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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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… ein Allerweltsname …“
    „Aber es muss doch eine Möglichkeit geben, ihre Adresse herauszufinden!“, entfuhr es Livia. „Ich brauche das!“
    Karen überlegte einen Moment. „Man kann nur heiraten, wenn man seine Geburtsurkunde vorlegt. Das bedeutet, dass beim Standesamt zumindest dein Geburtsort und die Vornamen deiner Eltern gespeichert sind. Ich denke, ich könnte da mal nachfragen.“
    „Tu das“, seufzte Livia. „Bitte, bitte, tu das.“
    ❧
    In den darauffolgenden Tagen nutzte Livia jede Gelegenheit, um mit Karen das Einkaufen zu üben. Es gab ein kleines Einkaufszentrum, das nur etwa anderthalb Kilometer vom Haus entfernt lag. Karen übte zuerst den Fußweg mit Livia und dann das Einkaufen selbst. Dabei wählte sie stets Zeiten, in denen nicht so viel los war, die Mittagszeit etwa oder den ganz späten Abend.
    War es am Anfang schon ein Erfolg gewesen, wenn Livia nur ein einziges Produkt korrekt in den Einkaufswagen befördert hatte, so war sie bald in der Lage, einen Zettel mit mehreren Produkten abzuarbeiten. Allerdings hatte sie mit dem Bezahlen furchtbare Schwierigkeiten. Die anderen Menschen in der Schlange, das Piepsen des Scanners und die Geräusche rundherum lenkten sie so sehr ab, dass sie völlig planlos reagierte, wenn sie an der Reihe war.
    Schließlich führte Karen ein Gespräch mit der Geschäftsleitung. Die war so aufgeschlossen, dass alle Mitarbeiter über Livia informiert wurden und ihre freundliche Mithilfe zusicherten. So kam es, dass Livia meistens schon am Eingang ganz besonders freundlich begrüßt wurde. Später wurde dann eine Kasse nur für sie allein geöffnet.
    Es dauerte allerdings noch ein paar weitere Tage, bis Livia auch Karen davon überzeugt hatte, dass es ihr guttun würde, im Bereich des Einkaufens endlich selbstständig zu werden. Erst nachdem Livia ihr versichert hatte, dass sie in erster Linie Vollkornbrot, Marmelade, Obst und Gemüse einkaufen würde, willigte Karen schließlich ein. Und sie sorgte auch dafür, dass in einer der Küchenschubladen immer ein wenig Geld zu finden war. Von nun an ging Livia täglich allein einkaufen. Von nun an standen jeden Tag frische Weintrauben in der Küche. Und von nun an stürmte Livia jeden Morgen zuallererst an eben diesen Ort. Lagen die Weintrauben unberührt da, so reagierte sie enttäuscht. Waren sie aber dezimiert worden, so strahlte sie über das ganze Gesicht. Insgesamt aber, das merkte sie deutlich, sprach der Absatz dafür, dass Arvin tatsächlich gern Weintrauben aß. Kernlose allerdings, das fand sie schnell heraus, mundeten ihm besser als andere. Weiße aß er lieber als rote. Und kleine kernlose aus der Türkei gingen am besten weg.
    Nachdem das nun geklärt war, wandte sich Livia dem zweiten Projekt zu: Lakritz. Sie kaufte eine Tüte mit Stafetten, also Lakritzstäbchen, die mit buntem Zucker umhüllt waren (das war die einzige Art von Lakritz, die sie auch selbst mochte), und stellte sie in einem Schälchen auf den Wohnzimmertisch. Vorsichtshalber zählte sie sie durch. Nach drei Abenden, an denen nicht ein einziges Lakritzstäbchen verschwunden war, stand fest, dass Stafetten nicht das Richtige waren. Etwas anderes musste her. Livia entschied sich für „Katjes-Kinder“ und wandte auch hier die Zähltechnik an. Das Ergebnis der ersten drei Abende war verwirrend. Am ersten hatten fünf der kleinen Kätzchen gefehlt, am zweiten keine, am dritten drei. Was sollte sie denn davon
halten?
    Sie entschied sich, Tagebuch über Arvins Reaktionen zu führen und das Ganze ein bisschen zu beschleunigen. Deshalb kaufte sie eine Tüte Haribo Color-Rado und eine Tüte Lakritz-Konfekt, mischte beide und stellte sie in einer größeren Schale ins Wohnzimmer. Auch in diesem Fall zählte sie die einzelnen Sorten sorgfältig durch. Allerdings wurde schnell klar, dass keine davon zu Arvins Lieblingssorte gehörte. Er rührte sie gar nicht erst an.
    Allmählich wurde es schwieriger. Der Laden, in dem Livia normalerweise einkaufte, führte auch noch Katzenpfötchen, Salz-Brezeln und saure Heringe. Von den Brezeln verschwanden ein paar, aber es waren nicht wirklich viele. Alles andere blieb stehen.
    Da ihre Einkaufsmöglichkeiten nun erschöpft waren, wandte sich Livia an Karen. Schon ein paar Tage später brachte diese ihr Lakritzschnecken mit. Aber auch die schienen Arvin nicht zu munden.
    Jetzt wurde es auch für Karen schwieriger. Als Livia am darauffolgenden Samstag bei Karen zu Mittag aß, hatte sie keine neuen Sorten

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