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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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Wuschelfrisur.
    Karen sagte tatsächlich nichts. Sie starrte nur nachdenklich auf Livias Haare. Frisch frisiert hatten sie noch weniger Ähnlichkeit mit früher …
    „Na, wie sehe ich aus?“ Livia drehte Karen ihre Vorderseite zu und strahlte sie erwartungsvoll an.
    „Sehr hübsch“, krächzte Karen und betrachtete nunmehr Livias Pullover. Nach einer Weile murmelte sie: „Früher hast du beige gehasst.“
    Livias Lächeln erstarb. „Wirklich?“
    Karen nickte. „Soweit ich weiß, schon.“
    „Hm. Dann hat sich mein Geschmack wohl verändert …“ Sie überlegte. „Oder nicht? Im Grunde weiß ich gar nicht, was ich mag und was nicht. Ich hab mir nie Gedanken darüber gemacht …“
    „Früher wusstest du das sehr gut“, stellte Karen fest.
    „Aha“, machte Livia. Zeitgleich bildete sich ein Ausdruck von Besorgnis auf ihrem Gesicht. „Die Adresse meines Zahnarztes …“, sagte sie plötzlich. „Hat Arvin dir die inzwischen gegeben?“
    Karens Gesichtsausdruck war nicht viel entspannter als Livias. „N-nein“, stammelte sie. „Ich muss wohl … vergessen haben, danach zu fragen.“ Ihre Gedanken wanderten ein paar Stunden zurück und verweilten bei dieser klitzekleinen Kleinigkeit, die sie gestern Mittag in Livias ehemaligem Krankenzimmer gefunden hatte … Arvin würde das Ganze abtun, aber sie selbst war noch nie so verwirrt gewesen wie jetzt. Und deshalb hatte sie sie auch aufbewahrt. Zu Hause. In einer Plastiktüte.
    „Schade“, seufzte Livia. „Ich hab zwar beschlossen, meine Identität zu akzeptieren, aber es wäre trotzdem nicht schlecht, wenn ich ganz sicher sein könnte.“
    „Der Albtraum …“, hörte Karen sich sagen. „Du hast gesagt, dass du gehört hast, wie der Mann aufgestöhnt hat. Glaubst du, er hat vor Schmerzen gestöhnt?“
    „Vor Schmerzen? … Keine Ahnung!“, stammelte Livia. „Wieso fragst du das? Ich dachte, du hältst es nur für einen Traum!“
    „Das tue ich ja auch“, lachte Karen. Sie merkte selbst, wie gekünstelt es klang. „Ich denke aber … na ja, dass Träume … wie soll ich sagen … einiges über die Psyche verraten können. Deshalb ist es wichtig, dass du dir die Details noch einmal ins Gedächtnis rufst.“
    „Das will ich aber nicht“, entfuhr es Livia. „Ich will nichts davon in meinem Gedächtnis haben. Gar nichts!“ Und mit diesen Worten drehte sie sich wieder dem Spiegel zu, griff nach ihrer Kulturtasche und begann, hektisch darin herumzukramen. „Der Pony ist zu lang“, verkündete sie und holte erst einen Kamm, dann die Zahnbürste und der Reihe nach noch einige andere Gegenstände aus der Tasche. „Wo zum Donnerwetter ist meine Nagelschere?“, fauchte sie schließlich. Aber als sie sich zu Karen umdrehte, war diese spurlos verschwunden.

Kapitel 12
    In den nächsten beiden Wochen war Livia vollauf damit beschäftigt, in ihre neue Rolle als Hausfrau hineinzuwachsen. Sie musste alles von Grund auf lernen. Jeder Handgriff war neu für sie, jede Kleinigkeit mit Schwierigkeiten behaftet. Und dann erst die Tatsache, dass ihr eigentlich nur eine Hand zur Verfügung stand …
    Aber sie hatte ja alle Zeit der Welt. Und so kämpfte sie sich tapfer durchs Wäschewaschen, -aufhängen, -falten und -bügeln, durchs Fensterputzen, Gardinenwaschen, Staubwischen, Saugen und Bödenschrubben.
    Und das alles, damit Arvin mit ihr zufrieden war!
    Was er nicht war …
    Oder zeigte er es einfach nicht?
    Auf jeden Fall ging er ihr weiter aus dem Weg. Abends kam er vor zehn Uhr nicht nach Hause und selbst die Sonntage verbrachte er woanders. Einmal begegnete sie ihm, allerdings mehr aus Zufall, weil er etwas vergessen hatte und ins Haus zurückgekehrt war. Aber auch bei dieser Gelegenheit murmelte er nur einen Gruß und vermied jedes weitere Gespräch.
    Vielleicht gehörte er zu den Männern, die keinen besonderen Wert auf ein geputztes Haus legten.
    Livia seufzte tief. Vielleicht gehörte er auch zu den Männern, die keinen besonderen Wert auf eine Frau legten …
    ❧
    Eine weitere Woche verging und drückte auf Livias Stimmung. Sie ertappte sich jetzt immer häufiger dabei, dass sie morgens nicht aus dem Bett kam und tagsüber zu viel fernsah.
    Als Karen eines Nachmittages vorbeikam, empfing Livia sie mit einem „Ich hab nachgedacht“. Die beiden Frauen standen noch im Flur. Karen nahm gerade einen Bügel von der Garderobe, um ihre Jacke aufzuhängen. „Wenn ich mich vor Arvin verstecke, werden wir in hundert Jahren noch wie zwei Fremde

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