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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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zerstören, drehte ihr den Magen um. Jede Vase, jedes Möbelstück, jedes Bild erschien ihr seit jenem Abend so furchtbar wertvoll. So unersetzbar.
    Andererseits … war es gut möglich, dass es nicht zur Durchführung kommen musste. Vielleicht reichte schon die Drohung aus …
    Livia beschloss es zu versuchen und erwartete Arvin bereits am nächsten Abend bei voller Beleuchtung in der Küche. Sie hatte die Küchentür offen gelassen und sich so hingesetzt, dass sie direkt auf den Flur sehen konnte. Auf diese Weise gab es für Arvin keinen Weg an ihr vorbei.
    Und tatsächlich blieb er stehen und sah vom Flur aus zu ihr hinein. „Du bist noch wach.“ Es war eine Feststellung, keine Frage.
    „Ich muss mit dir reden“, sagte Livia. Es war unangenehm, ganz im Hellen zu sitzen, während Arvins Gestalt im Dunkel des Flures kaum zu erkennen war.
    „Und worüber?“
    Livia atmete einmal tief durch und fragte sich zum soundsovielten Mal, ob es seine beeindruckende Gestalt oder seine tiefe, voluminöse Stimme war, die ihr solche Angst machte. „Es ist kein Geld mehr in der Schublade“, presste sie ein wenig mühsam hervor.
    Arvin antwortete nicht gleich. Livia konnte erahnen, dass er seinen Blick zunächst zur Schublade und dann wieder zurück zu ihr schweifen ließ.
    „Karen ist der Meinung, dass du es nicht in ihrem Sinne verwendest.“
    Obwohl er nicht übermäßig laut gesprochen hatte, hallten seine Worte im Flur nach.
    „Das stimmt“, nickte Livia und befahl sich, ruhig sitzen zu bleiben und nicht ununterbrochen hin und her zu rutschen. „Ich verwende es in meinem Sinne.“
    „Karen ist der Meinung, dass du nicht weißt, was gut für dich ist.“
    „Ich beabsichtige, es herauszufinden“, sagte Livia. „Aber dafür brauche ich Freiheiten.“
    „Klär das mit Karen“, schlug Arvin vor und machte Anstalten weiterzugehen.
    „Nein!“, sagte Livia.
    Arvin blieb stehen.
    Livia sah ihn jetzt im Profil und konnte erkennen, dass sein Unterkiefer mahlte. „Ich kläre das mit dir. Du bist mein Ehemann. Und du musst mich finanziell versorgen.“
    Arvin drehte sich langsam wieder um, musterte Livia eine Weile und fragte dann: „Und wenn ich das nicht tue?“
    Seine Stimme war noch kälter als sonst.
    Livia schluckte schwer. Sie hatte so gehofft, dass es nicht zu diesem Punkt kommen würde! „Dann werde ich gezwungen sein, mir selbst Geld zu verschaffen.“ Ihre Stimme zitterte, während sie dies sagte. Aber was blieb ihr übrig? „Und wenn ich es mir recht überlege, kann ich nicht ausschließen, dass ich einige Einrichtungsgegenstände veräußern muss, um an Geld zu kommen.“
    Arvin lachte auf. Aber es war kein amüsiertes, sondern ein bitteres „Wusste-ich’s-doch-gleich“-Lachen. „Es muss ein wunderbares Gefühl sein, die Schwächen eines anderen zu kennen und sie gnadenlos für eigene Zweck auszunutzen.“
    „Ja“, fauchte Livia, „das ist toll. Es macht mich glücklich. Deshalb strahle ich immer so sehr. Ist dir das noch gar nicht aufgefallen?“
    Arvin antwortete nicht, was zur Folge hatte, dass Livia einmal tief aufseufzte und dann ganz leise und vorsichtig hinzufügte: „Ich bin auch schwach, Arvin. Sehr schwach sogar. Wenn du willst, zeig ich dir all diese Schwächen.“
    „Ich kenne deine Schwächen“, sagte Arvin mit blechern klingender Stimme. „Viel zu gut sogar.“ Dann griff er in seine Gesäßtasche, zückte sein Portemonnaie, griff in das Fach mit den Scheinen und warf ihr alles entgegen, was darin enthalten war. Mehrere Scheine, darunter zwei Fünfziger und nicht wenige Zehner, segelten durch die Luft, tanzten einen Moment lang umher und kamen dann im Umkreis von mehreren Metern verstreut auf dem Fußboden an.
    Während Livia dieses Schauspiel jedoch völlig fasziniert und entsetzt zugleich beobachtet hatte, bekam Arvin nichts mehr davon mit. Er war bereits weitergegangen und ließ in diesem Moment eine Tür hinter sich ins Schloss fallen.
    Livia zuckte zusammen, saß danach aber noch minutenlang wie erstarrt am Küchentisch. Arvin hätte sie nicht stärker demütigen können. Und er hätte ihr nicht deutlicher sagen können, was er von ihren Bemühungen hielt … von dieser Ehe … von ihr als Mensch …
    Er will dich nicht. Er will dich wirklich nicht. Es wird Zeit, dass du das akzeptierst, Livia.
    Als Livia sich endlich aufraffen konnte und in ihr Zimmer ging, blieben die Scheine auf dem Küchenfußboden liegen. Lieber wäre sie gestorben, als dieses Geld zu nehmen. Um ein ganz

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