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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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Möwen am wolkenverhangenen Himmel. Dachte an nichts, fürchtete sich vor nichts.
    Aber dann war da dieser Stacheldrahtzaun. Und sie raste darauf zu, mit sechzig Kilometern pro Stunde. Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht und stand wie eine Mauer zwischen ihr und der Weide, auf der sie ganz entspannt hatte ausgleiten wollen. Stattdessen würde sie in wenigen Sekunden zerfetzt und aufgespießt im Stacheldraht hängen, wenn sie sich nicht schnell etwas einfallen ließ.
    Adrenalin durchflutete Celie, rötete ihre Wangen, trieb ihren Puls in die Höhe. Ihre Gedanken wurden hell und klar. Die Welt bestand nur noch aus zwei Dingen: dem Zaun und ihr. Und nur eines war wichtig: Wie konnte sie verhindern, dass diese beiden Dinge kollidierten? Sie konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen, das Gras war zu nass. Sie konnte nicht zur Seite ausweichen, der Zaun erstreckte sich weit in jede Richtung. Über ihr kreisten die Möwen wie Geier. »Fliegen, fliegen!«, kreischten sie spöttisch.
    Fliegen, dachte Celie. Der Wind zerrte an ihrem T-Shirt und zerzauste ihre Locken. Durch die Tränen in ihren Augen sah sie alles wie durch einen Schleier. Gras, Löwenzahn, Gänseblümchen. Der Zaun. Drei alte Eichen. Der Zaun. Eine Möwe, die auf einem riesigen Maulwurfshügel herumpickte. Dahinter der Zaun.
    Celie warf den Oberkörper nach vorn, ging in die Knie, drehte ihr Grassboard auf die Frontside-Kante und hielt direkt auf die Möwe zu. Die protestierte laut und flatterte dann im letzten Moment auf, als Celie ihr Gewicht blitzschnell nach hinten verlagerte, das Board nach oben zog und über den Maulwurfshügel slidete. Steil nach oben, hoch genug, um den Zaun zu überwinden. Aber auch weit genug?
    »Dawn!«
    Eine schrille Mädchenstimme, im selben Augenblick, als Celie mit einem Schlag aufkam. Nicht auf den Stahlstacheln des Zauns, sondern auf der Wiese dahinter. Ein Ruck riss sie nach hinten und sie fiel. Das Board glitt weiter, über saftiges grünes Gras, aufs Meer zu.
    »Dawn, Dawn!«
    Die Stimme kam näher. Celie lag schwer atmend im Gras und lächelte. Wow, das war gut gewesen! Sie war gut gewesen! Und ja, sie war froh, dass jemand ihren unglaublichen Maulwurf-Slide gesehen hatte. Obwohl sie deswegen eigentlich Blut und Wasser schwitzen sollte.
    »Dawn, lebst du noch?«
    Es war die kleine Eliza, wer sonst. Seit Celies zweitem Tag in der Kommune folgte das Mädchen ihr auf Schritt und Tritt. Nicht zuletzt wegen Eliza hatte Celie sich heimlich weggeschlichen. Nicht heimlich genug, wie es aussah.
    Elizas gelbes Sommerkleid hatte einige Grasflecke abbekommen, als sie Celie den Hügel hinab verfolgt hatte. Dank der Nanobeschichtung konnte man sie aber leicht wieder entfernen. Wenn man sechs Jahre alt war, ließ sich nahezu jedes Problem beheben.
    »Aber klar lebe ich noch«, sagte Celie und kletterte über den Zaun.
    Elizas Gesicht glühte, als sie sich in Celies Arme warf. Celies Brust wurde eng.
    Eliza zappelte und machte sich los. »Weinst du, Dawn?«
    Celie schüttelte den Kopf. »Das kommt vom Wind«, sagte sie heiser.
    »Ach so«, sagte Eliza. »Du brauchst auch nicht zu weinen«, fügte sie hinzu. »Mom hat gesagt, es gibt keinen Grund, in Historieh zu verfallen. Das Internet ist bestimmt bald wieder inline. Und Jason hat gesagt, dass das Internet sowieso ein Meißel der Menschheit ist.«
    Celie blieb das Lachen über Elizas Wortakrobatik im Hals stecken. »Das Internet ist ausgefallen?«
    Eliza nickte. »Und die Tore sollen auch kaputt sein. Aber du brauchst keine Angst zu haben: Ich bin ja eben noch durch den Nordeingang gelaufen, als ich dich gesucht habe, und das Tor da war völlig in Ordnung.«
    Celies erster Gedanke war: Das kann nicht sein. Sie hatte genug Ahnung von Tortechnologie, um zu wissen, dass es völlig unmöglich war, dass sie ausfielen. Eines, ja, das war möglich. Sobald eine Fehlfunktion drohte, schaltete sich ein Tor automatisch ab. Wahrscheinlich ging es genau darum: dass das Tor, das in der Nähe der Kommune stand, ausgefallen war.
    Sie betraten die Kommune durch den Nordeingang.
    Wenn man es nicht wusste, konnte man die Kommune der Mobilen auf den ersten Blick für eine normale Kleinstadt halten. Erst auf den zweiten Blick fielen einem die ungewöhnlich gut erhaltenen und belebten Straßen auf. Die Solarzellen auf jeder freien Fläche. Und natürlich, dass es nicht ein einziges Tor gab.
    Celie beugte sich zu Eliza hinunter. »Du verrätst doch keinem, wo du mich gefunden hast, oder?«
    »Ich hab noch nie

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