Als gaebe es kein Gestern
Und doch gab es keinen Beweis, dass sie da mit drinsteckte! Sie hatte mich in der Hand!“
Livia schauderte.
„Aber dann hat sie einen Fehler gemacht …“ Enno entspannte sich plötzlich, ließ seine linke Hand sinken und öffnete seine Faust. „Sie hat mehr als ihren Anteil verlangt.“
Livia hing förmlich an Ennos Lippen.
„Das konnte ich nicht dulden.“
„Was … was hast du gemacht?“, flüsterte Livia.
Enno zuckte die Achseln. „Ich hab sie erschossen.“
Einen Moment lang herrschte einfach nur Stille. Dann sagte Livia: „Häh?“
„Jetzt staunst du, was?“, grinste Enno.
„Du meinst wahrscheinlich, dass du den Autounfall herbeigeführt hast“, mutmaßte Livia. Nach all den Anschlägen hatte sie sich schon häufiger gefragt, ob es bei dem ersten Autounfall mit rechten Dingen zugegangen war.
„Nein, ich hab sie erschossen“, beharrte Enno, erläuterte aber auch jetzt nicht, was er damit meinte. Anscheinend genoss er Livias Verwirrung.
„Ich glaub, du bist geisteskrank“, sagte Livia.
„Livia Scholl ist tot“, sagte Enno mit fester Stimme. „Sie starb durch eine Kugel aus diesem …“ – er deutete auf das Gewehr, das er in Händen hielt – „… Ding hier.“
„Du bist geisteskrank“, wiederholte Livia und atmete innerlich ein wenig auf. Vielleicht stimmte nichts von dem, was er gerade gesagt hatte …
„Das Problem war, dass ich absolut keine Lust auf polizeiliche Ermittlungen hatte“, lächelte Enno. Er machte jetzt den Eindruck, als wäre er recht zufrieden mit sich selbst. „Deshalb musste Livia unbedingt eines natürlichen oder sagen wir … erklärbaren Todes sterben!“
Livia verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. „Wenn ich gestorben bin, was tu ich dann hier, hm?“
„Warte doch ab. Du kommst schon noch ins Spiel“, grinste Enno. „Also … einen Herzinfarkt konnte ich schlecht vortäuschen, deshalb kam ich auf die brillante Idee mit dem Autounfall. Die Schwierigkeit bestand darin, dass Livias Leiche eine Schussverletzung aufwies. Und man kennt ja die Begeisterung der Polizei für Autopsien und dergleichen. Deshalb hab ich Livias Leiche vergraben. Und zwar so, dass niemand sie jemals finden wird. Erstes Problem gelöst. Jetzt brauchte ich nur noch …“ – er strahlte sie fröhlich an –, „… eine intakte Leiche!“
Livia war die Verständnislosigkeit in Person und sah auch so aus.
„Also bin ich ein bisschen herumgefahren … hab mich umgesehen … und schließlich … nach anderthalb Tagen … auf ’nem Rastplatz ganz in der Nähe von Hamburg … dich gefunden.“ Er strahlte inzwischen über das ganze Gesicht. „Du warst genau die Richtige, hattest die gleiche Größe, die gleiche Statur, die gleiche Haarfarbe. Du hattest sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit Livia.“
Livia erstarrte wie zur Salzsäule.
„Du kamst aus der Damentoilette. Ich musste dich nur kurz zu meinem Auto locken. Dort hab ich dich niedergeschlagen. Dann bin ich mit dir nach Hause zurückgefahren, hab dir Livias Kleider angezogen, ihren Schmuck … hab dich hinter das Steuer deines …“ Er verdrehte plötzlich die Augen. „Also, jetzt komm ich schon selbst durcheinander … ihres Autos gesetzt … na ja, eigentlich war es Arvins Wagen … egal … dann hab ich dich den Abhang hinuntergeschubst. Gut, nicht?“
Vor Livias Augen drehte sich alles.
„Leider hat ein Teil des Planes versagt. Ich hatte dafür gesorgt, dass das Auto Feuer fängt, hab aber nicht damit gerechnet, dass so schnell Hilfe kommt. Offensichtlich wurde das Feuer gelöscht, bevor du komplett verbrannt bist. Das war ziemliches Pech.“
„Du … du lügst“, stammelte Livia.
„Als klar wurde, dass du den Unfall überlebst, ist mir der Arsch ganz schön auf Grundeis gegangen, das kannst du mir glauben“, fuhr Enno unbeirrt fort. „Die Kopfverletzungen kamen mir natürlich entgegen, trotzdem musste ich damit rechnen, dass du dich irgendwann an alles erinnerst. Zuerst hab ich dafür gesorgt, dass dein Zahnarzt keinen Schock kriegt, wenn er dich mal behandelt.“ Er grinste amüsiert, stellte dann aber fest, dass Livia nicht mitlachte. „Warst du eigentlich mal beim Zahnarzt seit dem Unfall?“
Livia schüttelte nur den Kopf.
„Dann hätte ich mir das also sparen können“, seufzte Enno. „Und den Rest auch …“ Sein Blick verfinsterte sich. „Ich hab mehrmals versucht, dich endgültig aus dem Weg zu räumen. Geräuschlos natürlich.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber du
Weitere Kostenlose Bücher