Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Kleidungsstücken wieder und mussten zusehen, wie in den folgenden Stunden jedes einzelne Teil miteinander kombiniert und anprobiert wurde.
Schon nach kürzester kurzer Zeit ging ein Gezicke los, wie ich es bis dahin noch nie erlebt hatte. Ich schaute mir das Schauspiel an und stellte mir vor, dass es so wohl in der Hölle zugehen musste. Und genau in diesem Moment fiel uns dann auch der Name dieses Projektes ein: »SUPERBAD«. So sollte unsere Girlgroup heißen, dachten Clint und ich, denn das waren die Mädels im Grunde auch – super bad!
Es flossen Tränen, die Mädchen beleidigten sich gegenseitig, versöhnten sich wieder, um unmittelbar danach erneut zu streiten. Ich war mächtig erleichtert, als Stunden später endlich die ersten Fotos gemacht werden konnten und die ganze Session irgendwann ein Ende fand. Obwohl ich eigentlich nur zugeschaut hatte, war ich völlig hinüber.
Die Fotos sind dann allerdings richtig gut geworden und irgendwann wurde einfach alles an verschiedene Plattenfirmen geschickt und wir warteten mal wieder auf Antworten.
Und, muss ich es noch näher beschreiben?
Vielleicht doch: Die einzige Antwort, die sich von den Standardabsagen ein wenig abhob, war der Brief von einem Mitarbeiter einer Plattenfirma, der für private Zwecke die Telefonnummer eines der Mädels haben wollte. Mit der Musik selbst konnte er nichts anfangen.
Wie zuvor war also auch diesem Projekt kein Plattenvertrag vergönnt. Das Thema Superbad wurde zu den Akten gelegt und ich durfte dank dieser Entscheidung mein seelisches Gleichgewicht behalten. Girlgroups waren in meinem Fall für alle Zeiten gestorben.
Lass dich überraschen
Wenn ich bis dahin ein Fazit gezogen hätte, wäre es wohl sehr düster ausgefallen. Ich konnte noch nicht einmal von einer fallenden Aktie sprechen, meine war schließlich noch gar nicht auf dem Markt. Alles, was ich bis zu diesem Zeitpunkt musikalisch in Angriff genommen hatte, war irgendwie gescheitert. Ich machte dies nicht an meiner Musik fest – von der war ich noch immer überzeugt –, aber irgendetwas stimmte nicht. Ich hatte ständig Clint vor Augen, der es als Berufsmusiker geschafft hatte. Er musste nicht jeden Morgen in Anzug und Krawatte steigen, um Hörgeräte zu verkaufen – Clint lebte alleine von der Musik. Ich nicht!
Wenn ich damals die Hits im Radio hörte, dachte ich nicht selten, dass ich das doch auch könnte. Ich meine damit nicht Bands wie die Stones, REM oder Springsteen. Die hatten natürlich einen anderen Sound und einen anderen Stil. Ich meine hierbei vielmehr die ganzen Elektrosounds, die in den Charts vertreten waren. Meine Stücke fand ich durchaus auf Augenhöhe, aber ich kam einfach nicht in das Business rein. Warum erkannte denn niemand, dass ich Tag und Nacht nur für die Musik lebte? Es gab nichts anderes in meinem Leben – keine Interessen, keine Hobbys, keine Urlaube. Ich hatte mich vollkommen meinem Traum vom Berufsmusiker verschrieben und alles investiert, was ich besaß: meinen Enthusiasmus, mein Können, mein ganzes Leben. Und es kam dennoch einfach nichts dabei heraus.
Clint hatte mir in der Zwischenzeit zwar einen Chor-Job für einen Werbespot besorgt. Ich stand in einem Studio so groß wie eine Turnhalle, das Equipment muss in die Millionen gegangen sein – ich sang meinen Text ein und verdiente ein paar Mark damit, nur leben konnte ich davon nicht. Ich schrieb Stücke wie ein Bekloppter – das müssen zu dieser Zeit 40 bis 50 Titel in allen Stilrichtungen gewesen sein –, ging übernächtigt und unkonzentriert in die Arbeit, bewegte mich kaum noch, hatte so gut wie keine Sozialkontakte mehr – und war unzufrieden, ohne es richtig zu merken. Über meinem Alltag hing ein Schleier, ich war gefangen in mir und meinen Träumen und wollte aber einfach nicht aufgeben.
Clint und ich trafen uns jeden Abend, wir schrieben Songs, ohne wirklich zu wissen, für wen diese eigentlich waren. Wir waren wie Hamster in einem Laufrad, mit dem einen Unterschied, dass wir immerhin das tun konnten, was uns im Grunde Spaß machte. Aber: Wir kamen – wie der Hamster – einfach nicht vom Fleck.
Clint erhielt in dieser Zeit einen Job als Chorsänger bei der Tour von einem sehr bekannten Schlagersänger. Für ihn war das nichts Neues, arbeitete er doch – während ich von morgens bis abends Hörgeräte anpasste – an vielen verschiedenen Musikprojekten. Nun war also dieses Angebot bei ihm auf den Tisch gekommen und das hieß für mich, dass ich
Weitere Kostenlose Bücher