Als die Welt zum Stillstand kam
was gesagt!«, rief Eliza empört.
»Ich weiß.« Celie lächelte. »Alle, die sich öfter mal heimlich wegschleichen, müssen schließlich zusammenhalten.« Celie grinste und legte einen Finger an die Lippen und Eliza machte es ihr sofort nach.
»Ach, hier steckst du!«
Wenn Blicke töten könnten, dachte Celie, als Brigid heranrauschte. Die hagere Frau hätte ihrer Tochter am liebsten jeden Umgang mit Celie verboten. Aber Eliza hatte durchgesetzt, dass sie Celies Musikunterricht für die Kinder der Kommune besuchen durfte. Celie hatte keine Ahnung, wie das Mädchen das geschafft hatte, aber sie freute sich darüber.
Jedenfalls hatte Brigid sich bislang geweigert, Celie zu sagen, warum sie sie nicht leiden konnte. Na ja, vielleicht hasste sie einfach nur jeden, der kein Outlaw war wie sie selbst.
»Wir sind uns zufällig über den Weg gelaufen«, sagte Celie, »und ich habe Eliza gefragt, was es mit dem Gerücht auf sich hat, dass die Tore ausgefallen sind. Hast du etwas gehört, Brigid?«
Brigid schnaubte. »Sehr taktvoll, jemanden danach zu fragen, für den die Tore schon vor Jahren für immer ›ausgefallen‹ sind!«
Sie packte Eliza am Arm und zog sie mit sich.
Celie sah ihnen nach. Sie konnte einfach nach Hause gehen und Klarinette üben. Oder den Musikunterricht für morgen vorbereiten. Oder sich für die Wartung der Solaranlagen melden. Irgendwas Nützliches für die Gemeinschaft tun, ohne jemandem zu nahe zu kommen. Das wäre das Beste. Das Sicherste.
Oder sie ging zum Rathaus und versuchte herauszufinden, was passiert war. In der Welt da draußen, mit der sie abgeschlossen hatte. Es tat schon weh, nur daran zu denken. An ihre Mutter, an Alex …
Nein. Egal was da draußen passiert war, es betraf sie nicht mehr. Sie würde sich bei Meryem melden und sich für die Solaranlagen einteilen lassen. Körperliche Arbeit an der frischen Luft, ganz allein. Das war es, was sie brauchte.
Als Celie aufgeregte Stimmen hörte, blieb sie stehen. Ihre Schritte hatten sie direkt zum Rathaus geführt.
Auf dem Rathausplatz hatten sich zwischen Birken und Eschen schon an die hundert Menschen versammelt, und von allen Seiten strömten immer noch mehr herbei. Viele gestikulierten wild und schrien, andere standen wie versteinert da.
Jemand legte Celie einen Arm um die Schulter.
Olle. Der neunzehnjährige Computerfreak mit den blonden Dreadlocks, der ihr ständig über den Weg lief und sich nicht abschütteln ließ. Den sie aber nicht offen vor den Kopf stoßen konnte, weil sie unfreiwillig ein Geheimnis teilten.
Olle hatte sie eines Nachts in einem der Gewächshäuser erwischt, als sie mit Pierre, dem Assistenten ihrer Mutter, telefonierte. Es ging um die falschen Papiere, die er ihr besorgt hatte, um die Löschung ihrer virtuellen Identität als Cecilia Kranen und den Aufbau der Identität von Dawn. Aber für den unerlaubten Besitz eines privaten MoPads konnte man in der Mobilen-Kommune hart bestraft werden, weil das den Grundgedanken der Mobilen verletzte – das Leben so weit wie möglich ohne Tore und die damit verbundenen Technologien zu gestalten. Celie hatte mit dem Eintritt in die Kommune mit ihrem alten Lebensstil auch ihr MoPad abgeben müssen und dafür eines der lippenstiftgroßen Handys erhalten, die die Bewohner über das kommuneneigene Mobilnetz miteinander verbanden. Zugang zum Tornetz und damit zum Internet und den MoPads der übrigen Menschen draußen in der Welt hatte man mit diesen Handys nicht. Aber wie so viele andere hatte auch Celie nur ein altes Gerät abgegeben und ihr eigenes MoPad behalten.
Vielleicht war das ein Fehler gewesen. Vielleicht hätte sie das MoPad wegwerfen sollen, ein für alle Mal. Nachdem sie mit Pierre alles geregelt hatte, bekam sie sowieso nur noch Nachrichten von Alex. Und die gaben ihr jedes Mal einen Stich ins Herz.
Ja, sie sollte ihr MoPad endlich loswerden, hatte Celie auch gedacht, als Olle sie erwischte. Auch wenn diese Kommune nicht ihr Traum war, so konnte sie doch nirgendwo mehr hin, wenn man sie von hier verstieß.
Statt sie anzuzeigen, hatte Olle ihr jedoch sein eigenes geheimes MoPad gezeigt. »Seh ich überhaupt nicht ein«, hatte er gesagt, »dass ich mich in der Bibliothek für einen Zugang anmelden muss, wenn ich mal was nachgucken oder mit jemandem außerhalb der Kommune quatschen will. Das ist doch total loco 4) .« Celie hatte ihm wohl ein wenig zu begeistert zugestimmt, weil sie so erleichtert gewesen war. Seitdem schien er zu glauben, sie
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