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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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verrücktes Zeug: dass er auf den Thron verzichten will. Walter findet, ich sollte für eine Weile das Land verlassen, damit die Lage sich beruhigen kann. Und vielleicht heißt ›aus dem Auge‹ ja tatsächlich ›aus dem Sinn‹. Um ehrlich zu sein, in den letzten Wochen war das Leben schlichtweg die Hölle, und ich vermisse meine Freiheit.« Wallis verstummte und strich sich mit der Hand die Haare glatt. »Ich konnte nicht einmal meine Wohnung in der Cumberland Terrace verlassen, um zu Antoine's zu gehen, deswegen sind meine Haare völlig durcheinander. Selbst das Haus hier, in dem ich so glücklich gewesen bin, kommt mir vor wie eine Festung. Ich fühle mich wie ein eingesperrter Vogel. Wenn ich es schaffe, wegzukommen, wirst du dich noch eine Weile um Loafer und vielleicht auch um Slipper kümmern müssen.«
    Evangeline murmelte zustimmend vor sich hin und versuchte gleichzeitig, ihre Hand wegzuziehen. Sie hatte den Verdacht, dass Wallis log. Nur eine halbe Stunde zuvor hatte sie gehört, wie der König Wallis' Interesse an einer morganatischen Ehe erörtert hatte.
    »Die Sache ist die, Vangey«, sagte Wallis. »Ich gebe dir hier
mit mein Wort, dass David und ich niemals heiraten werden. Du kennst mich, Vangey. Ich liebe das Leben viel zu sehr, um auch nur in Betracht zu ziehen, Königin von England zu werden, und ich rede hier von meinem alten, geborgenen Leben, wie ich es mit Ernest geführt habe!«
    Selbst jetzt konnte Evangeline nicht herausfinden, ob Wallis Simpson in den König verliebt war oder nicht. Sie glaubte Wallis kein Wort mehr. Zu ihrer Erleichterung hatte Sir John offenbar beschlossen, die kleine Meinungsverschiedenheit im Aufnahmestudio nicht zu erwähnen. Vielleicht waren einige Männer ja doch anständig. Sie wollte eben gehen und sich zum Abendessen umkleiden, als es an der Tür klopfte.
    »Es tut mir leid, Sie stören zu müssen, Madam«, sagte Osborne. »Aber da ist ein dringender Anruf für Sie. Ich habe Sir John erklärt, dass Sie sich in einem Gespräch befinden, aber er hat darauf bestanden, dass ich Sie unterbreche.«
    »Ich nehme den Anruf hier entgegen, Osborne. Stellen Sie ihn ins Schlafzimmer durch.«
    Evangeline machte Anstalten, zu gehen, aber Wallis legte ihr die Hand auf den Arm. »Geh nicht, Vangey. Vielleicht hat Reith ja etwas Interessantes mitzuteilen.«
     
    Als Evangeline zehn Minuten später die Treppe herunterkam, trat der König gerade aus der Tür zum Dampfbad im Untergeschoss. »Alles in Ordnung, Evangeline?«, fragte er, »Sie sehen verärgert aus.«
    »Ja, Sir, ich bin verärgert.« Evangeline fauchte ihn fast an. »Ich glaube, Sie sollten wissen, dass Wallis anders ist, als sie scheint. Sie ist heimtückisch und gefährlich. Sie sagt das eine und tut das andere. Sie ist nur daran interessiert, sich selbst zu nützen. Sie ist Ihrer nicht würdig, Sir. Lassen Sie nicht zu, dass sie Sie hintergeht, Sir, so wie sie mich hintergangen hat.«
    In diesem Augenblick erschien Wallis am Fuß der Treppe in der achteckigen Eingangshalle.
    »Wallis«, sagte der König, »verrätst du mir, was hier vor sich geht?«
    Ohne Evangeline anzuschauen, fasste Wallis den König am Arm und drehte ihn zu Evangeline um. »Schulfreundinnen sollten loyal sein«, begann sie. »Selbst dicke, jungferliche, haarlose Schulfreundinnen, zu denen man aus Mitleid ein Leben lang freundlich gewesen ist. Vor allem Landsmänninnen sollten loyal sein. Aber wenn ich im Leben eins gelernt habe, dann, dass man immer Feinde haben wird und dass es Eifersucht ist, die am Ende alles, worauf es ankommt, zerstört.«
    Arm in Arm schritten der König und Mrs Simpson in den Salon mit den gelben Vorhängen, gefolgt von Osborne, der fest die Tür hinter ihnen schloss.

23
    Früh an einem Sonntagmorgen Ende November, die Sonnenstrahlen mühten sich vergeblich, mildernd auf die kalten Temperaturen einzuwirken, brach May erneut von London in Richtung Fort Belvedere auf. Sir Philip saß auf dem Beifahrersitz, wie er es gerne tat. Viele Wochen lang hatte er Mr Monckton mit juristischen Ratschlägen zur Seite gestanden, und jetzt hatte er vor, die Nacht im Fort zu verbringen. Man hatte ihm das kleine Schlafzimmer im hinteren Teil des Hauses angewiesen, das normalerweise für einen angereisten Kammerdiener reserviert war, und May bekam für den Rest des Tages frei.
    »Ich fürchte, dieses ständige Hin und Her wird noch einige Tage andauern, meine Liebe. Versuchen Sie also, mit ihren Kräften hauszuhalten, solange Sie

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