Als gaebe es kein Gestern
Sorgen machen, dass Sie diese … Dummheit … wiederholen?“
Livia schüttelte entschieden den Kopf. „Auf keinen Fall. Auf gar keinen Fall.“ Sie begann plötzlich zu strahlen. „Mein Leben hat sich um hundertachtzig Grad gedreht. Ich bin jetzt glücklich, verstehen Sie? Richtig glücklich!“
Herr Walther schien diese Freude allerdings nicht zu teilen. Jedenfalls blickte er sorgenvoll in Livias Gesicht. „Sie scheinen Ihrem Mann neuerdings blind zu vertrauen.“
Livias Lächeln erstarb. Neuerdings … Sie musste daran denken, dass sie in ihrem letzten Gespräch mit Herrn Walther selbst ein paar Zweifel an Arvin zum Ausdruck gebracht hatte. „Ich war … durcheinander … und unglücklich …“
„Und wachsam“, behauptete Herr Walther. „Das gefiel mir gut.“
„Und mein jetziger Zustand gefällt Ihnen weniger“, schlussfolgerte Livia.
„So ist es. Ich befürchte, dass Sie jetzt zu vertrauensselig sind. Denken Sie doch an all die Anschläge auf Ihr Leben! Warum sollte damit plötzlich Schluss sein? Irgendjemand ist immer noch da draußen und wartet auf den richtigen Zeitpunkt!“
Livia verzog das Gesicht. „Nett, dass Sie mich daran erinnern.“
„Was soll ich tun? Soll ich Ihnen etwa Honig um den Bart schmieren und einen schönen bunten Kranz zu Ihrer Beerdigung schicken?“
Livia schluckte und krallte sich unwillkürlich an Spikes Fell fest. Der schien ihre Angst zu spüren und begann leise zu knurren. „Schon gut, mein Junge“, sagte Livia und lockerte ihren Griff. Dann wandte sie sich wieder Kommissar Walther zu. „Ich verstehe natürlich, was Sie meinen … aber … ich habe den Eindruck, dass Sie immer noch Arvin verdächtigen. Warum tun Sie das?“
„Na ja … erstens weil ich ihn von Anfang an verdächtigt habe und zweitens …“ Er schien einen Moment lang nachzudenken. „Kommt es Ihnen nicht auch ein wenig seltsam vor, dass er Sie erst wie den letzten Dreck behandelt und dann so urplötzlich ins Gegenteil verfällt?“
Livia versteifte sich. „Nein, eigentlich nicht. Sie haben ihn selbst gehört. Die Tatsache, dass ich mir das Leben nehmen wollte, hat ihn wach gerüttelt. Ihm ist halt klar geworden, dass er mich nicht verlieren will.“
„Vielleicht ist es so. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht hat er Sie so schlecht behandelt, damit Sie freiwillig aus dem Leben scheiden …“
Livia schnappte nach Luft. „Das … das glauben Sie doch wohl selbst nicht.“
Kommissar Walther zuckte vielsagend mit den Achseln.
„Aber das … das ist Blödsinn“, regte sich Livia auf. „Er hat mich gefunden und die Blutung gestillt!“
„Mag sein. Aber sein Verhalten war schon immer sehr widersprüchlich, nicht wahr?“
Livia atmete einmal tief durch und griff nach ihrem Kaffeebecher. Als sie einen Schluck nahm, stellte sie fest, dass er bereits die ideale Temperatur erreicht hatte. „Ist ‚Widersprüchlichkeit‘ der einzige Grund für Ihre Verdächtigungen?“, erkundigte sie sich gereizt.
„Nein, da ist auch noch das Verhalten, das er in der Befragung im Krankenhaus an den Tag gelegt hat. Er war nervös, äußerst nervös.“
„Weil er eigentlich zu mir wollte!“, fiel ihm Livia ins Wort.
„Es war nicht diese Art von Nervosität“, behauptete Kommissar Walther. „Es war mehr. Sie hätten ihn sehen sollen. Er ist unruhig im Zimmer hin und her gewandert und hat ständig nach draußen gesehen.“
„Er hat sich nicht wohlgefühlt im Krankenhaus“, verteidigte ihn Livia. „Er ist nicht gern in fremder Umgebung.“
„Und das finden Sie normal, ja?“
Livia musste schlucken. „Normal nicht, aber … man gewöhnt sich halt dran.“
Kommissar Walther sah ihr tief in die Augen. „Sind Sie denn niemals auf die Idee gekommen, dass er … nun ja … verrückt ist oder so? Schizophren vielleicht?“
Livia starrte den Kommissar voller Entsetzen an. Das Schlimme an dieser Aussage war gar nicht die Aussage selbst, sondern die Erinnerung, die damit verknüpft war. Die Erinnerung daran, dass auch Karen, seine engste Bezugsperson, einmal einen solchen Verdacht geäußert hatte! „Ich …“, das Wort klang so heiser und kratzig, dass sie sich erst einmal räuspern musste. „Ich möchte nicht, dass Sie so über Arvin sprechen“, fuhr sie mühsam fort. „Er ist vielleicht ein bisschen sonderbar, aber er ist auch ein ganz besonderer Mensch. Sie müssten einmal sehen, wie liebevoll er sich um Vanessa kümmert …“
„Soweit ich weiß, ist Schizophrenie immer davon
Weitere Kostenlose Bücher