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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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sie genauso hart und gereizt, wie sie es von ihr gewohnt war. „Musst du jetzt telefonieren oder können wir diese Sache zu Ende besprechen?“ Livia lauschte fasziniert seinen Worten. Sie hörte ihn nicht oft sprechen. Und sie hatte sich schon häufig gefragt, ob er mit anderen Menschen genauso umging wie mit ihr …
    „Was … äh … was kann ich für Sie tun?“, fragte Enno.
    Livia antwortete nicht gleich, begriff aber, dass sich Enno in einer schwierigen Situation befand. „Kannst du kommen?“, presste sie hervor.
    Pause.
    „Was ist nun?“, verlangte Arvin.
    „Moment noch!“ An Ennos ärgerlichem Tonfall konnte Livia ablesen, dass Arvin gemeint war. Dann wurde seine Stimme wieder freundlicher, klang aber noch genauso geschäftsmäßig. „Sicher. Wann?“
    „Sofort?“
    „Halbe Stunde, okay?“
    „Okay.“
    Es dauerte jedoch fast eine Stunde, bis Enno tatsächlich vor der Tür stand. In dieser Zeit hatte Livia so viele Süßigkeiten gegessen, dass ihr richtig schlecht war.
    „Endlich!“, seufzte Livia, als sie die Tür öffnete.
    „Alles in Ordnung?“, fragte Enno und musterte Livia erst einmal von oben bis unten. Er trug einen perfekt sitzenden schwarzen Anzug und ein silberfarbenes, in verschiedenen Schattierungen schimmerndes Hemd mit einer grauen Krawatte.
    „Ich hab dich von der Arbeit weggeholt“, sagte Livia schuldbewusst.
    „Du hast mich direkt aus der Höhle des Löwen geholt“, grinste Enno und trat ein. Dann umarmte er Livia. „Arvin hat eine saumäßige Laune. Ist irgendetwas vorgefallen?“
    Livia hielt sich heute ein bisschen länger als sonst an Enno fest und atmete das frische, männliche Aftershave ein, das er immer benutzte. Es tat so gut, einen Freund zu haben! „Wir haben uns gestritten“, sagte sie mit kläglicher Stimme und sah zu ihm auf.
    „Das ist ja eigentlich nichts Neues“, lächelte Enno und steuerte auch schon auf die Küche zu. „Kaffee im Wohnzimmer – so wie immer?“
    Livia nickte nur, folgte Enno aber dennoch in die Küche.
    Dort angekommen, fiel Ennos Blick auf die beiden leeren Gummibärchentüten, die neben dem Kühlschrank auf der Arbeitsplatte lagen. Er drehte sich zu Livia um und fragte sanft: „Hast du wenigstens gefrühstückt?“ Als Livia verlegen zu Boden blickte, schüttelte er missbilligend den Kopf, öffnete den Kühlschrank und holte Brot heraus.
    „Lass das“, bat Livia. „Mir ist jetzt schon schlecht. Wenn ich auch noch Brot esse, kannst du anschließend den Boden wischen.“
    Enno schüttelte erneut den Kopf, legte das Brot jedoch in den Kühlschrank zurück und setzte stattdessen Kaffee auf. „Ich hab das Beet gesehen“, sagte er, als er die Kaffeedose wieder verschloss und in den Schrank zurückstellte.
    Livia schluckte ein paarmal. „Er hat ganze Arbeit geleistet, was?“
    Enno schaltete die Kaffeemaschine ein, nahm ein Tablett und bestückte es mit Tassen, Untertassen und Milch. „Es sieht aus, als hätte eine ganze Horde Wildschweine darin herumgewütet.“
    Livia starrte auf die Kaffeemaschine, die inzwischen zischende und gluckernde Geräusche von sich gab, sah in Wirklichkeit aber Arvin vor sich, wie er mit vor Wut verzerrtem Gesicht auf ihre Blumen eintrat. Er hatte in der Tat „wild“ gewirkt. Sie schauderte. „Es war so schrecklich“, flüsterte sie.
    Enno legte einen Arm um sie und schob sie in Richtung Tür. „Jetzt setzen wir uns erst mal“, entschied er. „Und den Kaffee hol ich später.“ Er führte Livia durch den Flur und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Als er jedoch sah, was dort auf dem Fußboden lag, blieb er erschrocken stehen. „Wow“, entfuhr es ihm. „Ist das der Grund für seine schlechte
Laune?“
    Livia starrte verblüfft auf die Reste des Teddys. Sie hatte angenommen, dass Arvin sie wegräumen würde. „Ich wollte ihn aus der Reserve locken …“, antwortete sie mit unsicherer Stimme.
    „Und? Hat’s was gebracht?“
    Livia schloss für einen Moment die Augen und ließ dadurch zwei Tränen herauskullern. Als sie es bemerkte, entwand sie sich Ennos Griff und drehte ihm den Rücken zu. „Das Schlimmste“, schluchzte sie nach einer Weile, „das Schlimmste ist, dass ich einfach nicht weiß, was ich von ihm halten soll. Meistens hasse ich ihn. Aber dann wiederum … hab ich den Eindruck, als wäre der Arvin, den ich sehe, nicht der Arvin, der er ist.“ Sie schüttelte heftig den Kopf. „Du wirst das sicher nicht verstehen, aber … gerade gestern, da … da hatte ich den

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