Als die Uhr dreizehn schlug
irgendwo anders hinführen konnte als ins Bett.
»Zum Kuckuck damit«, sagte Tom. Er wandte sich um und machte sich auf den Weg zurück zur Gartentür, dahinter lag der Garten, unverändert. Als er über die Schwelle hinaustrat, warf er einen Blick zurück über die Schulter ins Haus, siehe da, hinter seinem Rücken füllte sich der Flur wieder. Regale, Barometer, Glaskästen, Schirmständer, Gong und Schlägel – alle stahlen sich wieder an ihre Plätze; und natürlich war die Standuhr die ganze Zeit über da gewesen.
Tom ärgerte sich. Doch er beschloss, sich die Freude am Garten nicht durch seine Enttäuschung vermiesen zu lassen. Er würde James und die andern entschlossen aus seinem Kopf verbannen. Das Mädchen, Hatty, hatte er bereits so gut wie vergessen. Sie war ihren Vettern nicht über den Rasen und ins Haus gefolgt. Aus irgendeinem Grund hatte sie die Jagd aufgegeben. Er fragte sich nicht, in welcher Ecke des Gartens sie jetzt steckte und was sie tat.
Hatty
T om sah die Jungen nur selten im Garten. Einmal kamen sie mit dem Luftgewehr herausgeschlendert, ein andermal, um sich Früchte zu holen. Als Tom sie zum zweiten Mal sah, nur ein paar Tage nach der ersten Begegnung, waren sie auf Äpfel aus.
Mit einem Terrier auf den Fersen kamen sie aus dem Haus gerannt und schlugen scheinbar ziellos den Weg am Gewächshaus entlang ein, der sie zum Küchengarten führte. Dann, plötzlich, drängten sie sich zusammen und gingen auf einen jungen Baum mit früh reifenden Äpfeln zu.
»Sie haben nur gesagt, wir dürfen keine pflücken«, sagte Hubert. »Kommt! Schütteln wir den Baum und lassen sie purzeln!«
Er und James packten den Baumstamm mit den Händen und schüttelten ihn heftig. Ein Apfel fiel herunter und dann noch einige mehr. Edgar las sie vom Boden auf, hielt dann jedoch inne, spähte mit scharfem Blick hinüber zu den Büschen und rief: »Da spioniert eine!« Drüben stand die kleine Hatty. Sie trat hervor, denn es war sinnlos geworden, sich zu verstecken.
»Gebt mir einen Apfel, bitte«, sagte sie.
»Oder du verpetzt uns, nehm ich an!«, rief Edgar.
»Spionieren und verpetzen!«
»Ach, gib ihr schon einen Apfel – sie meint es doch nicht böse!«, sagte James. Da Edgar offenbar nicht wollte, warf James ihr selbst einen zu, und sie fing ihn mit dem ausgespannten Unterteil ihres Rüschenkleids. »Aber lass das Kerngehäuse nicht auf dem Rasen liegen wie letztes Mal, Hatty, oder du kriegst Ärger und wir vielleicht auch.«
Sie versprach es, und während sie den Apfel aß, näherte sie sich den Jungen. Jeder von ihnen hatte jetzt einen Apfel und sie aßen hastig. Beim Weggehen scharrten sie mit den Füßen über die Erde, um ihre Spuren zu verwischen.
Nun machten sie wieder Halt – zufällig in der Nähe von Tom, doch mit den Rücken zu ihm – und aßen ihre Äpfel auf. Der Terrier schnüffelte zwischen ihren Beinen herum und kam dabei auch auf Toms Seite. Er war Tom jetzt näher als je zuvor und schien jetzt auf ihn aufmerksam zu werden. Sein Verhalten war jedenfalls aufschlussreich. Er stand Tom gegenüber; die Haare auf seinem Rücken sträubten sich; immer wieder knurrte er. »Was ist los, Pincher?«, fragte Hubert und wandte sich um; er sah Tom an und doch sah er ihn nicht.
Zugleich hatte sich Edgar schnell umgewandt: Sein Blick war forschender, aber er drang auch durch Tom hindurch. Dann drehte sich James um und endlich auch Hatty. Alle vier starrten unverwandt durch Tom hindurch, während der Hund zu ihren Füßen weiter knurrte.
Das war recht grob von ihnen, dachte Tom, und ziemlich dumm dazu. Plötzlich verlor er die Geduld mit der ganzen Bande. Er spürte den Drang, ebenfalls grob zu sein, und gab ihm nach – schließlich konnte ihn keiner sehen. Er streckte ihnen die Zunge raus. Zur Vergeltung streckte die kleine Hatty Tom ebenfalls die Zunge heraus.
Einen Moment lang war Tom so verdutzt, dass er fast glaubte, das hätte er sich eingebildet; doch er wusste, dass es nicht so war. Das Mädchen hatte ihm die Zunge herausgestreckt.
Sie konnte ihn sehen.
»Wozu hast du die Zunge rausgestreckt, Hatty?«, fragte Edgar, der offenbar aus den Augenwinkeln ganz gut beobachten konnte.
»Mir war die Zunge im Mund so heiß«, sagte Hatty mit einer Findigkeit, die Tom überraschte. »Sie wollte etwas Abkühlung – ein wenig frische Luft.«
»Lüg nicht so frech!«
»Lass sie in Ruhe, Edgar«, sagte James.
Sie verloren das Interesse an dem merkwürdigen Gebaren des Hundes und auch an dem
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