Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
gejagt worden waren, hatten die Kobler belauscht und die Tiefen der Zeit auszuloten versucht, nur um herauszufinden, dass es keine Zeit gab.
Wenn schon die Hunde und Roboter so viel erreicht hatten, mussten die Mutanten noch viel weiter vorangekommen sein. Und sie werden mich anhören, dachte Jenkins. Sie werden mich anhören müssen, denn ich stelle ihnen ein Problem vor, für das sie zuständig sind. Denn die Mutanten sind Menschen – trotz ihrer ganz eigenen Art sind sie Kinder der Menschen. Sie können keinen Groll mehr fühlen, denn der Name des Menschen ist Staub, verweht mit dem Wind, ein Flüstern des Laubs an einem Sommertag – nicht mehr. Außerdem habe ich sie siebentausend Jahre nicht belästigt – nicht, dass ich zuvor jemals etwas von ihnen gewollt hätte. Joe war mein Freund, ich war ihm ein Freund, soweit ein Mutant Freunde brauchte. Er unterhielt sich mit mir, er, der mit Menschen nicht gesprochen hätte. Sie werden mich anhören – sie werden mir sagen, was zu tun ist. Und sie werden nicht lachen.
Denn es ist nicht lächerlich. Es geht nur um Pfeil und Bogen, aber es ist nicht lächerlich. Das konnte es früher einmal gewesen sein, aber die Geschichte nimmt vielen Dingen den Witz. Wenn der Bogen ein Witz ist, ist es auch die Atombombe, ist es der giftgeladene Staub, der ganze Städte ausgelöscht hat, ist es die kreischende Rakete, die sich durch den Himmel schraubt, zwanzigtausend Kilometer später hinabstürzt und eine Million Menschen tötet.
Obwohl es jetzt keine Million Menschen mehr gibt. Ein paar Hundert, mehr oder weniger, die in den Häusern leben, die die Hunde für sie gebaut haben, weil damals die Hunde noch wussten, was menschliche Wesen waren, und den Zusammenhang zwischen sich und den Menschen noch kannten und die Menschen als Götter betrachteten. Sie als Götter ansahen und die alten Geschichten an Winterabenden vor dem Feuer erzählten und auf jenen Tag warteten, da der Mensch zurückkehren, ihnen über den Kopf fahren und sagen würde: »Wohlgetan, du guter und treuer Diener.«
Und das war nicht richtig, dachte Jenkins, der den Hügel hinabschritt, das war nicht richtig. Denn die Menschen verdienten diese Verehrung nicht, verdienten eine solche Vergöttlichung nicht. Der Himmel weiß, dass ich sie sehr geliebt habe, dass ich sie immer noch liebe – aber nicht, weil sie Menschen sind, sondern um der Erinnerung an ein paar dieser Menschen willen.
Es war nicht richtig, dass die Hunde Häuser für Menschen bauten. Denn sie waren den Menschen weit überlegen. Ich löschte also die Erinnerung aus. Und das war eine mühsame, langwierige Arbeit. Im Laufe der Zeit nahm ich ihnen die Legenden, verdunkelte ihre Erinnerung, und jetzt nennen sie die Menschen »Webster« und glauben, dass sie nichts anderes seien.
Ich hatte mich gefragt, ob das richtig gewesen ist, und kam mir manchmal vor wie ein Verräter. Ich verbrachte bittere Nächte, wenn die Welt schlief und dunkel war, saß im Schaukelstuhl und hörte nur das Stöhnen des Windes. Denn vielleicht hatte ich nicht das Recht gehabt, so etwas zu tun. Der Familie Webster hätte das vielleicht nicht gefallen. Denn das ist die Macht, die sie über mich hatten, die sie immer noch über mich haben – dass ich, auch nach Tausenden von Jahren, etwas tun und mich sorgen könnte, dass es ihnen nicht gefiele.
Aber jetzt weiß ich, dass ich Recht hatte. Pfeil und Bogen sind ein Beweis dafür. Einmal glaubte ich, der Mensch könnte auf dem falschen Weg vorangeschritten sein, irgendwo in der trüben, dunklen Wildheit, die seine Wiege, sein kindlicher Tummelplatz war, könnte einen falschen Schritt getan, die falsche Abzweigung genommen haben, aber ich sehe, dass ich mich getäuscht habe. Es gibt einen Weg, den einzigen, den der Mensch begehen kann – den Weg des Pfeil und Bogens.
Ich habe mich genügend bemüht, der Himmel weiß es!
Als wir die Versprengten einsammelten und zum Webster-Haus zurückbrachten, nahm ich ihnen ihre Waffen weg, nicht nur aus den Händen, sondern auch aus ihrem Kopf. Ich schrieb die Literatur um, die sich umschreiben ließ, und verbrannte alles Übrige. Ich lehrte sie wieder Lesen und Singen und Denken. Und in den Büchern stand nichts über Krieg oder Waffen, keine Spur von Hass oder Geschichte, denn Geschichte ist Hass – es gab keine Schlachten, kein Heldentum, keine Fanfaren mehr!
Aber es war vergeudete Zeit, dachte Jenkins. Ich weiß jetzt, dass es verlorene Zeit war. Denn der Mensch wird Pfeil und Bogen
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