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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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kann ich nicht«, war meine Antwort, »ich bin auch nur wegen Helga hierhergekommen.« Nun gab sie mir zu meinem Entsetzen zu verstehen, dass die Soldaten erst um 22.00 Uhr im Lazarett sein müssten, sie aber wolle so lange hierbleiben. Ich jedoch musste um diese Zeit schon längst zu Hause sein. Wir einigten uns darauf, dass ich alleine zurückfahren würde, ich nahm mir aber vor, nie mehr mit Helga in ein Tanzlokal zu gehen.
    Ich lief die Prager Straße in Richtung Hauptbahnhof an einem Kino vorbei und sah mir die Reklame und die Bilder an, ›Träumerei‹ hieß der Film, mit Mathias Wiemann als Robert Schumann, Hilde Kral als Klara Schumann. Nächste Vorstellung, so stand da, um 18.00 Uhr. Schnell kaufte ich mir eine Karte, rechnete mir aber vorher aus, dass ich spätestens um 21.30 Uhr zu Hause sein würde. Mein Sonntag war nun doch gerettet, ich sah mir diesen wunderbaren Film an und war tief gerührt über dessen Inhalt. Wichtig war außerdem für mich, die Kinokarte im Notfall vorzeigen zu können.
    Herr Weiler klagte immer öfter über seine Magenbeschwerden, er blieb einige Tage zu Hause, doch es wurde immer schlimmer. Ich hatte den Eindruck, dass er an Gewicht verloren hatte. Der Betriebsarzt hielt es schließlich für notwendig, dass er stationär behandelt wurde. Frau Weiler fuhr mit ihm in das Krankenhaus, das sich außerhalb von Dresden befand. Dort besuchte sie ihren Mann zweimal wöchentlich, versorgte ihn mit frischer Wäsche und allem, was er sonst noch benötigte. An diesen Tagen war sie von morgens bis abends unterwegs, dazu kamen noch zwei Tage in der Woche, die sie für ihre Tauschgeschäfte und die Organisation von Lebensmitteln benötigte. Das hieß für mich, dass ich für Helmut die halbe Woche allein die Verantwortung trug. Ich musste für ihn kochen, ihn in den Kindergarten bringen und wieder abholen. Oft musste ich mich bei Helmut auf das Sofa legen, bis er einschlief, das konnte dauern. Singen oder Vorlesen trugen nie viel zum Einschlafen bei. Abends spät machte ich meine Schulaufgaben und beantwortete Briefe, oft musste ich in der Nacht nach dem Kleinen schauen, weil er von seiner Mutter nicht getröstet werden wollte. Dann hatte aber Helmuts Vater den Wunsch geäußert, seinen Sohn zu sehen. Für mich war ein Wochentag günstiger, so konnte ich mir den Weg zum Kindergarten ersparen. Also fuhren Helmut und ich mit Frau Weiler ins Krankenhaus. Es war offensichtlich, dass Frau Weiler überfordert gewesen wäre, wenn sie ihren Sohn allein, ohne mich, mitgenommen hätte, schon das Schleppen von Wäsche und anderem Benötigtem war mehr als genug. Wenn sie alleine fuhr, hatte sie mehr Zeit für ihren Mann und keine Probleme mit einem übermüdeten Kind. Die Besuchszeit war großzügig, ab dem Mittagessen konnte sie bis zum späten Nachmittag bei ihm bleiben, mit ihm in Ruhe alles besprechen und berichten.

    Durch die neue Situation gelang es mir endlich, auch die Post in Empfang zu nehmen. Seit einiger Zeit gab es einen regen Briefwechsel zwischen mir und einem Frontsoldaten. Er war 23 Jahre alt und hatte die Feldpostnummer mit einem anderen Kameraden getauscht, der lieber mit einem etwas älteren Mädchen in Briefwechsel treten wollte. Er schrieb sehr nett, bald kannte ich seinen Lebenslauf, seine Pläne, wenn erst mal der Krieg zu Ende sei. Er schickte mir ein Bild in Uniform, scheinbar von der Front, so konnte ich mir doch meinen Briefpartner in etwa vorstellen, was das Briefeschreiben einfacher machte. Er schien groß zu sein, war sehr schlank und dunkelhaarig. Eigentlich, so fand ich, sah er sehr gut aus. Sein Name war Florian Schröder. Seine Briefe wurden länger und es kam öfter Post von ihm. Es fiel mir oft schwer, Schritt zu halten, denn es waren ja auch schon heimatliche Briefe zu beantworten.
    An einem Tag, als ich mit Helmut alleine war, schrieb ich Florian einen langen Brief und bat als Erstes um Verständnis, wenn ich nicht immer auf Anhieb antworten konnte. Ich schilderte ihm meinen Tagesablauf und berichtete, dass ich nach Abschluss der Haushaltslehre wieder auf eine Schule gehen sollte. Gewiss, das war auch mir klar, wurde es immer schwerer mit Schulbesuchen. Man sollte als Mädchen einen Beruf wählen, der nach dem Krieg wichtig sein könnte. Alternativen ohne Schule waren Arbeitsdienst, das Arbeiten in einer Rüstungsfabrik oder als Luftwaffenhelferin. Ich erzählte ihm außerdem, dass ich sehr gerne koche und backe und am liebsten einen großen Haushalt hätte. Er

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