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Als die Welt zum Stillstand kam

Als die Welt zum Stillstand kam

Titel: Als die Welt zum Stillstand kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Neumayer
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strikt rationiert worden, obwohl die Polizei und das Rote Kreuz Nachschub herbeischafften.
    »Wasser ist nach wie vor unser dringendstes Problem«, hatte Schwester Susmita bei einer Besprechung gegen Mittag gesagt. »Selbst wenn wir ein Wasserwerk in der Nähe hätten – die Wasserwerke werden ohne Strom auch nur noch ein paar Tage arbeiten können.« Sie wurde unter der Hand inzwischen überall »das Orakel« genannt. Klar, bisher war ja auch alles eingetreten, was sie prophezeit hatte. Aber sie orakelte nicht nur, sondern packte auch mit an. Und sie hatte immer ein offenes Ohr für Vorschläge. Zum Beispiel hatte sie den schüchternen Hinweis einer alten Frau auf Honig als desinfizierendes Hausmittel für Wunden nicht nur ernst genommen, sondern auch gleich eine Gruppe eingeteilt, die unter den vielen alten Patienten der Klinik deren Wissen über alte Hausmittel sammeln und draußen in der nahen Bibliothek nach entsprechenden Büchern suchen sollte.
    Aber auch Schwester Susmita konnte nicht verhindern, dass es mit jedem Tag schwieriger wurde. Alex rannte wie die meisten anderen Tag und Nacht hin und her, verteilte spärliche Mahlzeiten, gab das streng rationierte Wasser aus, kochte Wasser zum Waschen und Putzen ab (Schwester Susmita hatte klargemacht, dass nur strenge Hygiene eine Seuche verhindern konnte), kontrollierte Vitalwerte, tauschte Akkus aus, beruhigte verängstigte Patienten, so gut es ging, und transportierte Medikamente und Patienten über die Treppen von einem Stockwerk ins nächste. Er lernte in dieser Zeit mehr über Erste Hilfe, Wundversorgung und Diagnose als in all den Wochen zuvor. Und oft genug war niemand anders da, dann musste er Verletzte allein versorgen.
    Er leerte auch wieder Bettpfannen, Unmengen von Bettpfannen. Weil ohne Strom die Pumpen nicht liefen und es kein Wasser gab, füllten sich die Klospülungen nicht mehr nach. Das hatte viele aber nicht davon abgehalten, die Klos trotzdem zu benutzen, und das konnte man schon von Weitem riechen.
    Alex arbeitete ohne Pause, trank nur hin und wieder einen Schluck Wasser und verschlang am Nachmittag ein belegtes Brot, während er den Flur zur Medikamentenausgabe entlanglief. Manche mochten ihn dafür bewundern, aber er wusste, dass er das nur für sich selbst tat. Wenn er arbeitete, brauchte er nämlich nicht nachzudenken. Wie sollte er Sofia beibringen, dass sie nur noch an Krücken würde gehen können? Was zum Teufel war draußen los, dass sie unentwegt Verletzte hereinbekamen? Wie ging es seinen Eltern? War Celie in Sicherheit? All diese Fragen konnte er dann erfolgreich verdrängen.
    Am Abend war er so fertig, dass er sich doch kurz hinsetzen musste. Irgendwo auf eine Treppenstufe, denn die Treppe war der einzige Ort im Krankenhaus, der nicht belegt war. Jeder Stuhl, jedes Bett, jede Trage, ja sogar der Boden war übersät mit Kranken.
    Alex stützte die Hände auf die Oberschenkel und ließ den Kopf sinken. Einen Moment lang schloss er die Augen und wollte nur noch schlafen. Aber kaum hatte er die Augen geschlossen, tauchte Celie vor seinem inneren Auge auf. Wie ihre roten Locken tanzten, wenn sie den Kopf schüttelte … Vor der Sache mit Jenna hatte er sie noch nie länger als ein paar Tage nicht gesehen. Und gesprochen? Er konnte sich nicht erinnern, einen Tag mal nicht mit ihr gesprochen zu haben. Es fühlte sich schrecklich an, dass sie fort war.
    »Na, hast du nichts zu tun?«
    Die Stimme klang freundlich, trotzdem zögerte Alex, den Kopf zu heben. Schwester Hilke war so ziemlich die Letzte, die er jetzt sehen wollte.
    »Ich mach nur kurz Pause«, murmelte er.
    Schwester Hilke setzte sich neben ihn. Jetzt musste er sie doch ansehen, wenn er nicht unhöflich sein wollte. Sie lächelte nicht, aber sie sah auch nicht verärgert aus. »Ohne Pause hält man das alles ja auch gar nicht aus«, sagte sie. »Wahnsinn, oder?«
    Alex nickte, zu müde, um etwas zu sagen. Eine Weile schwiegen sie. Dann sagte Schwester Hilke: »Wegen neulich … Ich war mies drauf und hab … Na, jedenfalls, ich fände es packy, wenn wir das vergessen könnten, okay?«
    »Okay.«
    Sie stand auf. »Aber eigentlich hab ich dich gesucht, weil Schwester Ida meinte, du solltest mal zu Sofia kommen. Sie hat ihr wohl endlich gesagt, dass ihr Bein steif bleiben wird und …«
    Den Rest hörte Alex nicht mehr, weil er die Treppe hinunterhastete.
    Sofia lag in einem Vierbettzimmer, in dem mittlerweile sieben Frauen untergebracht waren. Alex schob sich an den

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