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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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Nachmittag war, dass wir zu Hedy und Max Descher gehen sollten, vielleicht könnte Vater sogar bei ihnen schlafen. Übernachtungsmöglichkeiten in Pensionen und dergleichen gab es nicht so kurzfristig. Es klappte auf Anhieb. Die beiden freuten sich sehr, meinen Vater kennenzulernen, und boten ihm sofort an, bei ihnen zu nächtigen. Sie hatten für diese Situation volles Verständnis. Max wollte mit dem Fahrrad zum Bahnhof fahren, um zu erkunden, wie und wann mein Vater weiterreisen konnte. Dringend bat ich meinen Vater noch einmal, er möge sich auf alle Fälle das nächste Mal vorher anmelden, damit ich mich um eine Schlafgelegenheit kümmern und mit Else Zeit für uns absprechen konnte. Hedy und Max meinten, dass die Schlafgelegenheit im Voraus gesichert sei bei ihnen, wenn Vater damit einverstanden sei. Das Übrige musste ich mit Else klären. In der kurzen Zeit, die wir füreinander hatten, gestand ich Vater noch, dass ich mich riesig freute über seinen Besuch und in mir der Wunsch gewachsen sei, in Dresden zu bleiben, auch nachdem die Lehre bei Else abgeschlossen sein würde. Sicher würde sich für mich eine Stelle finden. Wenn ich dann noch bei Hedy und Max wohnen könnte, wäre alles für mich perfekt. Vater meinte, dass er gerne mit der Familie Descher einiges besprechen wolle, nachdem er festgestellt hatte, dass ich mich bei ihnen zu Hause fühlte und die beiden sich rührend um mich kümmerten. Alles Besprochene könnte ich im Nachhinein von Max und Hedy erfahren, wenn ich Helmut im Dorf abholte. Vater versorgte mich noch mit Geld, als wir uns verabschiedeten, und ich sagte ihm nochmals, dass ich mich sehr gefreut hätte, ihn zu sehen. Es tat mir fast leid, dass ich zurückmusste. Auf alle Fälle wollte ich mit Helmut vor Else zu Hause sein. Ich musste mich darauf vorbereiten, Else die ganze Geschichte zu erzählen. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, mein Vater sei genau dann aufgetaucht, wenn Helmut und ich alleine waren. Es klappte aber alles ganz gut. Else kam gegen 20 Uhr nach Hause, Helmut war sehr müde und schlief problemlos ein, so hatte ich wenigstens die Gewissheit, dass er nicht so viel Schwerverständliches ausplauderte. Bis zum anderen Morgen würde einiges vergessen sein. Else aß eine Kleinigkeit mit mir in der Küche, dabei gestand sie ein, dass sie sehr müde sei, was ihr durchaus auch anzusehen war. In wenigen Sätzen erzählte ich ihr, dass mein Vater etwa zwei Stunden hier war und dann in Richtung Hamburg weiterfahren musste. Sie bedauerte es sehr, so sagte sie, dass sie ihn nicht begrüßen konnte, und meinte, sicher gebe es wieder eine Gelegenheit, dies nachzuholen. Das nächste Mal sei er hier herzlich willkommen. Wann Vater genau abgereist war und was noch alles besprochen wurde, würde ich erfahren, wenn ich mit Helmut am anderen Tag bei Deschers vorbeiginge. Jedenfalls war ich sehr froh, meinen Vater gesehen zu haben. Ich hoffte auch, dass er mit meinem Wunsch, in Dresden zu bleiben, einverstanden sein würde. Neugierig war ich schon, was Vater, Max und Hedy sich alles überlegt hatten, wie es mit mir einmal weitergehen könnte. Sogar Mutter hatte ihren Besuch angekündigt, sie wollte in den Sommerferien kommen, da sei ich lange von der Schule entbunden und wir hätten etwas mehr Zeit, um einiges miteinander zu unternehmen. Ich konnte mir also erst einmal Vaters Vorschlag anhören und diesen bald mit Mutter besprechen.
    Die Deschers erwarteten Helmut und mich am anderen Tag. Den Aufenthalt bei ihnen durften wir nicht zu sehr ausdehnen, sonst könnte Else Verdacht schöpfen. Vater war einverstanden damit, dass ich hierbliebe, aber er wollte, dass ich anschließend eine Schule besuchte. Hedy wollte sich umhören, die Zeitungen studieren, eventuell selbst die infrage kommende Schule aussuchen und alles mit Vater besprechen. Vater wollte monatlich an ihre Adresse Geld überweisen, das gedacht war für Hedys Auslagen, ein Taschengeld für mich und eine kleine Reserve für Unvorhergesehenes. So stand nun eine weitere Ausbildung für mich an. Mit dieser Entscheidung war ich gerne einverstanden. Ich würde zunächst bei Max und Hedy wohnen. Unsicher war sowieso, wie sich um uns herum alles entwickeln würde, doch einen Beruf zu haben, gerade als Mädchen, war bestimmt nicht von Nachteil. Wichtig war für mich nur, dass ich von meinen Onkels in brauner Uniform nicht mehr ›Bastard‹ genannt wurde und nicht mehr mit ansehen musste, wie meine Großeltern dabei litten. Auch wenn sie

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