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Als könnt' ich fliegen

Als könnt' ich fliegen

Titel: Als könnt' ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Nun sah ich sie zum ersten Mal wieder. Sie begrüßte mich freundlich, mehr nicht. Und die gleiche Distanz, die sie ausstrahlte, spürte auch ich in mir.
    Sie spülte Gläser. Phil kam aus den hinteren Räumen, pflanzte sich neben sie und verpasste ihr einen vertrauten Klaps auf den Po. Nadine lächelte und küsste ihn. Nicht lange zwar, aber natürlich war jetzt alles klar.
    Phil las Zeitung, während Nadine unsere Colas fertig machte. Plötzlich fühlte ich mich elend. Wenn Nadine mir gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte, konnte sie es gut verbergen. Aber wahrscheinlich hatte sie keins. Freundlich lächelnd stellte sie uns die gefüllten Gläser vor die Nase. Am zweitliebsten hätte ich Phil erschossen. Damit er mir nicht dazwischenkam, wenn ich Nadine durchschüttelte. Denn das war es, was ich am allerliebsten getan hätte. Schließlich musste sie denken, dass ich glaubte, wir wären noch zusammen.
    Blitzschnell fasste ich den Entschluss, cool zu bleiben. Was hätte es gebracht, auszuflippen? Natürlich musste ich etwas tun, aber es sollte entspannt rüberkommen. Nadine wischte gerade die Theke ab. Ohne weiter nachzudenken, kippte ich mein Glas in ihre Richtung. Danach hatte sie einen großen dunklen Fleck auf dem rechten Hosenbein, den sie fassungslos anstarrte.
    »Entschuldigung«, sagte ich ruhig. »War keine Absicht.«
    Björn grinste. Phil hob den Blick nicht von seiner Zeitung. Nadines Blicke flogen hin und her zwischen mir und dem Fleck. Ihr Mund stand offen, als wolle sie etwas sagen. Aber es kam nichts. Langsam stand ich auf.
    »Wir gehen zum Kicker«, sagte ich lässig. »Bringst du mir eine neue Cola dorthin? Aber eiskalt, bitte!«
    Ich schlenderte los. Björn nahm wortlos sein Glas und folgte mir.
    Es war noch kein Tor gefallen, als Nadine in äußerster Gelassenheit beim Kicker auftauchte. Sie brachte tatsächlich die Cola und lächelte freundlich. Zu freundlich. Der Fleck auf ihrer Hose war größer, als ich gedacht hatte.
    »Hier, bitte!«, sagte sie honigsüß. Dann hob sie das Glas hoch über meinen Kopf und drehte es dort oben um. Die Cola rann mir vorn übers Gesicht und hinten ins Hemd, ein ekelhaftes Gefühl.
    In diesem Moment ging die Tür auf, und eine kleine Gruppe Leute kam herein.
    An ihrem Humpeln erkannte ich sofort das Mädchen aus der Drogerie. Unsere Blicke trafen sich, und jetzt erkannte ich auch ihre Augen wieder. Mein Herz schlug bis zum Hals. Sie grinste.
    »Mal wieder in Schwierigkeiten?«, fragte sie lapidar.
    »Schwierigkeiten?«, gab ich zurück und wischte mir die nachsickernde Cola aus der Stirn. »Wovon redest du?« Dann, zu Nadine: »Ich beschwer mich beim Chef. Ich hatte eiskalte Cola bestellt. Die hier ist lauwarm.«
    »Hauptsache schön klebrig«, säuselte Nadine. Zufrieden schlenderte sie zurück zur Theke. Björn reichte mir ein Taschentuch. Das Mädchen aus der Drogerie wollte den anderen an ihren Tisch folgen. Ich hielt sie an der Schulter zurück.
    »Ich bin nicht so ein Trottel, wie es dir vielleicht scheint.«
    »Scheint es mir so?« Es klang mehr nach Angriff als nach Frage.
    »Du kannst jetzt einfach nichts anderes denken.« Ich versuchte ein Lächeln.
    »Ein Gedankenleser also«, sagte sie. »Auch das noch.«
    Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, ging sie zu den anderen. Wenn ich es bis dahin noch nicht getan haben sollte: Jetzt fühlte ich mich wie ein Volltrottel!
    Immer noch 11. August, jetzt 23 Uhr
    Ich könnte mich selbst ohrfeigen! Ich hab keine Ahnung, warum ich so bescheuert und fies zu ihm war. Natürlich hat er während der gesamten Stunde, die wir noch in diesem Laden waren, kein Wort mehr mit mir gewechselt. Kein Wunder! Dabei hatte ich mich echt gefreut, ihn wiederzusehen. Ich bin einfach zu blöd!

4
    20. August, Dienstag
    Morgen letzter Ferientag. Wetter weiter schön, werde wieder an den Strand gehen. Kaum Lust auf die neue Schule. Mit Svens Leuten bin ich nicht wieder losgezogen, konnte nicht viel mit ihnen anfangen.
    Der Typ mit der Cola überm Kopf hat Sven gestern angequatscht und nach mir gefragt. Wie ich heiße und so. Möchte mal wissen, warum. Er selbst heißt Tobias. Er hat Sven zwei Cent gegeben, für mich. Alte Schulden, ich wüsste schon Bescheid. Das Geldstück liegt jetzt vor mir auf der Tastatur. Es blinkt und funkelt in einem Sonnenstrahl. Sieht fast aus, als habe er es extra blank geputzt.
    Die Luft im Shark war angenehm kühl, aber unsere T-Shirts waren durchgeschwitzt von der Fahrt hierher. Björn und ich

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