganz, ganz oft, und du hast es nie bemerkt!«
    Das also bedeuteten die Fußspuren im Gras an jenem ersten Tag; das bedeutete die schattenhafte Gestalt und das Gesicht an der Rückwand des Schlafzimmers; das also bedeutete das komische Gefühl, beobachtet zu werden, das Tom im Garten so oft gehabt hatte, dass er es schließlich ohne weiter zu überlegen hingenommen hatte.
    Eine Art von Hochachtung für das Mädchen erwachte in Tom. »Für ein Mädchen versteckst du dich gar nicht schlecht«, sagte er. Er sah sofort, dass diese Bemerkung sie ärgerte, also fuhr er rasch fort und stellte sich vor. »Ich bin Tom Long«, sagte er. Sie sagte nichts, doch sah sie drein, als ob sie wenig von diesem Namen hielt. »Nun«, sagte Tom gereizt, »ich weiß auch deinen Namen: Hatty – Hatty Soundso.« Er mischte beiläufig einen Schuss Überheblichkeit in seine Worte, das geschah ihr nur recht.
    Das kleine Mädchen zögerte keinen Augenblick. Sie richtete sich kerzengerade auf und sagte: »Prinzessin Hatty, bitte sehr! Ich bin eine Prinzessin.«

Spiele und Geschichten
    Z uerst wollte ihr Tom fast glauben.
    Ihr Blick war sehr hell und ruhig; und mit ihren roten Wangen, dem langen schwarzen Haar und ihrer steifen kleinen Würde hatte sie (vielleicht) tatsächlich etwas Fürstliches an sich – etwas von einer Bilderbuchkönigin. Hinter ihr ragte die dunkelgrüne Gestalt einer Eibe empor. In einer Hand hatte sie einen Eibenzweig, den sie in ihrer Aufgeregtheit abgebrochen hatte oder mit dem sie spielen wollte; in der andern hatte sie ihren halb aufgegessenen Apfel. Beides hielt sie wie Zepter und Reichsapfel einer Königin.
    »Du darfst mir die Hand küssen«, sagte sie.
    »Das will ich nicht«, sagte Tom. »Danke«, fügte er nach kurzer Überlegung hinzu, falls sie tatsächlich eine Prinzessin war; doch er hatte da seine Vorbehalte. »Wenn du eine Prinzessin bist, dann müssen dein Vater und deine Mutter König und Königin sein: Wo ist ihr Königreich – wo sind sie?«
    »Das darf ich nicht sagen.«
    »Warum nicht?«
    Sie zögerte, dann sagte sie: »Ich werde hier gefangen gehalten. Ich bin eine verkleidete Prinzessin. Hier ist eine

Weitere Kostenlose Bücher