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Als Mrs Simpson den König stahl

Als Mrs Simpson den König stahl

Titel: Als Mrs Simpson den König stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Nicolson
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ihres Londoner Stadthauses in St John's Wood versammelt und tranken ein Glas Champagner, während sie darauf warteten, dass May mit dem Rolls-Royce vorfuhr.
    Charlotte saß auf der mit Leder überzogenen Kante des halbkreisförmigen Kamingitters, schlug abwechselnd ein Bein über das andere und strich gelegentlich mit einer Geste, die Evangeline für unangemessen aufreizend hielt, ihre Seidenstrümpfe vom Knöchel bis zum Knie glatt. Bettina trug ein bodenlanges silbernes Etuikleid und erzählte ihren Eltern von dem Ball, auf
den sie am Vorabend gegangen war. Evangeline, stets auf dem aktuellen Stand der Modeillustrierten, bemerkte, dass von Bettinas Arm der neueste Chic baumelte: ein samtenes Abendtäschchen mit einer funktionierenden Uhr als Schnalle. Gott weiß, dachte sie, welcher heiratsfähige junge Mann sich hatte überreden lassen, diesem albernen Mädchen ein so ausgefallenes Geschenk zu machen. Die Angewohnheit der jungen Frau, in völlig normale englische Sätze französische Wörter und Wendungen einzustreuen, wirkte auf Evangeline ebenso affektiert wie irritierend. An der Art, wie Philip die Augen verdrehte, merkte sie, dass er ihre Meinung teilte.
    »Ach, ehrlich, Mummy, jeder Witz, den dieser picklige Bursche, den ich am Hals hatte, von sich gab, war ein alter chapeau . Aber als Le Grand Fromage selbst directement aus Nombre Ten eintraf, wurde es besser! Quelle Aufregung!«
    Das silberne Futteral schimmerte, als Bettina im Zimmer umhersauste, ihr Samttäschchen schwenkte und, während sie sprach, kleine Pirouetten drehte. Aber niemand hörte ihr wirklich zu.
    Evangeline saß in einer Ecke und hoffte, dass ihre experimentelle Frisur, ein mädchenhafter »natürlicher Lockenkopf«, zu dem sie sich hatte überreden lassen und der von einer großen kleidsamen Feder abgerundet wurde, eine Verbesserung gegenüber ihrer gewöhnlich statisch wirkenden Perücke darstellte.
    Sie versuchte, die Träger ihres ausgeschnittenen Abendkleides aus schwarzer Seide zurechtzuzupfen, ohne dass Philip, Rupert, Joan, Bettina oder Charlotte es bemerkten. Die Vorstellung, etwas anzuziehen, das die Grenzen, die ihr Körper ihr auferlegte, nicht berücksichtigte, hatte sie schon seit dem Frühstück beunruhigt. Noch bevor sie bei Wallis' Damenschneider die Baumwollhülle abgestreift hatte, die das Kleid vor Staub schützte, hatte sie den Verdacht gehegt, die falsche Wahl getroffen zu haben. Und sie hatte richtig vermutet. Trotz der vielfachen Bemühungen des Schneiders sträubten sich die Träger, das Ober
teil zu halten, und schnitten in ihre bloßen Schultern ein, wo sie hässliche Striemen verursachten. Wieder einmal wurde sie daran erinnert, weshalb sie normalerweise darauf achtete, nicht zu viel Haut zu zeigen, und fand sich damit ab, das zum Kleid passende und alles verhüllende Schultertuch zu tragen, obwohl Wallis ihr versichert hatte, ihre Wohnung werde gut geheizt sein.
    Inmitten all dieses unwürdigen Zurrens und Zerrens öffnete sich die Tür. Julian stand da und blickte sie geradewegs an. Er trug eine rote Samtkrawatte und zwinkerte ihr hinter seiner Brille zu, bevor er verkündete, er habe May in der Eingangshalle warten sehen, ob sie alle aufbruchsbereit seien? Sogleich war Evangeline zuversichtlicher, dass der Abend nun wirklich Vergnügen verhieß, und drückte sich selbst die Daumen, wie sie es immer tat, wenn sie sich wünschte, dass ein bisschen Glück des Weges käme.
    Julian verbrachte viel Zeit mit der Familie Blunt, obwohl Evangeline die eigentliche Natur seiner Freundschaft mit Rupert bislang nicht hatte ergründen können. Die beiden Studenten waren so verschieden; während der eine prahlte und plump-vertraulich Schultern klopfte, war der andere zurückhaltend, intellektuell und doch jederzeit zum Flirt aufgelegt. Julians Charme war nur selten für Ruperts unangenehme, großmäulige Schwester bestimmt; die leisen Gespräche zwischen Julian und Joan jedoch, die Evangeline mitgehört hatte, ließen sie darüber nachdenken, ob es vielleicht ein Bedürfnis nach einer warmherzigen Mutter war, das Julian immer wieder nach Cuckmere und St John's Wood führte. Ermutigt von einem flüchtigen Augenzwinkern, konnte sie den überschäumenden Gedanken nicht unterdrücken, dass es vielleicht der neueste Zuwachs im Haushalt war, dessen Gegenwart ihn bewog, so oft wiederzukommen.
     
    Bryanston Court war ein großes speziell errichtetes Gebäude und lag gleich um die Ecke von Marble Arch. Wallis' Gäste schrit
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