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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Faulkner
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Yard von uns entfernt; er kommt hoch, Wasser spuckend, sieht uns an und schwappt sein langes Haar zurück, dann schaut er zum Ufer; wir können sehen, wie er seine Lunge mit Luft füllt.
    «Jewel», sagt Vernon, nicht laut, aber seine Stimme klingt voll und klar übers Wasser, bestimmt, aber nicht unfreundlich. «Es muss hier hinten sein. Komm zurück.»
    Jewel taucht wieder. Wir stehen da, stemmen uns gegen die Strömung und beobachten die Wasserfläche dort, wo er verschwunden ist; wir halten das lose Seil zwischen uns wie zwei Männer, die einen Feuerwehrschlauch halten und aufs Wasser warten. Plötzlich ist Dewey Dell hinter uns im Wasser. «Macht, dass er zurückkommt», sagt sie. «Jewel!» Er kommt wieder hoch und wirft die Haare aus den Augen zurück. Er schwimmt jetzt aufs Ufer zu, aber die Strömung zieht ihn schräg flussabwärts. «Pass auf, Jewel!», ruft Dewey Dell. Wir stehen da, das Seil in Händen, und sehen, wie er es ans Ufer schafft und rausklettert. Als er ganz aus dem Wasser heraus ist, bückt er sich und hebt etwas auf. Er kommt am Ufer entlang zurück. Er hat die Richtschnur gefunden. Uns gegenüber bleibt er stehen und sieht sich um, als suche er etwas. Pa geht weiter am Ufer hinunter. Er geht zurück, um noch einmal die Maultiere zu sehen, deren runde Leiber im Stauwasser der Biegung dümpeln und sich still aneinander reiben.
    «Was hast du mit dem Hammer gemacht, Vernon?», fragt Jewel.
    «Ich hab ihn ihm gegeben», sagt Vernon und ruckt mit dem Kopf zu Vardaman hin. Vardaman sieht Pa nach. Dann sieht er Jewel an. «Zusammen mit dem Winkelmesser.» Vernon sieht Jewel an. Er geht zum Ufer, geht an Dewey Dell und mir vorbei.
    «Mach, dass du vom Wasser wegkommst», sag ich. Sie sagt nichts, sie sieht Jewel und Vernon an.
    «Wo ist der Hammer?», sagt Jewel. Vardaman flitzt die Uferböschung rauf und holt ihn.
    «Er ist schwerer als die Säge», sagt Vernon. Jewel bindet das Ende der Richtschnur um den Hammerstiel.
    «Am Hammer ist das meiste Holz dran», sagt Jewel. Er und Vernon stehen einander gegenüber und sehen auf Jewels Hände.
    «Ist auch flacher», sagt Vernon. «Würde fast dreimal so weit schwimmen. Versuch’s mal mit dem Hobel.»
    Jewel sieht Vernon an. Auch Vernon ist groß; lang und schmal stehen sie einander Auge in Auge in ihren anliegenden nassen Kleidern gegenüber. Lon Quick konnte sogar bei bewölktem Himmel die Uhrzeit auf zehn Minuten genau sagen. Der alte Lon, meine ich, nicht der junge Lon.
    «Warum gehst du nicht aus dem Wasser?», sag ich.
    «Der schwimmt nicht wie eine Säge», sagt Jewel.
    «Der schwimmt eher wie ’ne Säge als wie ein Hammer», sagt Vernon.
    «Wetten?», sagt Jewel.
    «Ich wette nicht», sagt Vernon.
    Sie stehen da und sehen auf Jewels ruhige Hände.
    «Teufel», sagt Jewel. «Dann nimm eben den Hobel.»
    Sie nehmen also den Hobel, binden die Richtschnur daran fest und steigen wieder ins Wasser. Pa kommt am Ufer entlang zurück. Er bleibt eine Weile stehen und sieht uns zu, gebückt, kummervoll, wie ein hinfälliger Ochse oder ein alter großer Vogel.
    Vernon und Jewel kommen zurück, sich gegen die Strömung stemmend.
    «Mach Platz», sagt Jewel zu Dewey Dell. «Und geh aus dem Wasser raus.»
    Sie drängt sich ein wenig an mich, damit die beiden vorbeikönnen. Jewel hält den Hobel hoch, als ob er etwas leicht Verderbliches wär, und die blaue Schnur schleift über seiner Schulter hinterher. Sie gehen an uns vorbei und bleiben stehen; ruhig beginnen sie zu diskutieren, an welcher Stelle der Wagen wohl umgeschlagen ist.
    «Darl müsste es wissen», sagt Vernon. Sie sehen mich an.
    «Ich weiß es nicht», sag ich. «Ich war nicht so lange da.»
    «Teufel», sagt Jewel. Sie gehen weiter, vorsichtig, sich gegen die Strömung stemmend, die Furt mit den Füßen ertastend.
    «Hältst du dich am Seil fest?», fragt Vernon. Jewel antwortet nicht. Er sieht zum Ufer, dann aufs Wasser, abwägend. Er wirft den Hobel hinaus und lässt die Schnur durch seine Hände laufen. Seine Finger färben sich blau unter der Berührung. Als die Schnur abgelaufen ist, reicht er das Ende Vernon.
    «Lass diesmal lieber mich gehn», sagt Vernon. Wieder gibt Jewel keine Antwort; wir sehen ihn unter der Oberfläche verschwinden.
    «Jewel», wimmert Dewey Dell.
    «Es ist da nicht so tief», sagt Vernon. Er sieht sich nicht um. Er beobachtet das Wasser, dort, wo Jewel untergetaucht ist.
    Als Jewel auftaucht, hat er die Säge.
    Als wir am Wagen vorbeikommen, steht Pa daneben und

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