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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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Nora Kessler hatte sich in der großen Waschküche im Haus eine Arbeitsstelle eingerichtet. Sie wusch für einen großen Kundenkreis die Wäsche. Der große Waschkessel dampfte täglich, in der Mitte der Waschküche stand auf zwei Böcken eine Zinnwanne mit Waschbrett, an diesem schrubbte sie täglich die Wäsche. Die vollen Waschkörbe wurden einige Treppen hoch zum Trocknen auf den Dachboden geschleppt, eine sehr anstrengende, mühevolle Art, Geld zu verdienen. Täglich half ich Nora bei dieser Arbeit, dafür ging sie mit mir auf Arbeitssuche. Morgens fuhr August mit der Straßenbahn ins Büro. Er sprach nicht viel darüber, trotzdem hatte ich den Eindruck, dass er zufrieden war. Immer korrekt gekleidet verließ er das Haus.
    Nach einigen Wochen kam August immer öfter später nach Hause. Oft auffallend redselig, dann mal wieder nörgelnd, sogar Kleinigkeiten kritisierte er, wenn z.B. ein Deckchen auf der Anrichte nicht exakt auf demselben Platz lag. Wenn ich nach dem Grund seiner Verspätung fragte, dann waren es die Kollegen, mit denen er noch auf ein Bier in einer Kneipe war. Es entging mir nicht, dass, wenn August später nach Hause kam, was nun immer öfter passierte, auch Valerie nicht daheim war. Es kam sogar vor, dass sie plötzlich gemeinsam auftauchten.
    Eines Morgens in der Waschküche sprach ich Nora ganz vorsichtig darauf an. Ich erzählte ihr von meinen Beobachtungen, wollte aber nicht unbedingt ihre Schwester damit in Verbindung bringen. Doch das Gespräch verlief anders, als ich dachte. Nora sagte zu mir, sie sei sehr froh, dass ich diese Beobachtungen selbst gemacht hätte. Sie hätten nicht gewusst, wie sie es mir beibringen sollten. Valerie und August waren während seines Studiums ein Paar gewesen, klärte mich Nora auf. Ich war zehn Jahre jünger als mein Bräutigam, Nora war neun Jahre älter als August. Sie wusste, ihn wieder zu gewinnen, ich dagegen war die Verliererin. Es war mitten in der Woche, August kam mal wieder nicht nach Hause. Nach dem Gespräch mit Nora überlegte ich krampfhaft, wie es mit mir weitergehen sollte, so wie bisher jedenfalls nicht. Einen neuen Versuch mit August zu starten, schloss ich aus. Also musste ich konsequent allem ein Ende machen. Meine Sachen waren nun alle hier investiert, sollte ich mir ein Zimmer suchen? Ich hatte ja noch keine Arbeit, hätte ich eine Beschäftigung gefunden, wäre alles viel leichter für mich. Aber dann wäre ich wahrscheinlich auch in Augusts Nähe und alles könnte von vorn beginnen, dies waren meine großen Befürchtungen.
    Wieder hörte ich meinen Großvater sagen:
    »Hansli, lass alles erst einmal auf dich wirken, oft kommt eine Entscheidung wie von selbst.« So kam es auch, wie von selbst. Gegen Mitternacht wurde ich doch sehr unruhig. Ich klingelte an der Wohnungstüre von Kesslers, Nora öffnete die Tür und erschrak, als sie mich sah.
    »Ist etwas passiert?«, fragte sie ängstlich.
    »Noch nicht, Nora, aber ich habe solche Angst. Angst davor, wenn August nach Hause kommt, ich weiß nicht, warum.« Nora ging in Valeries Zimmer, es war leer.
    »Komm«, schlug Nora vor, »du kannst auf dem Sofa schlafen.« Mir fiel ein Stein vom Herzen, egal, was nun käme, ich war nicht alleine.
    Eine Stunde später hörte ich Valerie in ihr Zimmer gehen. Nora stand auf, ich vernahm, wie die beiden Schwestern laut diskutierten, als es energisch an der Wohnungstüre erst klingelte, dann mit Fäusten gegen die Glasscheibe geschlagen wurde.
    »Aufmachen«, brüllte August, »macht sofort die Türe auf!« Damit nicht alle Hausbewohner aufgeweckt wurden, ließ Nora ihn eintreten. Die alte Dame und Maximilian standen bereits, notdürftig bekleidet, im Wohnzimmer. »Wo ist sie?«, schrie August im Flur.
    »Wen meinst du überhaupt?«, wollte Nora wissen.
    »Meine Braut natürlich, wen denn sonst?«
    »Meine Frage ist doch wohl berechtigt«, meinte Nora leise. August geriet darauf in Fahrt, ich hatte mich vom Sofa erhoben und stand, nur mit einem Nachthemd bekleidet, neben dem Esstisch. Nun versuchte August, mich am Arm zu packen, er riss am Ärmel und mir dabei das Nachthemd halb vom Körper, mit überkreuzten Armen versuchte ich, das zerrissene Hemd festzuhalten und mich zu schützen. Maximilian trat zwischen uns, warnte August und forderte ihn auf, sofort die Wohnung zu verlassen.
    »Nein«, schrie August, »nicht ohne meine Braut!«
    »Deine Braut bleibt hier, bis du vernünftig geworden bist«, sagte Nora ruhig. Dies löste bei August einen

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