Als Mrs Simpson den König stahl
Abend wird ein großer Erfolg. Und vielleicht überrascht uns Miss Dobbs ja als eine wunderbare Ergänzung bei Tisch. Heißt es nicht, Lehrerinnen und Bibliothekare passen zusammen wie …« Evangeline suchte nach einem Vergleich. »… wie Löffel und Gabel oder wie Toast und Orangenmarmelade? Aber wenn du mich jetzt entschuldigen würdest.«
Nachdem sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange gedrückt hatte, was ihr zur Gewohnheit zu werden drohte, ging Evangeline nach oben, um mit den Vorbereitungen für ihre Abendtoilette zu beginnen. Philip vergewisserte sich, dass sie außer Sicht war, bevor er in den Spiegel blickte und die Stelle berührte, wo Evangelines Lippenstift einen winterbeerenfarbenen Abdruck hinterlassen hatte. Während er sich mit dem Taschentuch die Wange abwischte, nahm er sich vor, sie in Zukunft freundlicher zu behandeln.
Als der erste Gang, pochierte Wachteleier, abgetragen worden war, bemühte sich Evangeline nach Kräften, ihren Pflichten als Gastgeberin nachzukommen. Sie hatte recht erfolgreich entzücktes Interesse an den Plänen des Bürgermeisters von Eastbourne für neue städtische Wohnsiedlungen geheuchelt. Das war nicht leicht gewesen, denn jedes Mal, wenn er eine Gabel voll Ei zum Mund führte, schwang seine goldene Amtskette nach vorn und schlug klirrend gegen seinen Teller. Als der zweite Gang, Meeresfrüchte und Spargel, serviert war, wandte Evan
geline ihre Aufmerksamkeit erleichtert ihrem Tischnachbarn zur Rechten zu. Sir John hatte den ersten Gang kaum angerührt, und als er sah, wie sich Evangeline nun einen großzügigen Schlag Sauce Hollandaise auftat, bekannte er, unter den »Schrecken einer schlechten schottischen Verdauung« zu leiden.
Sir Johns Indisposition löste zwischen ihnen eine Diskussion über einen Fall aus, über den die Zeitungen in den vergangenen Tagen berichtet hatten. Kürzlich war ein Hinterbänkler, der einen Wahlkreis in Leicestershire vertrat, unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen. Es kam ans Licht, dass der Abgeordnete, obwohl verheiratet, eine heimliche Affäre mit seiner sehr viel jüngeren Wahlkreissekretärin gehabt hatte. Mehrere Jahre lang hatte er sich bei seiner Köchin über Kurzatmigkeit beklagt und war schließlich unter großen Qualen gestorben. Eine Obduktion hatte ergeben, dass sein Tod von der kumulativen Wirkung winziger Mengen Quecksilber in seinem Magen verursacht worden war. Die Köchin hatte ihren Argwohn der Polizei gemeldet, und die Ehefrau war unter dem Verdacht festgenommen worden, ihren Mann vergiftet zu haben.
»Ich könnte mehrere Schlussfolgerungen aus diesem Fall ziehen«, sagte Sir John und rieb sich den Magen. »Erstens, Untreue ist keine gute Idee. Zweitens, bei Mord kommt man nur selten ungestraft davon. Und drittens, wir sollten dafür sorgen, dass alles Gift vor Mordlustigen versteckt wird.«
Sein mangelnder Appetit erlaubte es Sir John, seine Aufmerksamkeit vom Essen auf seine Tischnachbarin zu lenken, die ihn mit ihrer gründlichen Kenntnis der Stärken und Schwächen verschiedener Giftsorten überraschte.
»An meiner Schule zu Hause in Baltimore hatten wir einen großartigen Lehrer«, erzählte ihm Evangeline. »Professor Meredith hatte einen langen Bart, und meine Lieblingsstunden waren die im Chemielabor. Einmal fing sein Bart Feuer am Bunsenbrenner meiner Freundin Wallis, aber ich konnte den Brand mit Wasser aus dem Goldfischglas löschen. Danach schloss mich
Professor M. ins Herz. Wenn die anderen Mädchen zusätzlichen Tennisunterricht nahmen, ging ich ins Labor und half ihm dabei, Rattenexperimente mit Gift durchzuführen.«
»Das ist ja faszinierend. Erzählen Sie weiter«, sagte Sir John aufmunternd.
»Nun ja, manchmal haben wir einen Tropfen Gift der brasilianischen Wanderspinne verwendet, und der war sehr effektiv: Verlust der Muskelkontrolle, Lähmung und dann der Tod. Des Weiteren gab es Zyanid, das hat am schnellsten gewirkt, und Strychnin, das hat ein bisschen länger gedauert. Mein Lieblingsgift war Sarin, eine Art Gas, das wir einmal an einem Kaninchen von der Größe eines Welpen ausprobiert haben. Ich werde es nie vergessen.« Bei der Erinnerung sprach Evangeline wie in Trance. »Das Kaninchen legte sich schon beim ersten Duft auf den Rücken. Mit Quecksilber hat uns der Professor nie experimentieren lassen, es hätte zu lange gedauert, bis es Wirkung zeigte. Allerdings kann man Strychnin und Zyanid in Getränke mischen, was sie sehr gefährlich macht, denn trinken
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