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Als die Uhr dreizehn schlug

Titel: Als die Uhr dreizehn schlug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Pearce
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ging zwischen den Bäumen und auf den Wegen umher. Ihre Augen spähten umher, auf der Suche nach den Vettern. Bald hörte sie auf zu weinen und hielt den Kopf wie jemand, der aufmerksam lauschte. Tom fiel auf, dass die Art und Weise, wie sie nach den Jungen suchte, einiges Geschick zeigte. Dieses Spiel hatten sie schon häufig gespielt.
    Tom beschloss Hatty bei ihrer Suche zu folgen.
    Am Teich stieß sie auf den Gärtner. »Abel, haben Sie Vetter James oder Vetter Hubert gesehen, bitte? Aber Vetter Edgar will ich gar nicht finden.«
    »Sie sind hier nicht vorbeigekommen, Miss Hatty. Spielen sie wieder Fangen mit Ihnen?«
    »Das ist das Einzige, das sie je mit mir spielen.«
    »Warum fragen Sie sie nicht, ob nicht mal Sie weglaufen dürfen und die andern Sie fangen?«
    »Das würde nichts nützen. Ich kann nicht so schnell rennen wie sie.«
    »Sie könnten Ihnen einen Vorsprang geben.«
    Ihre Miene hellte sich auf: »Dann würden sie mich nicht so einfach finden, wenn ich mich einmal versteckt hätte. Ich könnte mich besser verstecken als sie.« Jetzt fing sie ein wenig an zu prahlen und hüpfte auf Zehenspitzen vor dem Gärtner umher. »Ich kenne bessere Verstecke – viel bessere Verstecke, und ich kann leiser sein als sie. So leise, dass keiner weiß, dass ich überhaupt im Garten bin.«
    »Das können Sie?«, sagte der Gärtner anerkennend – um sie aufzuheitern, dachte Tom.
    »Ich sehe alle und keiner sieht mich«, sagte das kleine Mädchen, jetzt ganz ausgelassen.
    Zwischen den Bäumen erscholl plötzlich ein »Hu-iii!«. Sie wandte sich um, wie auch Tom. Edgar zeigte sich, um sie wieder zum Fangen anzuspornen.
    Obwohl sie gesagt hatte, sie wolle ihn nicht finden, setzte Hatty sofort hinter ihm her. Nun kamen auch die anderen beiden Jungen aus ihrem Versteck. Alle zusammen rannten sie über den Rasen zurück zum Haus. Sie würden es weit vor ihrer Verfolgerin erreichen und Tom fürchtete, dass er ebenso wie die unglückliche Hatty den Anschluss verlieren würde. James war der Letzte von den drei Davonrennenden, und Tom hatte sich ihm an die Fersen geheftet. Er war einer von den Jungen, den er sich als Kameraden beim Bäumeklettern oder bei irgendeinem anderen Unternehmen wünschen würde. Noch an diesem Abend würde James auf Rattenjagd gehen – »Hei!«, rief Tom, sprang ins Freie und legte einen glänzenden Spurt ein. »Hei, James!« Es war das erste Mal, dass er im Garten laut rief. Ein paar Vögel flatterten auf, doch der Junge, den er so laut beim Namen gerufen hatte, schenkte ihm keine Beachtung. Tom überholte ihn, lief ihm quer über den Weg und rief ihn dabei erneut. Für James war Tom unsichtbar und unhörbar. James sprang die Stufen zur Tür hoch und verschwand im Haus. Alle drei waren verschwunden.
    Tom war bitter enttäuscht. Dass er für die anderen unsichtbar war, hatte ihn nicht gekümmert – für das Hausmädchen und die streng aussehende Frau und den Gärtner und selbst für Hubert (der blödsinnig erwachsen aussah) und Edgar (den Tom im Grunde nicht ausstehen konnte). Doch er hätte sich gerne James gezeigt, gemeinsam hätten sie Abenteuer erleben können.
    Sich starrköpfig gegen seine Niederlage wehrend, ging Tom langsam die Stufen hinauf und folgte ihnen ins Haus. So war er schon öfter hineingegangen, immer am Ende eines Besuches im Garten, wenn er wieder nach oben wollte in die Wohnung der Kitsons und in sein Bett. Diesmal jedoch schloss er die Tür nicht hinter sich. Er wusste aus Erfahrung, dass er dann sofort im Haus der Mietwohnungen eingeschlossen sein würde. Diesmal wollte er in das andere Haus – das Haus, zu dem der Garten gehörte.
    Also ließ er die Gartentür offen und ging den Flur entlang, am Holzregal und am Barometer vorbei zum Marmorregal und all den Glaskästen mit ausgestopften Tieren und Vögeln. Er hielt den Atem an, diesmal würde es ihm gelingen, ins Innere des nächtlichen Hauses einzudringen und es zu erforschen.
    Obwohl Tom rasch durch den Flur ging, mit der Absicht, die Treppe nach oben zu nehmen, von wo er die Jungen lachen hörte (so jedenfalls meinte er) – obwohl er sich beeilte, lösten sich die Möbel im Flur noch schneller auf als sonst und verschwanden. Noch bevor er die Mitte des Flurs erreicht hatte, war alles verblichen außer der Standuhr; und in der Mitte stehend, sah er linker Hand zur Treppe, und sie hatte keinen Läufer mehr und war genau so, wie Onkel und Tante und die anderen sie tagsüber benutzten. Dies war nicht die Treppe, die ihn

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