Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
Pause, aber das Schweigen wurde nicht durchbrochen. Der Bürgermeister schien schockiert zu sein. Kings Lippen bewegten sich, aber kein Ton kam aus seinem Mund. Griffin lächelte.
»Wie sieht es also aus?«, fragte Webster. »Ich will Ihnen sagen, wie es aussieht. Endlose Straßen mit verlassenen Wohnhäusern, Häusern, deren Besitzer einfach davongegangen sind. Warum hätten sie auch bleiben sollen? Was konnte ihnen die Stadt denn schon bieten? Nichts von alledem, was sie den Generationen vor ihnen geboten hatte – denn der Fortschritt hat den Wunsch nach den Bequemlichkeiten, die die Stadtnähe mit sich brachte, beseitigt. Sie verloren natürlich etwas, in Geld ausgedrückt, als sie die Häuser verließen. Die Tatsache jedoch, dass sie ein doppelt so gutes Haus um die Hälfte des früheren Preises bekommen konnten, die Tatsache, dass sie leben konnten, wie sie es sich wünschten, dass sie große Landsitze nach dem Beispiel der Reichen einer Generation zuvor aufbauen konnten – all dies wog die Nachteile auf, die sich durch das Verlassen ihrer Häuser ergaben. Und was haben wir zurückbehalten? Ein paar Blocks Geschäftshäuser. Fabriken. Eine Stadtverwaltung für eine Million Menschen ohne eine Million Menschen. Einen Haushalt, der die Steuern so hoch getrieben hat, dass schließlich sogar die Unternehmen abwandern werden, um dieser Besteuerung zu entgehen. Steuerschulden durch wertlose gewordene Immobilien. Das ist uns geblieben. Und wenn Sie glauben, dass eine Handelskammer, dass Umzüge und ausgefallene Ideen die Lösung bringen, dann sind Sie auf dem Holzweg. Es gibt nur eine Antwort, und die ist einfach genug. Die Stadt als Einrichtung für die Menschen ist tot. Sie wird sich noch ein paar Jahre dahinschleppen, aber das ist auch alles.«
»Mr. Webster …«, sagte der Bürgermeister.
Webster kümmerte sich nicht um ihn. »Ohne das, was heute geschehen ist«, sagte er, »wäre ich geblieben und hätte wieder mit Ihnen Theater gespielt. Ich hätte auch in Zukunft so getan, als funktioniere die Stadt noch, hätte mich und Sie belogen. Aber es gibt so etwas wie menschliche Würde, meine Herren.«
Die eisige Stille löste sich auf im Rascheln von Papier und dem unterdrückten Husten eines verlegenen Zuhörers.
Aber Webster war noch nicht fertig. »Die Stadt hat versagt«, erklärte er, »und es ist gut, dass sie versagt hat. Statt hier trauernd herumzu sitzen und zu klagen, sollten Sie aufstehen und sich darüber freuen. Hätte sich nämlich diese Stadt nicht, wie jede andere Stadt auch, endgültig überlebt, wären die Städte der Welt nicht verlassen worden, dann hätte man sie vernichtet. Es hätte einen Krieg gegeben, meine Herren, einen Atomkrieg. Haben Sie die Fünfziger- und Sechzigerjahre vergessen? Haben Sie vergessen, wie wir nachts wach wurden und auf die Bombe warteten, obwohl wir wussten, dass wir sie nicht hören würden, dass wir nie mehr etwas hören würden, wenn sie wirklich gekommen wäre? Aber die Menschen verließen die Städte, die Industrie verteilte sich, es gab keine Ziele mehr, also auch keinen Krieg. Einige von Ihnen, viele von Ihnen leben heute nur, weil die meisten ihre Stadt verlassen haben. Lassen wir sie in Frieden ruhen. Seien wir froh, dass sie nicht mehr existiert. In der Geschichte der Menschheit ist nie etwas Besseres geschehen.«
John Webster drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Saal.
Draußen auf den breiten Steinstufen blieb er stehen und starrte zu dem wolkenlosen Himmel hinauf, sah die Tauben um die Türme der Stadt kreisen. Er schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt.
Er hatte sich natürlich albern benommen. Jetzt musste er sich eine Stellung suchen, und das konnte lange dauern. Er war schon ein bisschen zu alt, um von heute auf morgen seinen Job einfach so aufzugeben.
Aber trotz dieser Gedanken kam ihm überraschend ein kleines Lied auf die Lippen. Er marschierte davon, leise vor sich hin pfeifend.
Keine Heuchelei mehr. Kein Wachliegen nachts, kein Grübeln mehr darüber, was getan werden müsste – obwohl feststand, dass die Stadt bereits tot war, dass alle Anstrengungen nutzlos bleiben mussten, und man sich schäbig vorkam, weil man ein Gehalt bekam, das man nicht rechtmäßig verdiente; die seltsame, quälende Sinnlosigkeit eines Arbeitenden zu spüren, der weiß, dass seine Arbeit eigentlich sinnlos ist.
Er ging zum Parkplatz, um seinen Hubschrauber zu besteigen.
Jetzt, so dachte er, konnten sie vielleicht die Stadt verlassen,
Weitere Kostenlose Bücher