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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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über nichts mehr nach. Nicht darüber, wo sie hinwollte. Nicht darüber, was sie tun wollte, wenn sie dort war. Auch nicht darüber, wie viel Glück sie hatte, dass kein Polizist sie entdeckte, während sie herumlief.
    Und dann stand sie vor dem Elektrozaun. Schlich zu einer Stelle, wo keine Wachen patrouillierten. Suchte nach einer Lücke, einer Schwachstelle. Fand sie. Und sah draußen auf der anderen Seite Brigid stehen.
    »Ich … Dawn …«
    Celie begriff nicht, warum Brigid sie so entsetzt ansah.
    »Dawn, bitte, du darfst mich nicht verraten!« Brigids Stimme klang schrill.
    »Sei leise!«, fuhr Celie sie an. Eine Wache näherte sich von links. Celie kletterte zu Brigid nach draußen und sie hockten sich ein Stück weiter hinter einem Kran auf die Erde.
    »Was ist los, Brigid? Was machst du hier draußen?«
    »Eliza ist verschwunden«, sagte Brigid.
    Celie fühlte sich wie auf einer Achterbahnfahrt. Eben noch waren Jasons Pläne und ihre ausweglose Situation das Einzige gewesen, woran sie denken konnte. Und nun war das alles plötzlich nebensächlich geworden.
    »Und du glaubst, sie ist hier?«
    Brigid musterte Celie scheu von der Seite. »Ja. Sie hat die ganze Zeit von ihren Freunden da draußen gesprochen und dass sie nicht genug zu essen haben.« Brigid sah zu Boden. »Und ich hab ihr gesagt, dass man schon für sie sorgen wird. Dass wir selbst kaum noch genug haben.«
    »Stimmt ja auch«, sagte Celie und fragte sich im nächsten Moment, woher sie die Kraft nahm, Brigid zu trösten. Sie stand auf. »Ich glaube, ich weiß, wo sie ist.«
    Nachts kamen keine Versorgungslieferungen herein. Darum gab es jetzt außerhalb der Stadt sehr viel weniger Patrouillen als am Zaun und so kamen Celie und Brigid gut voran. Sie passierten eine Ansammlung von Armee-Cubes, vor denen Menschen über Campingkocher gebeugt saßen, deren Licht ihre erschöpften Gesichter nur notdürftig erhellte. Celie erkannte den alten Mann mit der Angel vom Strand wieder und fragte ihn nach dem Weg zu Timothys Familie. Im staubigen Ackersand malte er ihnen den Weg auf.
    »Warum tust du das?«, fragte Brigid, als sie im Dunkeln vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzten, um nicht in Löcher auf dem Acker oder in unbeleuchtete Baugruben zu fallen.
    Celie blieb stehen. »Verdammt noch mal, Brigid, was denkst du denn, was ich bin? Ein Monster? Ich …«
    Brigid riss erschrocken die Augen auf. »Nein, nein, bitte, sei nicht böse …«
    »Hör auf damit!«, schrie Celie.
    Sie gingen schweigend weiter, bis Celie sagte: »Ich hab gehört, wie er dir gedroht hat.«
    Brigid blieb abrupt stehen, sagte aber kein Wort.
    »Ich hab nichts damit zu tun«, sagte Celie. »Ich weiß überhaupt nicht, worum es geht.«
    Plötzlich lachte Brigid. Erst war es nur ein Schnauben, aber dann prustete sie los, lachte und lachte.
    »Du hast gar nichts mit Jason, oder?«, rief sie mit erstickter Stimme.
    »Um Gottes willen!«, entfuhr es Celie.
    Da ließ Brigid sich neben ihr auf den Boden sinken. »Also, dann ist dies jetzt die Stunde der Wahrheit.« Und dann erzählte sie.
    Dass ihr Mann sie betrogen hatte. Dass er sie geschlagen und gedemütigt hatte. Dass er gesagt hatte, die andere sei viel schöner, interessanter und klüger als Brigid. Dass sie das alles ertragen hatte. Bis zu dem Abend, als er sich zum ersten Mal auch an Eliza vergreifen wollte. Dass sie nicht anders konnte, als ihn umzubringen. Dass sie ihr zwar nichts nachweisen konnten, die Indizien aber als ausreichend betrachteten, um sie zumindest zu sperren. Und dass sie keinen anderen Ausweg gesehen hatte, als mit ihrer Tochter in eine Mobilen-Kommune zu gehen.
    Bis dahin kannte Celie die Geschichte mehr oder weniger schon, aber Brigid war noch nicht am Ende angekommen.
    »Seine Geliebte war dir wie aus dem Gesicht geschnitten, Dawn. Rote Locken, niedliche Sommersprossen … Jedes Mal, wenn ich dich ansah, musste ich an sie denken und auch an ihn. – Ich weiß, dafür kannst du nichts«, fügte sie nach einem Seitenblick zu Celie hinzu. »Aber als Jason mich dann auch noch fallen gelassen hat, nur um mit dir zusammen zu sein, da war das, als würde alles noch mal von vorne …«
    Celie sprang auf.
    »Du und Jason?! Ich hatte jedenfalls nie was mit ihm! Lieber wäre ich tot!«
    Brigid sah sie so verblüfft an, dass Celie beinahe gelacht hätte.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Brigid. »Ich war eine totale Murkha.«
    »Und ich erst …«, sagte Celie, mehr zu sich selbst.
    Sie sah sich um. »Und

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