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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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„Und niemand will mich aufklären …“ Fast flehend sah sie ihn an. „Was ist denn nur passiert?“, flüsterte sie.
    Aber Arvins Lippen blieben schmal. „Lass mich einfach in Ruhe“, sagte er kalt. „Leb du dein Leben und ich lebe meins. Dann werden wir hervorragend miteinander auskommen.“
    „Du verlangst von mir, dass ich dein Haus teile, aber nichts verändere, dass ich deine Ehefrau bleibe und niemals erfahre, was zwischen uns vorgefallen ist?“, brach es aus Livia hervor. Durch ihre Bewegungen rutschte das Buch von der Bettdecke und landete mit einem sanften Geräusch auf dem Teppichboden. „Das kann nicht dein Ernst ein!“
    „Du kannst ja ausziehen“, sagte Arvin. Seine tiefschwarzen Augen strahlten eine unglaubliche Härte aus. „Eine Wohnung ganz für dich allein – wie wär das? Oder noch besser: Du gehst ins Krankenhaus zurück.“
    Livias Mund öffnete sich wie von selbst, doch sie brachte keinen Ton zustande. Die Genugtuung in seinem Tonfall sprach Bände. Er kannte ihre Ängste. Er wusste alles und sie wusste nichts …
    „Also?“ Ein triumphierendes Lächeln umspielte Arvins Lippen.
    Am liebsten hätte sie sich auf ihn gestürzt und dieses Lächeln aus seinem Gesicht geprügelt! Stattdessen griff sie zu der einzigen Waffe, die ihr jetzt noch einfiel … „Vielleicht später“, antwortete sie mühsam. „Zuerst werde ich herausfinden, was zwischen uns vorgefallen ist – auch ohne deine Hilfe, wenn es sein muss. Karen hat mir erzählt, dass wir in der Kirche getraut wurden, die ihr beide sonntags immer besucht. Du hast doch nichts dagegen, wenn ich nächsten Sonntag mal mitkomme?“
    Arvin öffnete den Mund, um diese Bitte empört abzulehnen, zögerte dann jedoch. Einen Moment lang wirkte er hilflos und unentschlossen, dann bellte er: „Natürlich nicht!“ Sprach’s und war auch schon zur Tür hinaus, welche gleich darauf mit einem lauten Knall ins Schloss fiel.
    Livia sah ihm fassungslos nach. Fassungslos, weil sie nicht mit einem Ja gerechnet hatte. Weil Karen ihren Bruder augenscheinlich doch besser kannte, als sie es für möglich gehalten hätte. Und weil sie erbeten hatte, was sie überhaupt nicht tun wollte …
    ❧
    Die nächsten Tage krochen dahin wie eine Schnecke auf dem Weg durch den Garten. Livia stand mehrfach davor, einen Rückzieher zu machen. Was sollte sie in einer Kirche? Sie hatte sich noch nie Gedanken über Gott gemacht. Jedenfalls nicht seit ihrem Unfall. Und vorher? Sie wusste es nicht und sie wollte auch nicht darüber nachdenken. Sie hatte auch so schon genug Probleme. Abgesehen davon fragte sie sich allmählich, ob Arvin all diese Mühen wert war. Sie sah ihn immer noch in ihrer Tür stehen … die Brille schief auf der Nase … die Augen voller Wut und Hass … Und das alles wegen der paar Grünpflanzen, die sie im Wohnzimmer deponiert hatte … und die Arvin schon längst wieder entsorgt hatte. Durfte man sich so verhalten, wenn man an Gott glaubte?
    Vielleicht war es besser, wenn sie sich von ihm fernhielt. Vielleicht war er ein schlechter Mensch. Vielleicht war das der Grund für das Scheitern ihrer Ehe.
    Vielleicht.
    Es war nur der Schatten eines Zweifels. Meist ließ er sich ganz gut unterdrücken. Dann erinnerte sie sich an Arvins Kälte und Gleichgültigkeit. Aber wenn sie unaufmerksam war, schlichen sich andere Gedanken in ihren Kopf. Karen und ihr unerschütterliches Vertrauen zu Arvin. Die Tatsache, dass er jeden Sonntag in die Kirche ging. Nein, sie konnte diesen Termin nicht absagen. Sie musste herausfinden, was vorgefallen war!
    Am Sonnabendmorgen verließ Livia das Haus, um einkaufen zu gehen. Als sie vor die Tür trat, stellte sie fest, dass über Nacht der Frühling ausgebrochen war. Es war viel wärmer als gestern, bestimmt mehr als fünfzehn Grad. Und die Sonne schien – jedenfalls auf dem Nachbargrundstück! Livia selbst stand im Schatten, was damit zusammenhing, dass auf Arvins Grundstück so ziemlich alles im Schatten lag. Ganz anders das Nachbargrundstück. Dort gab es überhaupt keine Bäume oder größeren Büsche, nur Beete und Blumen, Blumen, Blumen …
    Livia ließ ihren Blick über die bunte Pracht schweifen und entdeckte dabei ihre Nachbarin, die auf den Knien vor einem dieser Beete hockte und ganz offensichtlich Unkraut zupfte.
    Tulpen , dachte Livia sehnsüchtig, Osterglocken … Hyazinthen … in Blau … und Pink … Gedankenverloren näherte sie sich ihrem Traumbeet und hatte auf einmal das Gefühl, als würde es sich

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