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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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Einfällen nie sicher.«
    Einen schönen Nachmittag wie schon lange nicht mehr habe ich an diesem Tag verlebt. Franzl spielte Gitarre. Nach einer Weile wollte Friedel wissen, ob ich Klavier spielte.
    »Ach, weißt du«, musste ich gestehen, »spielen kann man das nicht nennen. Ich bin außer Übung. Die letzten Jahre hatte ich keine Gelegenheit zu spielen.«
    »Na, versuch es mal«, forderte mich Friedel auf. Ich tat, wie geheißen, aber es war – na, besser kein Kommentar!
    Friedel setzte sich an das Klavier und spielte eine Sonate von Franz Schubert. Ich klatschte Beifall.
    »Ich werde wieder regelmäßig üben. Ich merke schon, dass ich das Klavier spielen vernachlässigt habe. Vati würde sich bestimmt auch sehr freuen, wenn ich wieder besser spielen könnte.« Immer wieder stand ihr Mann im Mittelpunkt. Vati liebte dieses, Vati mochte jenes. Dabei zeigte sie immer ein verträumtes Lächeln, während ihre Blicke in weite Ferne wanderten. Kein Gespräch verlief, ohne dass ihr Mann erwähnt wurde und immer so, als stünde er demnächst vor der Haustüre.
    Abends beim Verabschieden meinte Friedel, ich könnte doch an den Wochenenden bis Sonntagabend bei ihnen bleiben. Sie wollte mir ein Gästezimmer richten. Es sei doch immer eine Strapaze für mich, am gleichen Tag nach Hause zu fahren. Aber das wollte ich doch erst mal mit Hedy und Max besprechen.
    Bei einer günstigen Gelegenheit erwähnte ich es. Hedy lächelte vielsagend und sang, statt ihre Meinung zu äußern »Ich weiß eine Bank, am großen Stern, die hab ich lieb, die hab ich gern. Na, na, mein Mädel. Ist es nicht etwas verfrüht?«
    »Was meinst du, Hedy?« Ich war verlegen.
    »Nun, so schnell schon lädt dich Frau Stern ein? Du scheinst Eindruck auf sie gemacht zu haben!«
    »Ich weiß ja nicht, wohin dich deine Gedanken führen, aber sicher nicht auf den richtigen Weg, Hedy. Franzl und ich sind lediglich Freunde, und ich wünschte mir, dass diese Freundschaft erhalten bleibt. Ich mag Franzl, er mag mich, glaube ich wenigstens, sonst hätte er mich bestimmt nicht seiner Mutter vorgestellt. Einiges haben wir gemeinsam, aber deshalb muss man doch nicht, wie heißt es gleich, ›intim‹ sein.«
    Meiner Meinung nach hatte Franzl einfach wenig Kontakt zu anderen Menschen. Scheinbar wollte er es aber auch gar nicht. Bei meinem letzten Besuch äußerte er nach dem Kaffeetrinken:
    »Na, meine Damen, sicher könnt ihr euch ohne mich gut unterhalten. Ich gehe ein bisschen nach oben und lese.« Danach erzählte mir Friedel, dass er gerne auf seinem Zimmer sei und Fachliteratur studiere. Dann kam sie auf ein Thema, das mich eindeutig überforderte. Franzl, so erzählte mir Friedel, hätte eine Freundin.
    »Sie heißt Erika. Du wirst sie sicher kennenlernen. Sie ist acht Jahre älter als Franzl und hat einen Sohn von vier Jahren.« Wer der Vater ist, werde verschwiegen, so meinte Friedel. Erika sei drei Jahre lang nicht bei Sterns gewesen, um keine Unannehmlichkeiten zu bekommen. Was für Unannehmlichkeiten das sein könnten, erwähnte Friedel nicht. Aber Gedanken machte ich mir schon ein bisschen und führte es auf die geforderten Formalitäten zurück. Jedenfalls konnte ich nun Hedy diese große Neuigkeit erzählen. So hatte sie wenigstens, was mich betraf, Klarheit.
    Nun war meine Neugierde groß. Erika wollte ich unbedingt kennenlernen. Also sagte ich für das kommende Wochenende bei Sterns zu. Am Freitag nach der Schule fuhren Franzl und ich gemeinsam zu ihm nach Hause. Hedy und Max waren ja informiert, dass ich am Sonntag erst zurückkäme. In einer Tasche hatte ich ein Nachthemd, meine Zahnbürste, Waschtücher und natürlich ein Buch verstaut. Friedel hatte im Bad für mich Handtücher bereitgelegt und, ich staunte, ein gutes Stück Seife – es roch herrlich! Seife war absolute Mangelware, an solche Dinge kam nur, wer tauschen konnte oder Beziehungen hatte. Auf Marken gab es grüne Seife. Man hatte das Gefühl, wenn man sich einseifte, dass man sich mit Sand wusch. Seifenpulver musste meist auch zum Haarewaschen herhalten. Glücklich schätzte ich mich, wenn Mutter mir ihre Seife abtrat, die sie von ihrer Schwägerin aus Basel bekam. Aber all diese Entbehrungen waren erträglich. Das Schlimmste stand uns noch bevor.
    Zunächst aber genoss ich das Wochenende bei Sterns. Friedel hatte Mittagessen vorbereitet. Es gab Reis mit Paprika, ein richtiges Festtagsessen. Zum Kaffeetrinken kam wie besprochen Erika. Ich war sehr neugierig auf sie. Meine Befürchtung

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