Als ich vom Himmel fiel
Reise in San Ramón gestohlen wurde. Dieser Verlust schmerzte mich sehr, war er mir doch seit jenem Unfall treuer Begleiter und ständige Erinnerung daran, dass wir beide aus der Tiefe des Urwalds, einer verlorenen Stecknadel im Heuhaufen nicht unähnlich, gegen alle Wahrscheinlichkeit den Weg zurück ins Leben gefunden hatten.
Am nächsten Tag ist es einmal wieder so weit: Wir brechen auf nach Panguan a …
14 Nichts ist mehr, wie es war
Kapitelanfang
… Ein Toyota Pick-up mit Allradantrieb holt uns am frühen Morgen ab. Seit einigen Jahren buchen wir immer dieselben Fahrer, sie kennen die schwierige Strecke wie ihre Westentasche, und ihre Fahrzeuge waren bislang immer zuverlässig.
»Die Straße ist frei«, sagt er, nachdem wir uns begrüßt haben, und ich atme auf. Einige Tage lang war die Strecke wegen der starken Regenfälle nämlich unpassierbar. »Ihr Zustand ist nicht besonders, aber wir werden durchkommen. Gestern hat einer unserer Fahrer sieben Stunden gebraucht.«
Sieben Stunde n – das klingt gut. Das Wichtigste ist, wir kommen noch bei Tage in Yuyapichis an, denn das Übersetzen über den Río Pachitea und die Wanderung bis zur Forschungsstation sind bei Nacht noch beschwerlicher als sonst.
»Es wird schon gut gehen«, beruhigt mich Nery, »zur Not könnt ihr ja in meinem Haus in Yuyapichis übernachten.«
Wie immer dauert es eine Weile, bis das ganze Gepäck einschließlich des eingekauften Proviants auf der offenen Ladefläche verstaut ist. Dann wird ein Brett als Sitzbank über die Ersatzkanister mit Benzin gelegt für Moro und den zweiten Fahrer. Sie werden die Fahrt dort oben verbringe n – wie ich aus eigener Erfahrung weiß, unter der sengenden Sonne und über staubige oder verschlammte Stolperpisten nicht immer ein Vergnügen. Doch Moro lacht, er ist es so gewöhnt, er wird schlafen, da ist er sich sicher.
Als wir auf die Carretera einbiegen, die in den Urwald Richtung Anden führt und schließlich in Lima enden wird, bin ich glücklich. Heute Abend werde ich in Panguana sein! Noch immer, auch nach all den Jahren in Deutschland, ist es für mich ein Nachhausekommen.
So wie damals, als mir nach vierwöchigem Aufenthalt im Instituto Linguístico de Verano meine fürsorglichen Ärzte endlich erlauben, das Bett zu verlassen. Für ein paar Tage wohne ich bei meinem Vater bei der Familie Maulhardt, die mich in ihrem Bungalowhotel »La Cabaña« freundlich aufnimmt. Hier führe ich auch die letzten Gespräche mit einem neu hinzugekommenen Reporter vom »Stern«, Rolf Winter. Ich muss gestehen, langsam geht mir die Fragerei auf die Nerven. Die Sitzungen mit Gerd Heidemann und Hero Buss waren angenehm verlaufen. Auch wenn sich in ihre Reportagen Fehler einschlichen, die tausendfach kopiert werden sollten. Vor allem in dem Vorbericht, der erschien, noch ehe die beiden mit mir überhaupt gesprochen hatten, wurde so mancher Grundstein für nie wieder ausrottbare Gerüchte gelegt. Dieser Text basierte offenbar auf dem Artikel, der zuerst in der amerikanischen Zeitschrift »Life« erschienen war, wofür der Reporter verschiedene Leute befragt hatte wie die Krankenschwester in Tournavista, die Pilotin Jerrie Cobb und wahrscheinlich auch die Holzfäller, die mich gerettet hatten. So schrieb der »Stern«, dass ich einen Kuchen vom Unfallort mitnahm. Dieser Kuchen, der leider nicht existierte, denn den völlig mit Schlamm durchsetzten Panetón konnte ich ja nicht essen, wird sich weltweit durch die gesamte Berichterstattung ziehen und noch manch seltsame Blüte treiben. Denn aus dem einen Kuchen wurden bald mehrere, schließlic h – in »Paris Match « – so viele, dass ich sie gar nicht alle tragen kann und in Ermangelung eines Sackes zurücklassen muss. Später wird aus dem Kuchen ein für meinen Vater von mir selbst gebackener Christstollen, in einer weiteren Zeitung halte ich den während des Fluges in der Electra die ganze Zeit auf meinem Schoß fest, sodass ich ihn nach meinem Erwachen auf dem Grund des Urwalds praktischerweise gleich zur Hand habe.
Außerdem wundern sich die »Stern«-Reporter darüber, dass ich den Unfallort verließ und schreiben gar von einem »Fehler«, der mir das Leben rettete. Dabei wusste ich sehr genau, was ich tat, ich hatte begriffen, dass mich an der Stelle, wo ich erwacht war, nie jemand finden würde. Ich rannte keinesfalls kopflos in den Urwald, sondern folgte aus gutem Grund dem Lauf des Wassers.
In dem Vorbericht wird auch die unsinnige Mär aus dem
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