Als die Welt zum Stillstand kam
einer alten Fabrik. Ihm stand der Roachy zur Seite, unter dem die Kinder sich versteckten und der sie mit seiner übermenschlichen Kraft beschützen würde. Alle anderen kämpften sich zu den Vorräten vor. Mit allem, was sich irgendwie als Waffe eignete.
Alex arbeitete sich an der Seite von Frau Kanowski vorwärts, als ihm eine junge Frau mit Zöpfen in den Weg sprang. Alex sah sie auf sich zustürmen, sie schwenkte in jeder Hand eine Eisenkette. Er hob das schartige Rohr, das er in der Hand hielt, aber er zögerte. Shit, das wäre so, als würde er einen Hundewelpen schlagen!
Da traf ihn die erste Eisenkette der Frau an der Brust. Alex versuchte, Luft zu holen, aber es ging nicht. Verzweifelt riss er den Mund auf, aber da war diese Klammer, die seine Lungen zusammendrückte. Er sah den grimmigen Blick der jungen Frau und die zweite Eisenkette, die auf sein Gesicht zuflog, aber er konnte nichts tun. Plötzlich schaute die Frau überrascht auf etwas neben Alex, und während Alex’ Knie nachgaben, sah er, wie etwas Schweres ihre Schulter traf und sie zu Boden riss. Dann war Frau Kanowski da, zerrte Alex hoch, schrie: »Atme, Junge!« und plötzlich bekam er tatsächlich wieder Luft. Frau Kanowski lud bereits ihre Schleuder nach, als Alex das Eisenrohr aufhob, das ihm runtergefallen war. Er atmete ein paarmal durch, während er sich schwor, sich zu den Säcken mit Essen durchzuschlagen, egal wie. Er biss die Zähne zusammen, rammte seine Ellenbogen in Bäuche und Rücken, schlug gegen Arme und Kniescheiben und vermied es, in die Gesichter zu sehen, wehrte Angriffe mit Messern, Rohren und Schraubenschlüsseln ab und hatte eine Stelle, wo mehrere Säcke Reis standen, schon erreicht, als ein höchstens siebenjähriger Junge mit einem Hammer auf ihn losging. Alex hechtete hinter die Reissäcke, aber der Junge folgte ihm schreiend und schwang seinen Hammer.
Alex konnte kein Kind angreifen, er konnte einfach nicht. Er ließ das Rohr fallen und streckte die Arme in die Luft, aber der Junge rannte weiter auf ihn zu. Alex wusste nicht, was er tun sollte, aber weglaufen konnte er nicht, hier war der Reis, den sie so dringend brauchten, den durfte er nicht einfach jemand anders überlassen … Da wurde der Junge von den Beinen gerissen und klatschte auf den Boden, direkt vor Alex, in seinem Kopf eine tiefe Wunde. Alex sah hoch, aber derjenige, der den Jungen geschlagen hatte, kämpfte wohl schon wieder gegen jemand anderen. Alex ging zu dem Jungen, wischte das viele Blut von seinem Gesicht, aber der Junge hatte die Augen geschlossen und er atmete nicht. Er war tot. Alex saß einen Moment wie erstarrt da, aber der Kampf war noch nicht zu Ende, und so zog er sein Hemd aus, deckte es über die blutige Leiche, warf sich einen Sack Reis über die Schulter und rannte los.
Sie hatten Essen für mindestens zwei Wochen erkämpft, aber niemandem in der Gruppe war nach Feiern zumute und nicht nur Alex legte sich mit leerem Magen schlafen. Aber er schlief nicht. Er starrte in den sternenübersäten Nachthimmel und versuchte, die Panik niederzukämpfen, die in ihm hochstieg.
Hatte er jemanden getötet bei dem Kampf heute? Er glaubte es nicht, aber sicher konnte er nicht sein. Klar, er hatte nur gekämpft, um nicht selbst verletzt zu werden. Und natürlich, um an das Essen zu kommen. Wie alle anderen auch. Aber dabei war ein kleiner Junge gestorben und wer weiß wie viele Menschen sonst noch. Lag da draußen vielleicht ein Toter, den Alex auf dem Gewissen hatte? Er wusste es nicht. Er wusste es einfach nicht. Und er würde es nie wissen. Aber eines wusste er genau: Für den Rest seines Lebens würde er den kleinen Jungen vor sich sehen, der ihn im einen Moment angriff und im nächsten tot vor ihm auf dem Boden lag.
Es wurde die längste, dunkelste Nacht seines Lebens, und Alex konnte es kaum glauben, dass am nächsten Morgen einfach die Sonne aufging wie immer. Und dass das Leben weiterging, Tag für Tag, mit Hunger, Durst, Krankheit und Tod. Alex hatte sich geschworen, keine Sekunde mehr ans Aufgeben zu denken. Denn wenn er nachts hin und wieder mal das Glück hatte, so fest zu schlafen, dass er träumte, dann sah er im Traum nicht nur den toten Jungen, sondern auch seine Eltern oder Celie. Er wollte sie wiedersehen und er würde sie wiedersehen – diese Gewissheit gab ihm jeden Tag aufs Neue die Kraft, weiterzugehen.
Bernie hatte in dem Kampf um die Zivile Notfallreserve einem Mann den Arm zerschmettert und selbst eine gebrochene
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