Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)
neuerlicher schmerzlicher Enttäuschung.
An einem freien Wochentag, den bekam ich für meine vielen Überstunden, nahm ich mir vor, den alten Herrn auf dem Berg zu besuchen. Dies entschied sich, als ein Gast des Schützenvereins mir anbot, mich mit seinem Auto hinzufahren. Er hatte hier im Ort eine Anwaltspraxis und betreute den Hotelier in Rechtsfragen. Während der Wintermonate nahm der Hotelier, Herr Dietschi, sich oft die Zeit, mit der alten Dame, ihrer Betreuerin und mir am Nachmittag Tee zu trinken. Dafür musste ich dann einen Hefestreuselkuchen backen, der mir besonders gut gelang. Es war immer eine sehr anregende Plauderstunde, dabei erzählte ich von meinem Aufenthalt bei Dr. Auler, erwähnte aber auch gleichzeitig, wie gerne ich ihn besuchen würde. Leider sei die Fahrt, obwohl keine große Entfernung, dafür aber zu umständlich, daher für mich nicht zu realisieren. Das müsste doch möglich sein, meinte Herr Dietschi.
»Wie denn, ohne Auto, wer hat bei uns schon ein Auto?«, konterte ich.
»Gibt es da keine Bahnverbindung oder so?«, bohrte Herr Dietschi weiter. »Nur eine ganz schlechte, dann müsste ich noch zu Fuß von Todtnau auf den Berg … «, es war mehr ein Selbstgespräch. Dabei sah ich den alten Herrn vor mir, wie mochte er zurechtkommen?
»Ihnen liegt sehr viel daran, Dr. Auler mal wiederzusehen?«
»Ja«, sagte ich gedehnt, aus meinen Gedanken gerissen, »wenn ich bloß wüsste, wie?« Ich wusste wirklich keine Lösung, aber Herr Dietschi sorgte für eine. Die Vorsaison hatte begonnen, nach und nach kam das Personal angereist. Alles musste saisontüchtig gemacht werden. Der Küchenchef hatte sich noch einmal für diese Saison verpflichtet und tätigte gerade die Einkäufe, als Herr Dietschi in die Küche kam. »Ädith, wie wäre es, wenn Sie übermorgen freinehmen? Sie wissen ja, während der Saison ist es an einem Wochentag sehr schlecht. Ich konnte jemanden überreden, Sie auf den Feldberg zu fahren, dieser Jemand ist Dr. Schnieder, es würde ihm aber nur übermorgen passen.« Mein Herz fing an zu rasen, erst dachte ich, mich verhört zu haben, dann musste ich mir einen Bremsklotz anlegen, um meinem Chef nicht um den Hals zu fallen. Das wäre für ihn sicher sehr peinlich gewesen, da er das eigene Geschlecht bevorzugte.
»Herr Dietschi, Sie machen keine Scherze?«
»Nanu, trauen Sie mir das wirklich zu? Ich habe mit Dr. Schnieder vereinbart, dass ich ihn noch heute zurückrufe.«
»Darf ich von hier aus Dr. Auler anrufen?«, fragte ich ganz aufgeregt. »Geben Sie mir seine Telefonnummer, ich sage im Büro Bescheid, dass sie das Gespräch in die Küche verbinden«, regelte Herr Dietschi auch dieses Problem für mich. Unendlich lange, so kam es mir vor, dauerte es, bis ein Anruf kam, Charlie rief den anderen in der Küche zu, sie sollten mit dem Geklapper aufhören, Dietz müsse telefonisch etwas Wichtiges regeln.
Sehr oft wusste ich nicht, war ich nun gemeint? Charlie nannte mich Dietz, auch Didi war an der Tagesordnung, er meinte zu mir, das sei eine Ableitung meines antiken Namens. Da war mir das Original schon lieber.
»Hallo, wer ist denn da?«, hörte ich Dr. Aulers Stimme.
»Hallo, ich bin es, Mutter!«
»Wo bist du?«, fragte er aufgeregt.
»Ich bin im Hotel, an der Arbeit, ich habe übermorgen frei. Was hältst du davon, wenn ich dich besuche? Ich wäre dann so gegen 14.00 Uhr bei dir, vielleicht so auf zwei bis drei Stunden, dann fahren wir wieder zurück. Es ist für mich eine Gelegenheit, die ich nutzen will, dich einmal wiederzusehen.«
»Kommst du denn alleine?«, war Aulers Frage.
»Ja«, sagte ich, »mein Chef hat alles für mich arrangiert.«
»Wie sehr ich mich freue, das muss ich doch nicht erwähnen, oder?«
»Ich käme trotzdem«, sagte ich gut gelaunt.
Plötzlich hörte ich ihn sagen: »Lumpi, da ist Mutter, stell dir vor, sie kommt!« »Wau, wau«, hörte ich meinen kleinen Freund.
Wie geplant, stieg ich gegen 14.00 Uhr an der Auffahrt aus. Dr. Schnieder betrachtete noch den Wegweiser, dann fuhr er in Richtung Feldberger Hof. Zuvor bat ich noch meinen Begleiter, er möge beim Abholen bis vor das Haus fahren, vom Fenster aus könne ich ihn kommen sehen. Charlie hatte uns für die Reise ein Lunchpaket mitgegeben, es hätte bestimmt für zwei Tage gereicht. Wahrscheinlich war ich viel zu aufgeregt, um während der Fahrt an das Essen zu denken.
Langsam lief ich die Auffahrt hinauf, als ein freudiges Gebell zu hören war und Lumpi sich auf mich
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