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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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„Und er hat den Krankenwagen gerufen. Wenn er nicht gewesen wäre –“
    „Ich weiß nicht warum, aber ich war nicht schwer verletzt“, stellte Livia fest.
    „Falsch“, behauptete der Kommissar. „Die Wunde in Ihrer Schulter war ziemlich tief. Wenn die Blutung nicht gestillt worden wäre, hätten Sie durchaus dabei draufgehen können. Ihr Mann hat Ihnen also das Leben gerettet.“
    „Eben waren Sie doch noch der Meinung, dass er mir nach dem Leben trachtet .“
    „D-das war eben“, stotterte Kommissar Walther, „be-bevor Sie im Fensterrahmen standen.“
    „Okay“, musste Livia zugeben. „Das Argument muss ich wohl gelten lassen.“ Sie riskierte einen weiteren Blick in die Tiefe. Sollte sie oder sollte sie nicht?
    Arvin schien ihre Gedanken zu lesen. „Ich will nicht, dass du springst“, sagte er mit fester Stimme. „Bitte, Livia! … Bitte, tu’s nicht!“
    Livia blickte wieder zu ihm auf. „Du hast gesagt, dass ich keine dritte Chance wert bin“, sagte sie und konnte nicht verhindern, dass sich der Schmerz einen Weg in ihre Stimme bahnte.
    „Du bist 490 Chancen wert“, antwortete Arvin leise.
    „490?“
    „Siebenmal siebzigmal. So oft soll man dem anderen vergeben. Das hat Jesus gesagt.“
    „Aber Vergebung reicht mir nicht“, stellte Livia klar. „Ich brauche hundertmal mehr. Ich brauche Liebe. Wirkliche Liebe. Ich bin ausgetrocknet, verstehst du? Völlig verdorrt! Und ich hab keine Lust, so weiterzumachen. Keinen Tag mehr. Nicht mal mehr heute!“
    „Ich werde dir geben, was du willst, und noch viel mehr. Ich verspreche es dir.“
    Livia sah ihn an und untersuchte seinen Blick auf irgendein Anzeichen von Unehrlichkeit. Nur fand sie keins. „Wie kann ich mir sicher sein, dass das auch noch gilt, wenn ich von diesem Fensterbrett gestiegen bin?“, wollte sie, noch voll von Zweifeln, wissen.
    Arvin hielt ihrem Blick stand. „Probier es aus, Livia. Gib mir eine dritte Chance …“

Kapitel 37
    Es war wie der Himmel auf Erden. Wie alles, was sie sich jemals gewünscht hatte.
    Arvin, der seine Chance genutzt hatte. Arvin, der wieder ihr gehörte.
    Und Vanessa, die sofort auf die veränderte Stimmung im Haus reagierte und die man zum ersten Mal seit Karens Tod wieder lachen hörte! Glücklicherweise hatte sie das gesamte Wochenende bei Franziska verbracht und dadurch von Livias Selbstmordversuch nichts mitbekommen. Zwei Tage nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus hatte Livia plötzlich das Gefühl, dass ihr Herz vor lauter Glück zerspringen müsste. Und so hüllte sie sich angesichts der niedrigen Temperaturen in eine dicke Jacke, schnappte sich Spike und besuchte mit ihm den Friedhof.
    Als sie Karens Grab erreicht hatte, spürte sie sofort, dass es eine gute Entscheidung gewesen war, hierherzukommen. Für sie war dies der Ort, wo sich Trauer und Glück die Waage hielten. Und das war richtig. Das war ihre Realität.
    „Hey, du“, flüsterte sie und hockte sich vor das Grab. Spike winselte leise, so als spürte er, wer hier begraben lag. Livia stieß einen tiefen Seufzer aus und befahl Spike, links neben ihr Platz zu nehmen.
    „Tut mir leid, dass ich dich erst jetzt wieder besuche. Du weißt wahrscheinlich, was passiert ist …“ Sie legte eine Pause ein, so als wartete sie auf eine Antwort. „Ich sehe ja ein, dass es eine Dummheit war. Aber manchmal haben auch Dummheiten ihr Gutes.“ Sie spielte verlegen mit dem Schmuckband, auf dem die Namen „Arvin, Livia und Vanessa“ zu lesen waren. „Ich schätze, ich hab Arvin einen gehörigen Schrecken eingejagt.“ Sie lächelte zaghaft. „Ob du’s glaubst oder nicht, aber seit jenem Tag trägt er mich auf Händen! Ich glaube, wir kriegen es doch noch auf die Reihe!“ Sie fuhr mit dem Zeigefinger die Buchstaben „A“, „R“, „V“, „I“ und „N“ nach. Der Stoff fühlte sich glatt und kühl an. „Als ich vorgestern nach Hause kam, war das ganze Haus voller Blumen.“ Sie musste plötzlich kichern. „Ich glaub, er hat den ganzen Blumenladen aufgekauft. Kannst du dir das vorstellen? Arvin und Blumen? Oder besser gesagt: Arvin und Blumen, die sein Haus verändern? Also, wenn das so weitergeht, darf ich irgendwann noch den ganzen Garten umgraben …“ Sie streichelte gedankenverloren Spikes Kopf. „Obwohl … ein paar Wochen wird das wohl noch dauern“, schränkte sie ein. Schließlich steckte ihr rechter Arm immer noch in einer Schlinge.
    Eine Weile schwieg sie und beobachtete eine Meise, die ungeniert auf Karens

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