Als Mrs Simpson den König stahl
für einen Augenblick und offenbarte ein Gesicht, das innerhalb des letzten Monats um ein Jahrzehnt gealtert zu sein schien. Er wandte sich an den Anwalt und erklärte, Evangelines Fahrerin arbeite für Sir Philip Blunt, den Mann, dessen Rechtsberatung in den letzten Tagen von unschätzbarem Wert gewesen sei.
»Ist auf den Plantagen von Barbados aufgewachsen, diese May. Und ich sage Ihnen, obwohl sie noch nicht einmal einundzwanzig Jahre alt ist, gibt es nichts im Innenleben eines Autos, von dem sie nichts versteht.«
Mr Monckton wirkte interessiert. »Komisch. Meine Tochter Valerie ist nicht viel älter und hat den gleichen Autofimmel. Sie hat mich heute hergefahren und trinkt gerade in der Küche eine Tasse Tee. Ich hoffe, Miss Thomas ist auch da. Die beiden sollten sich kennenlernen.«
In diesem Moment kam Wallis ins Zimmer. Das Gelb ihrer Strickjacke mit Kragen passte zum Gelb der Krawatte des Königs. An ihrem Jackenaufschlag prangte eine neue Diamantnadel in Form einer Schleife.
»Vangey, Liebling, wie schön, dich zu sehen! Es ist lange her. Hast du mir Loafer zurückgebracht? Ach, sag bloß nicht, nach all den Spaziergängen im Park ruht er sich aus?«
Evangeline ergab sich der Umarmung ihrer alten Schulfreundin. Sie spürte, wie Wallis' knochige Schultern durch die weiche Wolle ihrer Strickjacke drückten. Zu ihrer Erleichterung konnte sie in der Begrüßung ihrer alten Freundin nichts als Wärme entdecken, obwohl Wallis erschöpft wirkte.
»Sollen wir die Gentlemen ihrer Unterhaltung überlassen und auf mein Zimmer gehen, um Neuigkeiten auszutauschen?«, fragte Wallis, nahm Evangeline bei der Hand und führte sie nach oben. »Tante Bessie ist auf dem Weg über den Atlantik, Gott sei
Dank, aber ich bin ja so froh, dich jetzt hier bei mir zu haben, Vangey. In diesem verrückten Land kann ich eine der Unsrigen gut gebrauchen.«
Sobald sie das Schlafzimmer im Obergeschoss betreten hatten, ließ sich Wallis auf dem Bett nieder und tätschelte die Decke, damit Evangeline sich neben sie setzte. »Ich nehme an, dir ist zu Ohren gekommen, dass der Richter in Suffolk das vorläufige Scheidungsurteil ausgesprochen hat?«
»Ja, ich habe davon gehört.«
»Oh, gut. Ich hab's mir schon gedacht. Ich muss gestehen, wir alle sind sehr erleichtert. Ich kann dir gar nicht sagen, wie unbequem es in diesem kalten, kleinen Haus in Felixstowe war, auch wenn Kitty und George sich alle Mühe gegeben haben, uns bei Stimmung zu halten.«
Evangeline wusste, dass das vorläufige Scheidungsurteil vor mehr als drei Wochen in Ipswich ergangen war. Am 27. Oktober hatte die britische Presse über das erste Stadium der Trennung zwischen Wallis und Ernest Simpson berichtet, wenn auch mit einem Mindestmaß an Ausschmückungen. Allerdings hatte sich Evangeline dank der amerikanischen Zeitungen, die ihr Bruder regelmäßig nach England schickte, umfassend über die Situation informieren können. Die Journalisten hatten sich ins Zeug gelegt. Die New York American hatte unmissverständlich gemeldet, dass der Tag der Hochzeit von »Wally« und dem König bereits für das kommende Jahr anberaumt sei. Mit dem endgültigen Urteil Ende April werde der Scheidungsprozess vollendet sein, und es wurde spekuliert, ob die Heirat der für den 12. Mai 1937 festgesetzten Krönung vorausgehen oder ob der Ehebund zwischen Wallis und Edward erst kurz danach geschlossen werde. Was jedoch außer Frage stand, war die Unausweichlichkeit der Ehe selbst.
»Die ganze Sache einschließlich der Krönung schwebt jetzt über uns, und wer weiß, wie das alles enden wird.«
Wallis sah Evangeline an. Ihre kleinen dunklen Augen ver
härteten sich plötzlich. »Schau her, Vangey«, sagte sie und legte Evangelines Hand wieder auf ihre juwelengeschmückten Fingerknöchel. »Ich weiß, du glaubst, ich hätte vergessen, was ich dir im September im Meurice gesagt habe. In Wahrheit versuche ich immer noch mein Bestes, David davon zu überzeugen, dass er ohne mich viel besser dran wäre, auch wenn es mir bisher nicht gelungen ist. Im Moment muss er einfach seinen Willen durchsetzen, verstehst du?«
Evangeline hörte ihr zu.
»Aber ich bin sicher, wenn er kommenden Montag mit Mr Baldwin spricht, wird er zur Vernunft kommen«, fuhr Wallis fort. »Ich weiß, das britische Volk liebt David und wird mich niemals akzeptieren. Ich bin zwei Mal geschieden, nun ja, fast, dazu bin ich ein Yankee mit viel zu viel Pep. Aber David hört nicht auf mich. Im Moment redet er dauernd
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