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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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wären Freunde.
    4) loco: verrückt (span.)
    Aber auch wenn Olle ein netter Typ war – Celie wollte keine Freunde haben. Niemanden, der ihr etwas bedeutete und sie dann enttäuschte. Oder verschwand. Doch Olle wollte das offenbar nicht begreifen: Je mehr sie sich zurückzog, desto hartnäckiger suchte er ihre Nähe. So wie jetzt.
    »Ich hab dich schon gesucht.« Olle sah sie neugierig an, wobei ihm einige seiner blonden Dreadlocks ins Gesicht hingen. »Wo warst du denn?«
    Celie trat einen Schritt zur Seite, damit Olle den Arm von ihrer Schulter nahm. Das geht dich gar nichts an, wollte sie sagen, aber sie beherrschte sich. Stattdessen fragte sie: »Was ist denn hier los?«
    Olle schüttelte ungläubig den Kopf. »Das Tornetz ist ausgefallen!« Er beugte sich vor und fuhr flüsternd fort: »Mein MoPad funktioniert nicht, und die anderen, die ich gefragt habe, bekommen auch keine Verbindung ins Internet. Hast du deines schon ausprobiert?«
    Celie verschränkte die Arme vor der Brust. »Das heißt doch nicht, dass das Netz ausgefallen ist! Vermutlich ist es einfach nur das eine Tor, über das wir hier alle Verbindung bekommen.«
    Olle sah sie stumm an. Dann sagte er: »Klar. Dachte ich auch gleich.« Er klang ein wenig beleidigt. »Na dann, man sieht sich.«
    Celie lächelte und wollte gehen, wurde jedoch sofort wieder aufgehalten. Es war Tamila, die sie flüchtig aus der Musikschule kannte. Sie klammerte sich an Celies Arm.
    »Hast du etwas gehört, Dawn?«, fragte sie so leise, dass niemand von den Umstehenden sie hören konnte. »Du hast doch bestimmt ein MoPad, oder? Meine Mutter ist krank und ich kann sie nicht erreichen. Das Internet funktioniert nicht, und wenn ich versuche, über Mobilfunk zu telefonieren, ist die ganze Zeit besetzt. Die Bibliothek ist geschlossen, da kann ich auch nicht ins Netz. Könntest du nicht mal versuchen …?«
    Celie wollte nicht, dass Tamila sie anfasste. Sie wollte nicht, dass jemand sie um Hilfe bat. Warum ließen diese Leute sie nicht einfach in Ruhe?
    Doch aus irgendeinem Grund konnte sie Tamila nicht abweisen. Sie war selbst überrascht, als sie antwortete: »Ich versuche es, Tamila. Sobald ich etwas weiß, sag ich dir Bescheid, okay?«
    Tamila nickte stumm. Tränen liefen ihr über die Wangen. »Danke, Dawn. Und wenn du …« Plötzlich verstummte sie, riss die Augen weit auf und machte, dass sie wegkam.
    »Dawn.«
    Jasons Stimme schickte einen Schauder über Celies Rücken. Hatte er gehört, worüber sie gesprochen hatten?
    Sie drehte sich um.
    Inmitten all der aufgeregten, ängstlichen und ratlosen Menschen wirkte Jason wie ein Fels in der Brandung. Unerschütterlich, fest und sicher stand er da, und alles an ihm vermittelte die Botschaft: Wir schaffen das. Verlasst euch auf mich.
    Mit wachen Augen und ernstem Blick wandte er sich Celie zu, und es kam ihr so vor, als wäre sie in diesem Moment der einzige Mensch auf der Welt für ihn. Obwohl sie wusste, dass das nichts anderes war als ein Trick, den jeder charismatische Anführer beherrschte, richteten sich ihre Nackenhärchen auf.
    »Das ist ein großer Tag. Für uns alle«, sagte er feierlich.
    Celie runzelte die Stirn. »Dann ist es wahr? Das Tornetz ist ausgefallen?«
    Jason konnte sein triumphierendes Lächeln nicht verbergen. »Es sieht ganz danach aus. Karen und Paki sind noch nicht aus Dublin zurück, aber sobald sie wieder da sind, wissen wir es genau.«
    Er sah ihr tief in die Augen. Seine waren dunkelblau und hatten lange Wimpern, das fiel Celie jetzt zum ersten Mal auf.
    »Du kommst doch später zur Feier?«
    Celie schluckte. Bei ihm klang das wie die Einladung zu einem Date. Was es natürlich nicht war. »Klar«, antwortete sie einsilbig.
    Als Jason gegangen war, suchte Celie sich einen stillen Platz abseits der Menge und rollte ihr MoPad aus. Dann sagte sie Tamila Bescheid, dass sie auch keine Verbindung bekam, dass sie aber am Abend wohl alle mehr wissen würden.
    Als das erledigt und Celie zu Hause war, wurde ihr klar, dass sie eigentlich zutiefst erschüttert sein müsste. Wenn das Netz wirklich ausgefallen war – dann ging die Welt, wie sie sie kannte, hier und heute unter! Doch sie war ganz ruhig. Geradezu … ja, erleichtert. Denn wenn das mit dem Torausfall stimmte, dann konnte sie endlich aufhören, sich Gedanken zu machen.
    Über die Welt da draußen.
    Über das, was sie verloren hatte.
    Und über Alex.
Berlin, Geriatrische Klinik
am Sonnenplatz
    Die Sonne schien auf Jogger, E-Biker und eine

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