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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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sich meist aus der Unterhaltung aus und wechselte das Thema. Solche Fragen schienen ihn einfach nicht zu bewegen.
    Dafür war er ein sehr großzügiger Mensch, der stets etwas Süßes dabei hatte, wenn er Livia besuchte.
    Und das war Livias Rettung.
    Ein paar Tage nämlich nachdem Karen Livias Süßigkeitenvorräte in der Küche entdeckt hatte, war Livia an ihren Schrank gegangen und … hatte ihn leer vorgefunden! Und nicht nur das. Auch die Geldvorräte, aus denen sie sich immer bedient hatte, waren verschwunden! Dafür war der Kühlschrank mit allem gefüllt, was das Herz eines vollwertigen Essers begehrte.
    Livia tobte, rief Karen an und musste sich sagen lassen, dass ihr bis auf Weiteres kein eigenes Geld mehr zur Verfügung stünde. Sie selbst, Karen, würde von nun an für die Einkäufe sorgen.
    Livia war sicher, dass sie sich eine solche Bevormundung nicht gefallen lassen musste, wusste aber nicht, wie sie sich dagegen wehren sollte. Also konzentrierte sie sich darauf, ihren Bedarf an Süßem auf andere Weise zu decken.
    Unglücklicherweise schien auch Arvin an der Verschwörung beteiligt zu sein. Wann immer Livia Süßigkeiten im Haus deponierte, die sie von Enno oder Gunda erhalten hatte, musste sie um deren Sicherheit fürchten. Manche verschwanden auf ungeklärte Weise, andere fielen den Inspektionen zum Opfer, die Karen in regelmäßigem Abstand im Haus und vor allem in Livias Zimmer durchführte. Aus diesem Grund war Livia gezwungen, sich immer ausgefeiltere Verstecke für ihre eisernen Reserven auszudenken. Sie versteckte Gummibärchen in der Standuhr, Kaubonbons in Vasen und Mäusespeck hinter alten Gemälden.
    „Manchmal könnte man glauben, du findest Gefallen an diesem Spielchen“, seufzte Enno, als er eines Tages eine leicht versengte Plastiktüte mit Colafläschchen aus einem Lampenschirm zog.
    „Niemand benutzt diese Lampe!“, empörte sich Livia, die gerade ins Wohnzimmer zurückkehrte.
    Enno zuckte bedauernd die Achseln und deutete auf die Tageszeitung, die vor ihm auf dem Couchtisch lag. „Ist so dunkel hier, ich konnte den Artikel nicht lesen.“ Und dann drehte er die Tüte von rechts nach links und betrachtete angewidert die verklebte Masse, die sich darin befand. „Ich hab dir die Dinger geschenkt, damit du sie isst, nicht damit du sie versteckst.“
    Livia seufzte. „Ich brauche was für schlechte Zeiten“, entschuldigte sie sich. Dabei trat sie einen Schritt näher, zog Enno die Tüte aus der Hand und führte sie zur Nase. „Riecht total verkokelt“, sagte sie angewidert und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Dann wanderte ihr Blick in die Ferne … schien sich erst am Fenster festzusaugen und dann gänzlich den Raum zu verlassen.
    Enno beugte sich vor. „Ist was?“
    „Ich kann’s nicht greifen“, flüsterte Livia. Ihre Augen wanderten inzwischen hektisch hin und her. „Feuer“, sagte sie plötzlich. „Irgendetwas brennt.“ Sie hob plötzlich die Hände, so als wollte sie jemanden oder etwas abwehren.
    „Der Unfall?“, fragte Enno.
    Aber Livia hörte ihn gar nicht. Sie begann plötzlich zu würgen und riss die Hände vor den Mund.
    Enno sprang auf, entriss ihr die Gummibärchentüte und rief: „Hey! Jetzt komm mal wieder zu dir! Livia!“
    Sein Verhalten führte erstaunlich schnell zum Erfolg. Livias Blick kehrte in die Gegenwart zurück, das Würgen ließ nach. Jedoch ging ihr Atem immer noch beunruhigend schnell. „Dieser Geruch“, presste sie hervor, „das ist … wie der Geruch des Todes!“
    „Woran erinnerst du dich?“, fragte Enno. Er klang aufgeregt. „Ist es der Unfall?“
    „Ich … weiß nicht“, stammelte Livia. „Da war nur dieses Feuer. Und dieser Gestank … Eine Mischung aus verbranntem Plastik und …“ – sie schien zu überlegen – „… Alkohol?“
    Enno packte Livia am Oberarm. „Woran erinnerst du dich noch?“
    Livia schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung.“
    „Denk nach!“, entfuhr es Enno. „Denk nach!“ Dabei wurde sein Griff an Livias Oberarm so fest, dass sie vor Schmerzen aufstöhnte. Erschrocken ließ Enno sie los. „Entschuldige.“
    „Wieso ist es dir so wichtig, dass ich mich erinnere?“, fragte Livia verwundert.
    „Wieso? Ich weiß nicht … Ich … dachte nur, es sei wichtig für … dich .“
    Livia rieb sich den schmerzenden Oberarm. „Manchmal bin ich mir nicht sicher“, begann sie ein wenig zögerlich und warf Enno einen zweifelnden Blick zu, „ob es dir wirklich um mich geht.“
    „Um wen denn

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