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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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schlecht laufen?“
    Livia schnappte nach Luft. „D-das ist der Grund?“, stammelte sie. „Aber warum … ich meine … warum hat Arvin nichts davon gemerkt?“
    „Na, weil er ein Dummkopf ist.“ Enno schüttelte fast ein wenig mitleidig den Kopf. „Jedenfalls in bestimmten Bereichen. Er hat nur Computer und Programme im Kopf. Was die betriebswirtschaftlichen Dinge anbelangt, ist er total unzurechnungsfähig …“
    „Weil er dir vertraut hat!“, fuhr Livia ihn an. Und dann machte sie unwillkürlich ein paar Schritte auf ihn zu. „Weil er geglaubt hat, er könnte sich auf dich verlassen!“
    „Stop“, knurrte Enno und richtete seine Waffe neu auf Livia aus. Er war auf einmal wieder voll bei der Sache.
    Livia erschrak und blieb stehen.
    „Und jetzt drehst du dich um!“, befahl Enno.
    „Nein!“, widersprach Livia. „Erst will ich wissen, welche Rolle ich in diesem ganzen Durcheinander spiele.“
    „Rolle? Du?“, lachte Enno. „Du hast eine Statistenrolle. Mehr nicht. Und jetzt dreh dich um.“
    „Du hast gesagt, ich hätte den Hals nicht vollkriegen können …“
    „Ich hab gesagt, Livia hat den Hals nicht vollkriegen können. Sie wollte immer mehr Geld sehen, immer mehr, verstehst du?“ Um Ennos Mund bildete sich ein bitterer Zug. „Am Anfang haben wir es redlich geteilt, aber dann …“ Er wippte eine Weile unruhig hin und her, bis es schließlich ungebremst aus ihm herausbrach: „Sie war nicht nur geldgierig, sondern auch männergeil. Als ich anfing, sie zu langweilen, hat sie einfach Schluss gemacht und sich den Nächstbesten geangelt! Einen Vollidioten. Du hast schon Bekanntschaft mit ihm gemacht. Du weißt schon, der Typ mit der Baseballkappe.“ Er schüttelte missbilligend den Kopf. „Schon als du mir zum ersten Mal von ihm erzählt hast, ahnte ich, um wen es sich dabei handelt. Aber erst als er Geld von dir wollte, wurde mir klar, welche Gefahr er für mich darstellt. Anscheinend hatte Livia ihm von den Unterschlagungen erzählt. Aber es hat lange – eigentlich viel zu lange – gedauert, bis ich seinen Namen und seine Adresse in Erfahrung bringen konnte.“ Ennos Gesichtsausdruck war jetzt so hart, dass Livia ein kalter Schauer über den Rücken rieselte. „Torsten Waldeck“, fuhr er fort. „Ist dir eigentlich aufgefallen, dass du eine ganze Weile nichts mehr von ihm gehört hast?“ Er grinste fies. „Auch eine Leiche, die nie gefunden werden wird.“
    „Du … du hast ihn umgebracht?“, flüsterte Livia ungläubig.
    „Ich hoffe nur“, seufzte Enno, „dass er mein einziger Nachfolger war. Nicht auszudenken, was passiert, wenn da noch mehr Typen auftauchen … Sag, gab’s da noch andere Kerle, denen du von unseren … Geschäften erzählt hast?“
    „Es … es tut mir leid, wenn ich dich betrogen habe“, stammelte Livia. Was hatte sie nur angerichtet? Es war, als zöge sich eine Spur der Verwüstung durch ihr gesamtes bisheriges Leben!
    Seltsamerweise fing Enno an dieser Stelle schon wieder an zu kichern. „Du bist unglaublich, weißt du das? Genau das Gegenteil von ihr, ehrlich. Und wenn du nicht so dumm gewesen wärst und diesen Schalter betätigt hättest …“ Er schwenkte den Gewehrlauf rüber zu dem kleinen Kassettenrekorder und dann zurück zu Livia. „Vielleicht hätte ich sogar Gefallen an dir gefunden …“
    Vielleicht , dachte Livia, aha.
    „Jedenfalls war der Betrug nicht das Schlimmste“, nahm Enno den Faden wieder auf. „Viel schlimmer als der Betrug war diese Gier, diese unersättliche Gier.“ Er ballte seine linke Hand zur Faust. „Obwohl sie längst einen anderen hatte, hat sie weiter ihren Anteil an den monatlichen Einnahmen verlangt. Kannst du dir so was vorstellen? Macht mit einem anderen rum und erwartet, dass ich ihr das finanziere?!“ Er hatte die Faust inzwischen erhoben und fuchtelte damit herum. Auf diese Weise ließ er keinen Zweifel daran, wie wütend sie ihn gemacht hatte. „Aber nicht mit mir. Nicht mit mir!“
    Währenddessen stand Livia einfach nur so da und starrte ungläubig auf Ennos Mund. Jedes Wort, das er sprach, zog ihr ein Stückchen Boden unter den Füßen weg. Was er sagte, klang, als wäre es die Wahrheit. Aber es fühlte sich nicht so an. War es möglich, dass sie das alles getan hatte? Dass sie kriminell war?
    „Als ich mich weigerte, ihr das Geld zu überweisen“, fuhr Enno fort, „hat sie mich erpresst.“ Er lachte auf. „Ich war ja so blöd … Hab alles mit ihr geplant … Sie wusste alles, jedes Detail.

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