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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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das Gefühl, dass ihn gar nichts mehr freut. Es tut mir wirklich leid, Livia.“
    „Aber er ist mein Mann!“, entfuhr es Livia.
    Karen bedachte Livia mit einem verwunderten und zugleich seltsam prüfenden Blick. „Bist du mittlerweile davon überzeugt?“, fragte sie vorsichtig.
    Livia antwortete nicht gleich. „Ich weiß es nicht“, seufzte sie. „Vorhin hatte ich das Gefühl, als würde die Tapete in der Küche irgendetwas in mir auslösen. Aber dann war es genauso schnell wieder vorbei, wie es angefangen hat …“ Sie machte einen Schritt auf die Garderobe zu und betrachtete sich in dem Spiegel, der dort hing. Dabei fiel ihr auf, wie ungekämmt sie aussah. Ihre braunen Haare erinnerten eher an einen Handfeger als an eine Frisur. Dann zupfte sie an dem blauen Sweatshirt herum, das sie trug. Es hatte eine schöne, leuchtende Farbe, war aber ansonsten eher funktionell als elegant. Der Spiegel war da ziemlich ehrlich zu ihr. Wenn sie Arvin auf sich aufmerksam machen wollte, würde sie sich zumindest ein bisschen besser kleiden müssen … „Besitze ich eigentlich noch mehr Sachen?“
    Karen hob fragend die Augenbrauen. „Wie meinst du das?“
    „Na ja … Ich hab kaum was anzuziehen. Die Sachen, die ich aus dem Krankenhaus mitgebracht habe, können unmöglich die einzigen Sachen sein, die ich jemals besessen habe.“
    Karen ging an Livia vorbei in Richtung Küche. „Hast du was zu trinken für mich?“
    Livia sah ihr zunächst verwundert nach, folgte ihr dann aber. „Ich schätze, du kennst dich hier ’ne Ecke besser aus als ich“, kommentierte sie Karens Frage.
    Karen stimmte ihr wortlos zu, indem sie auf einen bestimmten Schrank zuging, ihn öffnete und ein Glas daraus hervorholte. Damit ging sie zum Waschbecken, öffnete den Wasserhahn und befüllte das Glas. „Willst du auch was?“
    „Nur ’ne Antwort“, sagte Livia und stemmte herausfordernd die Hände in die Hüften.
    Karen reagierte nicht. Stattdessen hob sie das Glas und trank in langsamen Schlucken daraus.
    Livia beobachtete sie und verfolgte mit ihrem Blick einen einzelnen Tropfen Wasser, der sich aus Karens rechtem Mundwinkel löste, zum Kinn hinunterrann und von dort auf den Fußboden tropfte.
    Als Karen fertig war, sagte sie: „Lecker. Ich weiß, dass du kein Wasser magst. Deshalb hab ich dir Saft mitgebracht. Überhaupt hab ich allerhand schöne Sachen für dich eingekauft. Willst du mal sehen?“
    Livia schüttelte entschieden den Kopf. „Du weichst mir aus“, stellte sie fest. „Wenn es um Arvin geht, versteh ich deine Zurückhaltung ja. Schließlich ist er dein Bruder. Aber warum sagst du mir nicht, wo sich mein Eigentum befindet?“
    Karen senkte den Blick. Einen Moment lang schien sie mit sich zu ringen. Dann blickte sie wieder auf. „Er hat sie weggeworfen“, sagte sie tapfer.
    Livias Augen weiteten sich. „Wer? Arvin?“
    Karen nickte betreten.
    „Meine Kleidungsstücke?“
    Karen nickte erneut.
    „Alle?“
    Karen nickte zum dritten Mal, woraufhin Livia zu einem der Küchenstühle wankte und sich erst einmal setzen musste. Einen Moment lang war sie sprachlos, dann fragte sie fast flüsternd: „Er hat gehofft, dass ich sterbe, nicht wahr?“
    Karen stellte das Glas weg und ging auf Livia zu. Direkt hinter ihr blieb sie stehen und begann, sanft ihre Schultern zu massieren. „Es tut mir leid, Livia.“
    „Ich muss ihn furchtbar enttäuscht haben“, sagte Livia bitter. „Kein Wunder, dass er mich unter diesen Umständen so ungern aufnimmt.“
    „Es sah damals schlecht aus“, verteidigte Karen ihren Bruder. „Niemand hat wirklich geglaubt, dass du es schaffen würdest. Nicht mal die Ärzte.“
    Livia ballte ihre Hände zu Fäusten. „Und es wäre auch so viel praktischer gewesen, wenn ich gestorben wäre. Arvin hätte seine Ruhe … du hättest auch ein Problem weniger –“
    „Jetzt ist aber Schluss!“, entfuhr es Karen. „Ich kümmere mich gern um dich. Das weißt du.“
    „Wenn ich woanders wohne jedenfalls …“
    Karen stöhnte auf.
    Livia erkannte eine Mischung aus Wut und Verzweiflung in diesem Geräusch und war nicht verwundert, als Karen gleich darauf ihre Massage einstellte. „Tut mir leid“, sagte Livia zerknirscht. „Ich sollte nicht immer wieder davon anfangen …“
    Karen antwortete nicht. Sie stand einfach nur schwer atmend hinter Livia.
    „Verzeihst du mir?“, fragte Livia kleinlaut. Da sie auch jetzt keine Antwort erhielt, drehte sie sich zu ihrer Schwägerin um und stellte mit Entsetzen

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