Als gaebe es kein Gestern
sonst?“, protestierte Enno.
Livia atmete einmal tief durch und setzte sich aufs Sofa. „Keine Ahnung.“
Enno warf die die Tüte mit den Gummibärchen mit einer ärgerlichen Geste auf den Tisch. „Ich kann wirklich machen, was ich will, es ist nie genug“, sagte er bitter. „Am besten, ich überlasse dich deinem liebenden Ehemann und räume das Feld. Ist es das, was du willst?“
Livias Blick verfinsterte sich. „Ich hab keine Ahnung, was ich will.“
Enno nickte. „Und genau das ist dein Problem.“
„Wie meinst du das?“
„Du bist wie ein Blatt im Wind, Livia. Weißt nicht, was du willst, tust nicht, was notwendig ist …“
Livia schluckte. „Was ist denn notwendig?“
„Für den Anfang würde es helfen, wenn du dich wie eine erwachsene Frau benehmen würdest. Nehmen wir zum Beispiel die Sache mit dem Geld. Du hast Anspruch darauf! Du könntest es von Arvin einfordern.“
Livia sackte ein wenig in sich zusammen. Das Thema Geld war ein äußerst heikles Thema für sie. Gunda hatte im Internet trotz eifriger Bemühungen nichts über Livias Eltern in Erfahrung bringen können. Deshalb hatte Livia damit angefangen, jede Woche ein bisschen Haushaltsgeld zur Seite zu legen. Sobald sich genug angesammelt hätte, wollte sie einen Privatdetektiv davon engagieren. Aber wie sollte sie dieses Vorhaben umsetzen, wenn der Geldhahn jetzt auf einmal zugedreht blieb? Sie warf Enno einen hilflosen Blick zu. „Und wie soll ich das anstellen?“
„Du könntest es vor Gericht einklagen“, schlug Enno vor.
Livia bekam große Augen. „Ich soll meinen Mann verklagen?“
Enno zuckte die Achseln. „Wenn es sein muss.“
„Das kann ich nicht tun!“
„Warum nicht?“
„Na, weil … weil … weil man so was nicht tut!“, brach es aus Livia hervor.
„Warum nicht?“, fragte Enno ein zweites Mal.
Livia starrte ihn an. „Dann könnte ich meine Ehe ja gleich in die Tonne treten …“
Enno nickte zustimmend, sagte aber nichts.
„Arvin ist mein Mann – mein Ehemann“, setzte Livia hinzu. „Ich sollte ihm eine gute Ehefrau sein.“
„Und Arvin sollte dir ein guter Ehemann sein. Auch finanziell“, konterte Enno.
Livia schluckte … schien zu überlegen … und stammelte schließlich: „Ich kann das nicht, Enno.“
„Warum nicht?“, fragte Enno ein drittes Mal. Und dann schüttelte er verständnislos den Kopf. „Ich versteh dich einfach nicht. Du benimmst dich, als wäre Arvin wichtig und du nicht. Dabei ist es umgekehrt.“
„Ist es das?“, brach es aus Livia hervor. „Und wenn ja, woher soll ich das wissen?“ Sie hob fragend die Hände. „Niemand hier sagt mir, ob ich wichtig bin. Niemand sagt mir, woher ich komme und warum in meinem Leben alles schiefgegangen ist. Nicht mal du!“ Sie sah Enno anklagend an.
Enno runzelte verwirrt die Stirn. „Ich hab’s doch grad gesagt“, antwortete er hilflos.
Livia seufzte tief. „Du begreifst überhaut nicht, was ich von dir will, stimmt’s?“
„Irgendwie nicht“, gab Enno zu. Und nach einer Weile fügte er hinzu: „Holst du dir jetzt dein Geld oder nicht?“
Livias Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Du hast keine Probleme, an dich zu denken, oder?“, fragte sie missmutig.
„Also, wenn du es genau wissen willst …“ Er lächelte schief. „Nö!“
Livia atmete einmal tief durch. „Warum ist das nur so schwer?“, fragte sie – mehr an sich selbst als an Enno gerichtet.
„Ist es ja nicht“, behauptete Enno.
Livia sah ihn zweifelnd an. „Ich bin nicht so unabhängig wie du …“, sagte sie leise.
„In dem Fall“, begann Enno, nahm die Gummibärchen vom Tisch, öffnete die Tüte, beugte sich über den Tisch und hielt sie Livia hin, „musst du wohl das hier essen.“ Er sah ihr direkt in die Augen. „Guten Appetit.“
Kapitel 18
Das Gespräch mit Enno wollte Livia lange nicht aus dem Kopf gehen.
Eigenes Geld. Im Grunde war das das Mindeste, was sie verlangen konnte. Sie führte diesen Haushalt. Sie war erwachsen. Sie war Arvins Ehefrau. Sie hatte Anspruch auf eigenes Geld.
Und es gab Möglichkeiten …
Sie musste Arvin nur sagen, was sie wollte. Und wenn er sich weigerte, gab es tausend Dinge in diesem Haus, mit denen sie ihren Standpunkt verdeutlichen konnte …
Das Problem war nur, dass Livia immer, wenn sie sich diesen Gedanken hingab, Arvins Gesichtsausdruck vor sich sah. Diesen Schmerz. Auf irgendeine seltsame Weise schien sie ihn zu teilen! Schon der Gedanke daran, einen Gegenstand in diesem Haus zu
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