Als es noch Menschen gab - Roman - Meisterwerke der Science Fiction
von Enten herauf. Ein sanfter Wind wehte über den Hügel, brachte Nebel vom Fluss mit. Peters Bogensehne verfing sich in einem Strauch, und er blieb stehen, um sie loszumachen. Er ließ ein paar Pfeile fallen und bückte sich, um sie aufzuheben.
»Du musst dir irgendetwas ausdenken«, knurrte Lupus. »Die ganze Zeit bleibst du hängen oder lässt sie fallen …«
»Ich habe schon darüber nachgedacht«, erwiderte Peter. »Vielleicht irgendeine Tasche, die man über die Schulter hängen kann.«
Sie marschierten weiter.
»Was wirst du tun, wenn du das Webster-Haus erreicht hast?«, fragte Lupus.
»Ich spreche mit Jenkins«, sagte Peter. »Ich werde ihm sagen, was ich getan habe.«
»Das hat Fatso schon getan.«
»Aber vielleicht nicht richtig. Vielleicht hat er es falsch geschildert. Fatso war aufgeregt.«
»Dumm ist er auch«, sagte Lupus.
Sie schritten über eine mondbeschienene Lichtung und tauchten wieder ins Dunkel.
»Ich werde nervös«, sagte Lupus. »Ich kehre um. Das ist doch verrückt, was du da machst. Ich habe dich ein Stück begleitet, aber …«
»Dann kehr doch um«, sagte Peter scharf. »Ich bin nicht nervös, ich …«
Er fuhr herum, die Haare an seinem Nacken richteten sich auf.
Denn er fühlte etwas – etwas in der Luft, die er atmete, etwas in seinem Verstand –, ein unheimliches, verwirrendes Gefühl der Gefahr und, weit mehr noch als Gefahr, eine ekelerregende Empfindung, die sich in seine Schulterblätter krallte und mit Millionen prickelnder Beine über seinen Rücken lief.
»Lupus!«, schrie er. »Lupus!«
Unter ihm geriet ein Busch in heftige Bewegung, und Peter begann zu laufen, stürmte den Pfad hinunter. Er lief in einen Strauch und bremste in vollem Lauf. Er riss den Bogen hoch, nahm einen Pfeil und legte ihn auf die Sehne.
Lupus lag auf dem Boden ausgestreckt, halb im Schatten, halb im Mondlicht mit gebleckten Zähnen und zum Angriff erhobener Pfote.
Über ihn beugte sich eine Gestalt. Eine Gestalt – und nichts sonst. Eine Gestalt, die spuckte und fauchte, einen Strom zorniger Laute von sich gab, der sich kreischend in Peters Gehirn ergoss. Ein Ast bog sich im Wind zur Seite und gab den Mond frei, und Peter sah den Umriss des Gesichts – einen vagen Umriss, wie halb verwischte Kreidestriche auf einer verstaubten Tafel. Ein totenschädelähnliches Gesicht mit verzogenem Mund, geschlitzten Augen und Ohren, auf denen sich Fühler reckten.
Die Sehne summte, und der Pfeil fetzte in das Gesicht, fetzte hinein, glitt hindurch und fiel auf den Boden. Das Gesicht war immer noch da, fauchte ihn an.
Ein zweiter Pfeil an die Sehne und gespannt, gespannt bis fast ans Ohr, ein Pfeil, getrieben von der peitschenden Kraft des federnden Bogens – vom Hass, von der Furcht, vom Ekel des Menschen, der die Sehne hielt.
Der Pfeil klatschte gegen die hellen Umrisse des Gesichts, wurde langsamer, zitterte, fiel.
Noch einen Pfeil auf die Sehne gelegt. Weiter noch diesmal, weiter, mehr Kraft, um das Wesen zu töten, das nicht sterben wollte, wenn es ein Pfeil traf. Ein Wesen, das einen Pfeil nur aufhielt, zum Zittern brachte und ihn dann durchließ.
Noch einmal und noch einmal und wieder – und dann geschah es.
Die Sehne riss.
Einen Augenblick lang stand Peter mit der nutzlosen Waffe in einer, dem nutzlosen Pfeil in der anderen Hand da. Stand da und schaute hinüber zu dem schrecklichen Schatten, der sich über den grauen Leib des Wolfes beugte.
Und er hatte keine Furcht. Überhaupt keine, obgleich die Waffe nutzlos geworden war. Flammender Zorn schüttelte ihn, und eine Stimme hämmerte unablässig ein Wort in seinen Kopf:
Töte – töte – töte!
Er warf den Bogen weg und trat vor, die Hände halb erhoben, die Finger wie Krallen gekrümmt.
Das Wesen wich zurück – wich zurück in der aufbrandenden Angst, die über ihm zusammenzuschlagen drohte, Angst und Entsetzen vor dem flammenden Hass, der ihm aus dem sich ihm nähernden Geschöpf entgegenschlug. Ein Hass, der ihn packte und mit würgendem Griff umklammerte. Er hatte diese Gefühle auch vorher schon gekannt, Angst und Schrecken und Verzagtheit – aber das war etwas Neues. Ein folternder Peitschenschlag, der seine Nerven zu zerfetzen, sein Gehirn zu versengen drohte.
Dies war wirklicher Hass.
Das Schattenwesen jammerte – jammerte und schrie und wich zurück und suchte mit fliegenden Gedankenfingern in seinem betäubten Gehirn nach den Symbolen, die ihm die Flucht ermöglichten.
Der Raum war leer – leer und alt
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