Als die Welt zum Stillstand kam
Und ich baue darauf, dass du niemandem erzählst, wie ich eben rumgejammert habe«, fügte er mit einem Lachen hinzu.
»Werde ich nicht«, sagte Celie verlegen. Sie stand auf. »Ich gehe jetzt besser.«
»Natürlich.« Jason sprang auf und brachte sie zur Tür. Sie hielten beide kurz inne, dann sagte Jason: »Ich würde mich freuen, wenn du mal wieder vorbeikommst. Und wenn du noch mehr so gute Ideen wie die mit dem Konzert hast, lass es mich wissen, ja? Diese Stadt braucht gute Ideen zurzeit dringender als irgendetwas sonst. – Oh, hallo, Conor.«
Celie schrak zusammen. Wie üblich war Conor wie aus dem Nichts aufgetaucht und wie üblich war sein Blick stechend. Er sah Celie misstrauisch an. »Was macht die denn hier?«
In diesem Moment packte Jason Conor am Kragen seiner schwarzen Uniform, zerrte ihn in den Flur und schlug die Tür zu. »Wieso glaubst du, dass dich das irgendetwas angeht?«
Conor sagte nichts, auch seine Miene veränderte sich nicht. Nur ein einzelner Schweißtropfen lief seine Wange hinunter und verschwand in seinem Kragen. Jason ließ ihn los und wischte sich die Hand an der Hose ab, als hätte er etwas Schleimiges angefasst.
»Du vergisst jetzt, dass du Dawn hier gesehen hast. Haben wir uns verstanden?«
»Natürlich«, sagte Conor steif, aber er machte keine Anstalten, zu gehen.
»Was ist denn noch?«, herrschte Jason ihn an. Conor sah zwischen Celie und Jason hin und her. Jason verdrehte die Augen, winkte Conor aber näher. Conor beugte sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Jasons Miene verdüsterte sich. »Tu, was nötig ist«, sagte er nach kurzem Zögern.
Conor öffnete die Tür. Doch bevor er verschwand, warf er Celie noch einen Blick zu, voller Verachtung und Hass. Und urplötzlich schob sich das Bild eines anderen Mannes vor Conors. Seine Augen waren rot unterlaufen gewesen, weil er betrunken war, aber es war derselbe Blick. Genauso wie Conor jetzt hatte dieser Typ Celie damals angesehen, als er sie nach dem Konzert in Tanger backstage verprügelt hatte, weil sie nicht mit ihm rummachen wollte. Seine Miene hatte sich allerdings schlagartig verändert, nachdem sie ihm einen Tritt zwischen die Beine verpasst hatte. Trotzdem war Celie nur mit viel Glück entkommen und danach tagelang untergetaucht, bis Alex – wer sonst – sie gefunden und überredet hatte, nach Hause zu gehen.
»Dann gute Nacht, Dawn.«
Als sie Jason ansah, legte sich das Bild des Typen aus Tanger für einen Moment auch über sein Gesicht. Celie blinzelte und es war verschwunden. Jason sah nur ein wenig besorgt aus, sonst nichts.
»Gute Nacht«, sagte Celie, wandte sich um und rannte den ganzen Weg nach Hause.
Auf der A2
Auf der Autobahn beäugte jede Gruppe alle anderen misstrauisch. Aber es ließ sich nicht vermeiden, dass man Kontakt zueinander aufnahm. Manchmal hatte eine Gruppe etwas, was eine andere brauchte. Doch meistens ging es darum, Informationen auszutauschen. Viele davon waren überlebenswichtig, deshalb beteiligten sich alle an dem Austausch, auch wenn das bedeutete, dass andere Gruppen Einblick in die Besitztümer bekamen, die man lieber geheim gehalten hätte.
Der Roachy allerdings war so groß, dass man ihn sowieso nicht verstecken konnte. Er leistete der Gruppe unschätzbare Dienste, indem er ihr Gepäck trug, Hindernisse aus dem Weg räumte, ihnen einen Weg bahnte, wenn sie abseits der Autobahn unterwegs waren, und – nicht zu unterschätzen – die Kinder bei Laune hielt. Jede andere Gruppe wollte den Roachy haben, aber er wurde bewacht wie Fort Knox. Außerdem hatte Bernie ihn inzwischen so programmiert, dass er mit seinen »Händen« so gut kämpfen konnte wie ein Martial-Arts-Kämpfer.
Doch der Roachy kämpfte nur, wenn er angegriffen wurde – nicht von sich aus. Ruben machte es verrückt, bei seinen Raubzügen auf den Laufroboter verzichten zu müssen. Aber Bernie hatte ihm klargemacht, dass er eher sterben würde als eine Mordmaschine auf jemanden loszulassen. Und da Bernie der Einzige war, dem der Roachy folgte, hatte Ruben zähneknirschend nachgeben müssen.
Bei den Treffen mit anderen Gruppen hatte Alex’ Gruppe gute Karten, denn es hatte sich herumgesprochen, dass er Arzt war – oder zumindest so was Ähnliches. Deshalb bekam Alex von den offiziellen Absprachen während der Treffen in der Regel nichts mit, weil er die ganze Zeit über Mitglieder der anderen Gruppe behandelte. Aber seine Patienten erzählten ihm auch eine Menge, um ihre Angst vor der
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