Als gaebe es kein Gestern
Putzwut nichts umge-
stellt …“
„Würd ich doch nie tun“, seufzte Livia und rief nach Vanessa. „Arvin ist da! Kommst du ihn begrüßen? Vanessa?“
„Lass nur. Ich werd sie schon finden.“ Arvin hängte noch kurz den Mantel über die Garderobe und steuerte dann auf Livias und Vanessas Zimmer zu. Livia folgte ihm, musste aber feststellen, dass Vanessa nicht dort war. Gemeinsam schauten sie erst im Wohnzimmer, dann in der Küche nach, wurden aber nicht fündig.
Livia beschlich ein ungutes Gefühl. „Sie wird doch nicht in Karens Zimmer sein?“, überlegte sie.
Arvins Augenbrauen zogen sich zusammen. „Wieso? Ich denke, der Raum ist abgeschlossen …“
Livia schluckte. Seit dem Tag, an dem Karen aus jenem Raum getragen worden war, hatte ihn niemand mehr betreten. „Es war an der Zeit, dass dort mal gelüftet und sauber gemacht wird“, erwiderte Livia tonlos. „Vielleicht hab ich vergessen, wieder abzuschließen.“
Arvin seufzte tief. „Sehen wir nach.“
Wenig später öffneten sie vorsichtig die Tür zu jenem Raum … und fanden Vanessa schlafend auf dem flauschigen Teppich vor. Sie hatte sich zu einer Kugel zusammengerollt und nuckelte herzallerliebst an ihrem rechten Daumen.
Einen Moment lang drohte Livias Herz vor lauter Liebe zu platzen. „Vielleicht ist es gut so“, flüsterte sie schließlich. „Früher oder später musste sie sich damit auseinandersetzen.“
Arvin antwortete nicht, sondern starrte nur wortlos in den Raum hinein.
„Am besten, wir lassen sie schlafen“, raunte Livia ihm zu. „Sie ist heute Morgen sowieso viel zu früh aufgestanden.“ Aber als sie leise den Rückzug antrat, musste sie feststellen, dass Arvin ihr nicht folgte. Er stand einfach nur so da und wirkte … irgendwie verkniffen … Erst jetzt bemerkte Livia auch, dass er die rechte Hand zur Faust geballt hatte …
Sie berührte ihn sanft an der Schulter. Offensichtlich war Vanessa nicht die Einzige, die sich mit gewissen Dingen auseinandersetzen musste. „Komm jetzt“, flüsterte sie.
Aber als sich Arvin zu ihr umdrehte, gefror ihr fast das Blut in den Adern. Sein Blick war eiskalt und voller Wut.
Schnell zog Livia die Tür zu. „Was ist los?“, fragte sie atemlos.
„Warum … warum hast du das getan?“, knurrte Arvin.
Livia sah ihn aus großen Augen an. „Was getan?“
„Das Bett!“, stieß er hervor.
Und dann dämmerte es Livia … „Du meinst … dass ich die Bettwäsche abgezogen habe?“
„Wir hatten besprochen, dass alles so bleibt, wie es ist!“, fuhr Arvin sie an. Er war inzwischen dichter an Livia herangetreten und hatte sich wie eine Schrankwand vor ihr aufgebaut.
„Ja, ich … ich hab extra nichts verrückt“, verteidigte sich Livia, „und auch nichts weggenommen … nur gelüftet und …“
„Und das Bett abgezogen, in dem sie gestorben ist!“, fauchte Arvin.
Livia trat unwillkürlich einen Schritt zurück, wurde aber von der Wand des Flures aufgehalten. Sie hatte sich noch nie so bedroht gefühlt wie in diesem Moment. Arvin stand direkt vor ihr und war mindestens anderthalb Köpfe größer als sie. Um ihm ins Gesicht sehen zu können, musste sie den Kopf fast vollständig in den Nacken legen. „Es … es tut mir leid“, stammelte sie. „Ich hab nicht gewusst, dass dich das stört!“
„Dass mich das stört? Dass mich das stört?“ Seine Hand schnellte vor und klatschte direkt neben Livias Kopf gegen die Wand des Flures. „Jetzt kann ich nie wieder dort sein! Nie wieder!“
„Wo sein? Wo?“, wollte Livia wissen.
„Da, wo sie war!“, keuchte Arvin. „Ihr Geruch …“ Als hätte er schon zu viel gesagt, blickte er in diesem Moment beschämt zur Seite.
„In ihrem Bett?“, flüsterte Livia. „Wann warst du denn dort?“ Sie dachte an die Nacht auf dem Friedhof – wie er dagesessen hatte, dicht am Grab – und begriff auf einmal, wie wenig sie im Grunde von ihm wusste. „Du hast in ihrem Bett geschlafen?“
Angesichts dieser Frage wandte sich Arvin ruckartig ab und ging davon.
„Wann? Nachts? Hast du nachts in ihrem Bett geschlafen?“, rief Livia hinter ihm her.
Arvin beschleunigte seinen Schritt.
Es war fast, als fliehe er vor ihr.
Livia folgte ihm. „Weich mir nicht aus“, wiederholte sie den Satz, den Arvin bei ihrer letzten Auseinandersetzung gebraucht hatte. „Ich will jetzt wissen, wie oft du seit Karens Tod in ihrem Bett geschlafen hast!“ Sie trippelte im Abstand weniger Zentimeter hinter Arvin her. „Ich hab ein Recht, das
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