Als die Welt zum Stillstand kam
die andere Hand.
»Ich hab Cassie zum Sender geschickt, damit sie die gute Nachricht über die Screens schicken.« Er strahlte. »Jetzt geht’s wieder aufwärts, was, Dawn?«
Celie packte mit an. Jede Menge Instrumente mussten aus den Schränken geholt und aus den Decken gewickelt werden, in denen man sie notdürftig verstaut hatte, als die Musikschule geschlossen worden war. Celie ertappte sich dabei, wie sie vor sich hin summte, während sie schwitzend räumte und putzte. Das war auch keine leichtere Arbeit als das Solarzellenflicken, aber es machte ihr nicht das Geringste aus. Voller Energie richteten sie und Pietro alles wieder so her, dass es aussah wie neu. Als die anderen Lehrer kamen, brachten sie Getränke und Obst für die Schüler mit. Und dann gab es plötzlich nichts mehr zu tun.
»Vielleicht schaffen wir es noch, einen Kaffee zu trinken, bevor die ersten kommen«, sagte Tamila, als alle im großen Saal versammelt waren.
»Das wäre herrlich«, sagte Pietro.
Sie streckten die Beine aus, wedelten sich Luft zu, tranken Kaffee und plauderten. Doch nach einigen Minuten wurde es stiller. Immer öfter schaute jemand zur Tür und schließlich sagte René: »Wo bleiben die denn?«
»Vielleicht haben sie es noch nicht mitgekriegt«, sagte Pietro, aber Cassie schüttelte den Kopf. »Ich hab schon auf dem Rückweg vom Sender gesehen, dass sie die Nachricht permanent auf den Screens eingeklinkt haben. Inzwischen müsste jeder Bescheid wissen.«
Eine halbe Stunde später war die Stimmung so gedrückt, dass es kaum noch auszuhalten war. Plötzlich sprang Pietro auf. »Ich will jetzt wissen, was da los ist«, sagte er. »Und wenn ich dafür zu jedem einzelnen Schüler nach Hause gehen muss.«
Celie nickte grimmig und stand ebenfalls auf, die anderen folgten. Tamila blieb zurück, um die Stellung zu halten.
Wie von selbst lenkten Celies Schritte sie durch die überfüllten Straßen in Richtung der Gewächshäuser am Ostrand der Kommune. Dorthin, wo Eliza wohnte. Es wimmelte von Leben: Boten eilten mit Nachrichten hin und her, eine nicht enden wollende Schlange von E-Transport-Bikes brachte Lebensmittel zu den Restaurants und Gemeinschaftsküchen und karrte Müll aus der Stadt, an jeder Ecke wurden wertvolle und weniger wertvolle Habseligkeiten gegen Essen und volle Akkus getauscht und ständig zerstreuten Gruppen von Polizisten kleinere und größere Ansammlungen von Menschen. Allerdings sah Celie kaum spielende Kinder auf den Straßen, nicht mal die kleinen, die noch nicht zur Schule gingen. Wo steckten die denn nur?
Celie schaute vor sich auf den Boden, um die endlose Folge von Bildern und Botschaften auszublenden, die über die Fassaden-Screens flimmerten. Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass Nachrichten zu ihr durchdrangen:
»Die Ambulanz des Krankenhauses ist ab sofort nur noch für absolute Notfälle geöffnet. Für alle anderen Fälle ist ein Notlager vor dem Nordtor der Stadt eingerichtet worden.« – »Um den Zugang zur Stadt nachhaltig zu regeln, wird heute mit dem Bau eines Elektrozauns rund um die Stadt begonnen. Dafür werden noch Bauingenieure, Programmierer und Arbeiter gesucht. Melden Sie sich bitte in der West Lane 23.« – »Polizeilich gesucht werden diese vier Männer, die gestern in den Supermarkt in der Gallen Gate eingebrochen sind.« Dazu gab es Aufnahmen von einer Kameradrohne, die die Männer gut erkennbar zeigten.
Inzwischen sollte eigentlich jeder wissen, dass die gesamte Stadt mit Drohnen überwacht wird, dachte Celie. Erstaunlich, dass es trotzdem noch Einbrüche gab.
Oder auch nicht. Die Männer auf den Aufnahmen wirkten, als wäre ihnen alles egal. Als hätten sie sich damit abgefunden, dass nichts je wieder so sein würde wie früher. Und wahrscheinlich hatten sie damit ja auch recht.
Celie ging schneller und bald hatte sie die Straße erreicht, in der Eliza wohnte. Sie klingelte. Es dauerte eine Weile, dann wurde die Tür aufgerissen.
»Ja?!«, sagte eine unfreundliche Stimme.
»Hallo, Brigid.« Celie kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals, als sie Brigids mürrisches Gesicht sah. »Ich wollte fragen, ob Eliza wieder zum Unterricht kommt.«
Brigid starrte sie an, dann lachte sie laut. »Das ist ja wohl nicht dein Ernst!« Sie trat aus der Tür und baute sich vor Celie auf. »Oder bist du wirklich so naiv, Dawn?«
»Ich hab keine Ahnung, was du meinst. Die Musikschule ist wieder geöffnet und ich möchte lediglich wissen, wann Eliza wieder kommt.«
Einen
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