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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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zustimmend lächelte. Er kannte dieses Lächeln. Es war ein Lächeln, das jedes Mal dann auf Ruperts Gesicht erschien, wenn die Faschisten eine Art Billigung erfuhren. Bei jeder Silbe, die der König von sich gab, nickte Bettina heftig. An einer Stelle schloss sie sich ihm sogar mit einer eigenen Bemerkung an: »O ja, Sir! Ich bin ganz Ihrer Meinung. Ich hasse es, wenn die Leute très unfreundlich zu den Deutschen sind. Rupert und ich fahren im August mit Pommes frites Channon zur Olympiade nach Berlin, und ich wette, es wird dort drüben parfaitement spaßig zugehen!«
    Die Unterhaltung näherte sich gefährlichem Fahrwasser. Evangeline, Joan und Philip senkten den Blick auf die Teller mit Escalope de veau en crème , die der Butler ihnen soeben serviert hatte. Unter Julians Haar bildeten sich Schweißperlen. Nachdem ihm zwei seiner sozialistischen Freunde im Balliol College berichtet hatten, dass sie sich mitunter über die einengende traditionelle Kleidervorschrift hinwegsetzten und bei formellen Abendessen
im gewöhnlichen Tagesanzug erschienen, hatte er ursprünglich mit dem Gedanken gespielt, auf den Gesellschaftsanzug zu verzichten. In letzter Minute hatte er sich aber doch gefügt, vor allem aus Respekt vor Lady Joan. Jetzt allerdings wünschte er sich, er hätte sich nicht umentschieden. Die Luft in dem zentralbeheizten Zimmer machte ihm zu schaffen, und er tupfte sich mit der Serviette das Gesicht ab. Er konnte nicht länger schweigen.
    »Verzeihen Sie, Sir, aber erlauben Sie, dass ich die Ansichten Ihres Schwagers in dieser Angelegenheit erwähne?«
    »Selbstverständlich. Bitte erinnern Sie mich, Mr …?«
    »Oh, tut mir leid. Natürlich. Julian Richardson, Sir.«
    »Wir teilen uns in Oxford ein Zimmer«, fügte Rupert hinzu.
    »Ah ja, Oxford. Was für eine wunderbare Stadt! Ich habe einige der glücklichsten Tage meines Lebens dort verbracht. Natürlich, Mr Richardson, bitte fahren Sie fort.«
    »Danke, Sir. Nun, ich wollte erwähnen, dass der Earl of Harewood bereits im vorigen Sommer die Gefahren immer größerer Territorialansprüche Deutschlands hervorgehoben hat. Sie brauchen nur an den weitreichenden und katastrophalen Einfluss zu denken, den Hitler schon jetzt ausübt. Ich meine, Sir, es ist ja nicht nur der Faschismus an sich. Wie kann man über den wachsenden Antisemitismus, der große Teile Europas verseucht, nicht berunruhigt sein? Schauen Sie sich Italien an. Und wenn ich so sagen darf, Sir, schauen Sie sich England an. Mosley hat für seine Schwarzhemden vielleicht noch nicht jenen Erfolg erzielt, nach dem er lechzt, aber ich bin sicher, er würde bis ans Äußerste gehen, um die Leichtgläubigen in diesem Land zu korrumpieren!«
    Als Julian spürte, wie eine Woge des Zorns in ihm aufstieg, fragte er sich, ob er zu weit gegangen sei. Doch die Oberschicht, und Mitglieder des Königshauses im Besonderen, hegte offenbar eine fest verwurzelte Abneigung dagegen, der Realität ins Auge zu sehen und die Wahrheit auszusprechen.
    Was in aller Welt tue ich hier unter all diesen Leuten? , fragte er sich. Er nahm einen großen Schluck Wein, und sogleich stand der Butler neben ihm, um nachzuschenken.
    Er überlegte noch, ob er weiterreden sollte, als sein Blick durch den flackernden Kerzenschein hindurch auf Charlotte fiel, die, ohne den Blick von ihm abzuwenden, die Zitronenscheibe aus ihrem Wasserglas fischte und langsam und bedächtig an ihr zu saugen begann. Dieser uralte Trick hatte eine sofortige Wirkung auf Julian. Seine Backen zogen sich zusammen, und er sah sich außerstande, auch nur ein weiteres Wort zu äußern.
    Der König, der gerade wegen seiner Ungezwungenheit und Zugänglichkeit als Prinz von Wales so beliebt gewesen war, starrte mit einem durchdringenden Blick, in dem sich Unverständnis und Mitleid paarten, zu Julian hinüber. Während er dem silbernen Etui, das vor ihm auf dem Tisch lag, eine amerikanische Chesterfield entnahm, wandte er sich mit seinen tadellosen Manieren dem Gast zu seiner Rechten zu. Am Rand des dunklen Smokingärmels konnte Julian diamantenbesetzte Manschettenknöpfe aufblitzen sehen.
    Als der König zuvor über seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg gesprochen hatte, schienen ihn Stolz und ein Gefühl der Nostalgie überkommen zu haben. Als er sich jetzt Joan mit der Frage zuwandte, wie sie den Krieg erlebt habe, sah Evangeline ihre Patentante erröten.
    »Nicht besonders gut, fürchte ich, Sir«, begann Joan.
    Der König nahm einen tiefen und langen Zug von

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