Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
Tage in diesem Zimmer. »Sie hat dieses Bild gemalt, Oscar«, fuhr er fort. »Lange saß sie daran, bemühte sich, zu fassen, was sie ausdrücken wollte. Sie lachte mich an und meinte, ich sei auch mit auf dem Bild.«
»Ich sehe Sie aber nicht, Sir«, erwiderte Oscar.
»Nein. Ich bin nicht zu sehen. Und vielleicht auch wieder doch. Oder ein Teil von mir. Ein Teil meiner Herkunft. Das Haus auf diesem Bild ist das Webster-Haus in Nordamerika. Und ich bin ein Webster. Aber so fern von dem Haus – so fern von den Menschen, die dieses Haus gebaut haben.«
»Nordamerika ist gar nicht so weit weg, Sir.«
»Nein«, sagte Webster. »In Kilometern nicht, aber in anderer Beziehung.«
Er fühlte, wie die Wärme des Feuers durch das Zimmer drang und ihn berührte.
Fern. Zu fern – und in der falschen Richtung.
Der Roboter verließ lautlos das Zimmer.
Ja, sie saß sehr lange daran, bemühte sich, zu fassen, was sie ausdrücken wollte …
Und was war das gewesen? Er hatte sie nie danach gefragt, und sie hatte es ihm nicht gesagt. Er hatte immer angenommen, erinnerte er sich, dass es die Art war, wie der Rauch aus dem Schornstein stieg, windgepeitscht über den Himmel, die Art, wie das Haus sich an den Boden klammerte, eins wurde mit den Bäumen und dem Gras, geduckt vor dem Sturm, der das Land heimsuchte.
Aber es konnte auch etwas anderes gewesen sein. Ein Symbol. Etwas, das das Haus mit den Menschen, die es gebaut hatten, identifizierte.
Er stand auf, trat näher an das Bild heran, stand vor dem Feuer, den Kopf in den Nacken gelegt. Die Pinselstriche waren genau zu sehen, und aus der Nähe wirkte das Bild fremd. Technik, Striche und Schattierungen, die der Pinsel gewählt hatte, um eine Illusion zu erzeugen.
Sicherheit. Sicherheit in der Art, wie das Haus stark und massiv dastand. Unbeugsamkeit der Art, die dem Land selbst zu eigen war. Strenge, Eigensinn und eine gewisse Starre des Geistes.
Sie hatte tagelang dagesessen, vor dem Visor, der das Haus zeigte, hatte Skizzen gemacht, langsam gemalt, hatte oft einfach nur davorgesessen, hatte es angesehen und nichts getan. Hunde und Roboter seien dort, sagte sie, aber sie brachte sie nicht aufs Bild, weil sie nur das Haus zeigen wollte. Eines der wenigen Häuser, die noch frei in der Landschaft standen. In Jahrhunderten der Vernachlässigung waren die anderen eingestürzt und hatten das Land der Wildnis zurückgegeben.
Aber in diesem Haus lebten Hunde, liefen Roboter herum. Ein großer Roboter, hatte sie gesagt, und viele kleine.
Webster hatte nicht aufgepasst – er war zu beschäftigt gewesen …
Er drehte sich um, ging zum Schreibtisch zurück, setzte sich.
Merkwürdig, Roboter und Hunde gemeinsam. Ein Webster hatte sich einmal mit Hunden abgegeben, hatte versucht, sie auf den Weg zu einer eigenen Kultur zu bringen, hatte eine gemeinsame Zivilisation von Mensch und Hund entwickeln wollen.
Fetzen der Erinnerung tauchten auf – winzige Bruchstücke, nur sehr undeutlich, von den Legenden, die im Laufe der Zeit über das Webster-Haus verbreitet worden waren. Es hatte einen Roboter namens Jenkins gegeben, der von Anfang an der Familie gedient hatte, und einen alten Mann im Rollstuhl, der zu den Sternen hinaufsah und auf einen Sohn wartete, der niemals zurückkehrte. Und ein Fluch hatte auf dem Haus gelegen, der Fluch, die philosophischen Schriften Juwains verloren zu haben.
Der Visor stand in einer Ecke des Zimmers wie ein überflüssig gewordenes Möbelstück, etwas, das kaum benutzt wurde. Man brauchte ihn nicht mehr. Die ganze Welt lag nun hier in der Stadt Genf.
Webster stand auf, ging auf den Visor zu, blieb stehen, überlegte. Die Kombinationen waren im Logbuch eingetragen, aber wo war das Buch? Wahrscheinlich irgendwo in seinem Schreibtisch.
Er kehrte um, durchsuchte die Schubladen. Seine Erregung wuchs – mit fliegenden Händen warf er die Sachen durcheinander, wie ein Terrier, der einen Knochen ausgräbt.
Jenkins, der uralte Roboter kratzte sich mit Metallfingern am metallenen Kinn. Das tat er immer, wenn er tief in Gedanken war, eine für ihn bedeutungslose Geste, die er von den Menschen übernommen hatte.
Sein Blick kehrte zu dem kleinen schwarzen Hund zurück, der neben ihm auf dem Boden saß.
»Der Wolf war also freundlich«, sagte Jenkins. »Er hat dir den Hasen angeboten.«
Ebenezer wackelte aufgeregt mit dem Hinterteil. »Er war einer aus dem Rudel, das wir im vergangenen Winter gefüttert haben. Das Rudel, das bis ans Haus kam und das wir
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