Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
Geschichte, die ihren Verlauf genommen und zu Ende gegangen war. Geschichte, die in einer Sackgasse gelandet war – ein Strom, der in das Altwasser von ein paar Hundert sinnlosen menschlichen Leben gemündet war, ein zuwachsender See … Er streckte die Hand aus, legte sie flach auf das Mauerwerk, fühlte die schleimige Kälte, den groben Schmutz unter seiner Handfläche.
Das Fundament des Imperiums, dachte er. Der Tiefkeller des Imperiums. Der unterste Stein des riesigen Baues, der sich in stolzer Kraft weit über die Erdoberfläche hinaufschwang – ein großes Gebäude, das in alten Zeiten das geschäftige Summen eines ganzen Sonnensystems in sich geborgen hatte, ein Imperium nicht im Sinne der Eroberung, sondern ein Imperium geordneter menschlicher Beziehungen, gegründet auf gegenseitigem Respekt und tolerantem Verstehen.
Ein Sitz der Menschheitsregierung, gesichert durch eine psychologische Untermauerung mit ausreichender und narrensicherer Abwehr. Denn das war sie bestimmt gewesen, das hatte sie sein müssen. Die Menschen jener Tage gingen keine Risiken ein, sie übersahen nichts. Sie hatten eine harte Schule durchgemacht und kannten sich aus.
Langsam drehte sich Webster um, starrte die Spur an, die er im Staub auf dem Boden hinterlassen hatte. Vorsichtig, vorsichtig trat er über die Fußstapfen, verließ das Gewölbe, schloss die massive Tür hinter sich und drehte den Schlüssel im Schloss um, das sein Geheimnis barg.
Während er die Stufen im Tunnel hochstieg, dachte er: Jetzt kann ich meine Geschichte schreiben. Meine Aufzeichnungen sind nahezu vollständig, und ich weiß, wie sie aussehen muss. Sie wird großartig und umfassend sein und vielleicht sogar interessant für eventuelle Leser.
Aber er wusste, dass niemand sie lesen würde. Niemand würde sich die Zeit dazu nehmen.
Einen langen Augenblick stand Webster auf den breiten Marmorstufen vor seinem Haus und sah auf die Straße hinunter. Eine hübsche Straße, dachte er, die beste Straße in ganz Genf, mit ihren Bäumen, den gepflegten Blumenbeeten, den Gehsteigen, geputzt und poliert von den unermüdlichen Robotern.
Es war niemand auf der Straße, aber das war nichts Besonderes. Die Roboter hatten ihre Arbeit früh beendet; es gab nur wenige Menschen.
Auf irgendeinem Baum sang ein Vogel, und das Lied war eins mit der Sonne und den Blumen, ein frohes Lied, das aus voller Kehle geflötet wurde, ein Lied voller Überschwang.
Eine saubere Straße, die in der Sonne vor sich hin döste, eine große, stolze Stadt, die ihren Sinn verloren hatte. Eine Straße, die voller Kinderlachen, dahinschlendernden Liebespaaren und alten Männern hätte sein müssen, die sich in der Sonne rekelten. Und eine Stadt, die letzte Stadt auf der Erde, die einzige Stadt auf der Erde, die mit Lärm und Geschäftigkeit hätte erfüllt sein müssen.
Ein Vogel sang, und ein Mann stand auf den Stufen und blickte vor sich hin, und die Tulpen nickten zufrieden im leisen Wind, der die Straße entlangwehte.
Webster wandte sich zur Tür und trat über die Schwelle.
Der Raum war still und ernst, einer Kathedrale ähnlich, mit seinen gemalten Glasfenstern und dem weichen Teppich. Das Holz schimmerte mit der Patina hohen Alters, Silber und Messing funkelten in dem Licht, das durch die schmalen Fenster hereinfiel. Über dem Kamin hing ein großes Gemälde in gedämpften Farben – ein Haus auf einem Hügel, ein Haus, das Wurzeln geschlagen hatte und sich mit eifersüchtigem Griff an das Land klammerte. Rauch stieg aus dem Schornstein, ein windgepeitschter, zäher Rauch, der sich von einem sturmgrauen Himmel abhob.
Webster durchmaß den Raum; seine Schritte blieben unhörbar. Die Teppiche, dachte er, die Teppiche bewahren die Stille. Randall wollte dieses Zimmer auch umgestalten, aber ich habe es nicht zugelassen, und ich bin froh darüber. Man muss etwas besitzen, das alt ist, etwas, woran man sich halten kann, etwas, das ein Vermächtnis ist – und ein Versprechen.
Am Schreibtisch angekommen, drückte er auf eine Taste; Licht flammte auf. Er ließ sich langsam in einem Sessel nieder, griff nach der Mappe mit den Aufzeichnungen. Er schlug den Deckel auf und starrte die Titelseite an:
Eine Studie über di e funktionelle Entwicklung der Stadt Gen f
Ein mutiger Titel. Würdig und gelehrt. Und viel Arbeit. Zwanzig Jahre Wühlen in alten, verstaubten Unterlagen, zwanzig Jahre Lektüre und Vergleich, Abwägen von Bedeutung und Worten derjenigen, die vorher gewesen waren, prüfend
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