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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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Fenster geöffnet, in dem sich das rote Gesicht Mr Scheins, des Friseurs, zeigte.
    »Diesmal nicht in Eastbourne, verstehe.« Simon konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen. Dann hörte er, wie das Fenster zugeschlagen wurde, und er ging zur Ecke der Cyprus Street und wartete dort, bis der Arzt von der Behandlung der Verletzten zurückkehrte.
    Als das Taxi vor der Nummer 52 in der Oak Street vorfuhr, warteten Nat und Simon schon vor der Tür. May und Julian stiegen zuerst aus, gefolgt von einer ungewöhnlich schweigsamen Rachel. Die Nadeln, mit denen sie ihren stets eleganten Dutt feststeckte, waren herausgefallen, und ihre Haare hingen ihr ungehindert um die Schultern. Simon nahm seine schockierte Frau bei der Hand und führte sie hinein, während Nat sich ins Taxi beugte und Sarah heraushob. Er trug sie über die Türschwelle, als wären sie frisch vermählt, küsste sie auf die Stirn und strich ihr übers Haar. Dann brachte er sie nach oben ins Schlafzimmer, wo der Arzt auf sie wartete.
    May sollte sämtliche Handtücher holen, die sie finden konnte, und eine große Emailleschüssel voll heißem Wasser bringen. Sarah und der Arzt blieben vorerst allein. Unterdessen bestand Simon darauf, dass Rachel sich ins Bett legte, bis das Baby gekommen wäre. Sie würden nicht lange warten müssen, hatte ihnen der Arzt versichert, und ausnahmsweise fügte Rachel sich den Anweisungen ihres Mannes.
    May setzte Wasser auf. Julian und Nat saßen zusammen im Wohnzimmer. Nun, da die Gefahr der Straße hinter ihnen lag,
wurde ihr bewusst, wie schön es sich anfühlte, Julian zum ersten Mal hier in der Oak Street zu haben. Die beiden jungen Männer mochten einander, das konnte sie spüren. Um Nat von den Vorgängen im Schlafzimmer abzulenken und seine Sorgen zu zerstreuen, schilderte Julian ihm die Szenen in Aldgate und besprach mit ihm, wie und wann sie, ohne sich zu gefährden, die Fahrräder wiederbeschaffen könnten.
    Draußen auf der Straße hörte May eine Schar von Kindern lauthals streiten. Julian und Nat waren zu sehr in ihr Gespräch vertieft, um etwas zu bemerken. Sie öffnete die Haustür und sah sich um. Sie konnte gerade noch beobachten, wie sich ein Dutzend Jungen und Mädchen, mit Pinseln und Farbtöpfen bewaffnet, verschwörerisch um das Kriegerdenkmal drängten. Ihr Blick fiel auf ein Mädchen mit langen, fliegenden rötlichen Zöpfen, das mitten in der Gruppe stand und Anweisungen gab. Mays Herz machte einen Satz. Sie wollte den Kindern noch etwas zurufen, doch als sie sie sahen, ergriffen sie die Flucht. May rannte hinter ihnen her und bog beim Kriegerdenkmal rechts ab. Als sie um die Ecke lief, war die Gruppe verschwunden.
    Schweren Herzens ging May nach Hause. Als sie sich der Haustür der Greenfelds näherte, stachen ihr sofort die beiden klar umrissenen Lettern ins Auge, die Farbe war noch feucht. Wie um sich zu vergewissern, dass sie keine Fantasiegebilde waren, hob sie die Hand, um sie zu berühren. Ihre Fingerspitzen zuckten zurück, als hätte sie glühende Kohle berührt. Die Drohschmierereien gegen Juden, die Julian in Berlin gesehen hatte, waren bis in die Straßen des East End vorgedrungen.
    Von oben im Haus kam ein langgezogener Schrei, der unverwechselbar ein neues Leben ankündigte. Kurz darauf hörte sie Nats Stimme, die die Neuigkeit über die Hinterhofmauern hinweg und die Häuserzeile entlangtrug.
    »Es ist ein Junge. Sarah und ich haben einen Jungen. Einen Sohn!«
    Ich wünschte, die Lettern PJ könnten für » Peace of Joshua! « – »Friede für Joshua!« – stehen, flüsterte May, bevor sie wieder ins Haus ging, um Julian um Hilfe zu bitten. Sie wollte die Farbe abwaschen, bevor diese trocknete und ihre niederträchtige Botschaft verewigte.

21
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    Julian hatte sich in eine Sackgasse manövriert. Er saß schon seit über einer halben Stunde auf einer Bank im Hyde Park und überlegte, wie er sein Leben in Ordnung bringen könnte. Es war spät an einem Freitagvormittag, und er war dankbar, dass sich so wenige Menschen im Park aufhielten. In seiner Nähe lasen einige Männer mit Bowlerhüten Zeitung und bereiteten ihren Mittagslunch vor. Sie holten kleine Päckchen mit Sandwiches aus ihren Taschen, die sie vorsichtig auf dem Schoß ablegten, die Seiten der Financial Times flatterten im Wind. Auf einer anderen Bank ein paar Meter weiter saß eine füllige Frau im Pelzmantel. Sie hatte Julian den Rücken zugekehrt und war in ein Gespräch mit einem

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