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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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einzuteilen.
    Die sechs kräftigsten Männer sollten sich irgendetwas suchen, was als Waffe taugte, und den Haupteingang bewachen. Ohne Rücksprache mit Schwester Susmita sollten sie nur Notfälle, Ärzte und Hilfslieferungen hereinlassen. Die anderen Eingänge sollten verschlossen werden. Zwei Schwestern und zwei Pfleger würden sämtliche verfügbaren Behälter in der Klinik mit Wasservorräten füllen, alle Akkus von Patienten und Personal einsammeln, eine Bestandsaufnahme der Medikamenten- und Nahrungsvorräte machen, die Kühlschränke leeren, die nicht an die Notstromversorgung angeschlossen waren, und herausfinden, ob irgendwo Radios oder CB-Funkgeräte aufzutreiben waren.
    Die restlichen sechs Männer und zwei Frauen würden sich in zwei Vierergruppen aufteilen und die Klinik verlassen. Sie sollten Ärzte finden, die in der Klinik helfen konnten, alles an Medikamenten und Wasser kaufen, was sie bekommen konnten, Akkus und vielleicht auch ein Radio auftreiben. Um das alles zu bezahlen, sollten sie versuchen, bei einer Bank an Bargeld zu kommen. Auch wenn Schwester Susmita ihnen keine großen Hoffnungen machte – die Bankautomaten und Tresore brauchten ebenfalls Strom.
    Als Schwester Susmita alle aufforderte, ihr Bargeld abzugeben, sahen sie sich betroffen an. Kaum jemand hatte welches dabei. Wozu auch, wo man doch fast alles per MoPad bezahlte …
    Bezahlt hatte. Alex wollte gar nicht darüber nachdenken, was außer den MoPads noch alles am Tornetz hing. Strom, Internet, Wasserversorgung … und natürlich der Transport von Menschen, Waren und Informationen.
    Obwohl, es gab ja immer noch Bikes, E-Traktoren und so, und wenn Schwester Susmita recht hatte, auch Radiosender, die mit Notstromaggregaten ausgestattet waren. Irgendwie würde es schon weitergehen, das sagte Alex sich immer wieder, als die beiden Vierergruppen sich durch die vollen Flure Richtung Klinikeingang schoben.
    Die Sicherheitswachen hatten schon ihre Plätze eingenommen, fühlten sich aber sichtlich unwohl. Sie trugen Eisenrohre als Waffen. Wahrscheinlich hatten sie sie von kaputten Betten in der Klinikwerkstatt abgebrochen.
    Als sie die Klinikeinfahrt erst einmal verlassen hatten, kam es Alex plötzlich so vor, als hätten sie sich ganz umsonst aufgeregt: Die Straßen waren etwas belebter als sonst, aber von Panik keine Spur.
    Ein Blick in das erste Geschäft auf ihrem Weg, ein Getränkehandel, zerstörte diesen friedlichen Eindruck. Dort drängten sich viel mehr Menschen, als eigentlich in den Laden passten, und alle schrien und rissen sich gegenseitig Flaschen aus den Händen.
    »Wir hätten doch die Banken übernehmen sollen«, sagte Schwester Ida beklommen. »Dabei dachte ich, einkaufen wäre einfacher …«
    Alex’ Gruppe hatte das gesamte Bargeld bekommen und sollte zuerst einkaufen, bevor sie versuchten, in einer Bank an weiteres Bargeld zu kommen. Die andere Gruppe war direkt zu einer Bank gegangen.
    »Immerhin sind wir zu viert. Gemeinsam schaffen wir das schon«, sagte Micki, ein großer Pfleger mit ausgeprägter Akne. »Wir bilden einen Kreis mit Ida in der Mitte und schieben uns so vor.«
    »Du klingst wie ein General beim Einmarsch in ein feindliches Gebiet«, witzelte Aslan, ein Praktikant, aber niemand lachte. In das betretene Schweigen hinein ertönte plötzlich eine durchdringende Stimme:
    »Das Tornetz ist ausgefallen. Zurzeit ist nicht abzusehen, wann es wieder funktionieren wird. Gehen Sie davon aus, dass der Ausfall mehrere Tage dauern wird. Treffen Sie darum bitte in Ihrer Wohnung als Erstes folgende Maßnahmen: Stellen Sie alle elektrisch betriebenen Geräte aus und schalten Sie die Sicherungen ab. So verhindern Sie den unkontrollierten Betrieb der Geräte bei Wiederkehren des Stroms. Gehen Sie sparsam mit Wasser und Akkus um. Sollten Sie über ein Radio verfügen, schalten Sie es ein. Wenn Sie Hilfe benötigen, wenden Sie sich an die Mitarbeiter der Hilfsorganisationen, die überall in der Stadt unterwegs sind. Sollten Sie das Haus nicht verlassen können, hängen Sie ein Betttuch aus dem Fenster, damit die Helfer Sie finden.«
    Das Lautsprecher-Bike war um die Ecke gebogen, darum konnte Alex die weiteren Durchsagen nicht mehr verstehen. Unwillkürlich sah er zu den Häusern hoch. In wie vielen Wohnungen mochten hilflose Menschen liegen, die sich nicht bemerkbar machen konnten?
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, flüsterte Aslan. »Schwester Susmita hatte recht: Die kriegen das mit den Toren echt nicht wieder hin.

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