Als die Welt zum Stillstand kam
immer noch. Wütend, weil Mom das alles nicht verhindert hatte.
Weil sie es nicht verhindert hatte.
In dem Moment, als Celie das klar wurde, setzte die Erleichterung ein. Mit solcher Macht, dass sie in Tränen ausbrach. Sie hatte sich schuldig gefühlt, seit Dads Tod. Und erst jetzt, als sie das endlich zugeben konnte, wurde ihr klar, wie verrückt das gewesen war. Sie war ein kleines Kind gewesen, als ihr Vater depressiv wurde. Wie zum Teufel hätte sie ihm denn helfen können? Und Mom … Ihr Tagebuch hatte Celie gezeigt, was sie eigentlich immer geahnt hatte: Ihre Mom hatte sie geliebt und sich um sie gesorgt. Aber ihre Arbeit, die hatte sie eben auch geliebt.
Als Celie aufblickte, sahen Alex und Bernie sie so schockiert an, dass sie lachen musste. »Alles okay.« Sie wischte sich die Tränen ab. »Ich musste nur gerade was klären.«
»Ja …« Bernie versuchte, seinen roten Faden wiederzufinden. »Ach ja: Wir wissen jetzt also, was passiert ist. Nur wie Jenna mit dem Arm aus dem Beamfeld geraten konnte, das werden wir wohl nie erfahren.« Er stand auf. »Wie auch immer: Wir sollten allmählich aufbrechen …«
»Der Aschenbecher!«, rief Alex. »Dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin!«
»Äh …«, sagten Bernie und Celie im Chor.
»Celie, dieser gräss …, dieser Tonaschenbecher, den du damals für Jenna gemacht hast, der stand doch unten im Labor, oder?«
»Ja, aber wieso …«
»Und stand er noch da, als du am Tag der Abifeier im Labor warst?«
Celie überlegte, aber Bernie meinte sofort: »Ja, ich hab ihn gesehen. Auf dem Akkuschrank. Aber was …«
»Und hat einer von euch vielleicht auch eine Katze da unten gesehen?«
»Als ich aus dem Labor gelaufen bin«, sagte Bernie, »kam Heisenberg gerade den Flur entlang. Gut möglich, dass er ins Labor geschlüpft ist …«
»Dann ist es vielleicht so passiert«, sagte Alex. »Jenna hat einen Versuch mit dem mobilen Tor gemacht. Sie stand in dem Beamfeld, da ist Heisenberg auf den Akkuschrank gesprungen und hat dabei Celies Aschenbecher runtergeworfen. Und Jenna hat reflexartig danach gegriffen, um ihn zu retten.«
»Daher die Scherben«, murmelte Bernie. »Tamade.«
Celie atmete tief durch. »Sie hat also in das andere Versuchstor gebeamt, das neben dem Wasserfall, wo wir sie gefunden haben. Aber ihr Arm …« Sie schluckte. »Und dann hat das mit der Zellzersetzung angefangen. Deshalb hat der Verband auch nicht gehalten, als wir sie zu dem Tor am Wäldchen und ins Krankenhaus gebracht haben.«
Ja. So musste es gewesen sein. Endlich wusste sie, was geschehen war. Das brachte ihre Mom auch nicht wieder zurück, aber … Die Vergangenheit, die Celie mit stählernen Klauen festgehalten hatte, ließ ein wenig locker, sodass sie seit Monaten zum ersten Mal wieder befreit durchatmen konnte. Vielleicht konnte sie sich sogar umdrehen und nach vorne schauen.
Zwei Stunden später hatten sie Conor und seine Helfer vor das Anwesen geschafft, den Elektrozaun repariert, so viel an Essen, Wasser und Kleidung auf den Roachy gepackt, wie er tragen konnte, und waren auf dem Weg nach Dublin.
Bernie wollte immer noch zu T. O. R., um beim Wiederaufbau des Tornetzes zu helfen, jetzt noch mehr als zuvor, seit er über Jennas Experimente Bescheid wusste. Alex und Celie hatten beschlossen, erst einmal mit nach Dublin zu kommen, auch wenn Celie T. O. R. wegen Jason meiden würde. Sie hatten noch keinen Plan, was sie danach tun wollten. Die Hauptsache war erst einmal, dass sie zusammen waren.
Celie trug alte Klamotten ihres Vaters und eine Mütze, die ihre Haare vollständig verdeckte. Niemand sollte sie erkennen und Jason melden, wo sie war. Aber darüber wollte sie im Moment ebenso wenig nachdenken wie über die anderen Probleme dieser neuen Welt ohne Tore. Ein friedliches Gefühl erfüllte sie, so kostbar, dass sie eine Weile über gar nichts nachdenken wollte. Auch Alex und Bernie schwiegen, jeder hing seinen Gedanken nach, während sie zwischen Kartoffelfeldern und über Wiesen gingen.
Sie waren schon eine Zeit lang unterwegs, als Alex das Schweigen brach: »Was meinst du, Bernie, ob die bei T. O. R. schon rausgefunden haben, wieso die Tore ausgefallen sind? Ich meine, Gerüchte gibt es ja ohne Ende: ein Terroranschlag, ein technischer Fehler, Metall zersetzende Bakterien …«
»Nach allem, was ich erlebt habe«, sagte Celie, »könnte ich mir vorstellen, dass die Mobilen dahinterstecken. Oder besser: Jason.«
Und das war der Moment, in dem
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