Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
auch Gedanken gemacht und sich gefragt, warum am Ende nichts von dem, was wir versucht hatten, erfolgreich war. Er schlug vor, ich solle mich lediglich auf das konzentrieren, was mir Spaß machte, und mich nicht mit Dingen befassen, die letztendlich nur Kopien von dem waren, was es schon längst gab.
Ich sollte also wieder Musik für mich machen und wenn ich Probleme mit den englischen Texte hätte, würde Clint sie korrigieren. Er sagte: »Mach da weiter, wo du damals aufgehört hast.«
Nach dem Gespräch wurde ich noch nachdenklicher. Hatte er wirklich recht? Ich fing an, alle Bänder und Lieder herauszukramen, die wir zusammen gemacht hatten, saß bis spät in die Nacht in meinem Studio und hörte mir alles noch einmal an. Und da wurde mir bewusst, dass ich im Grunde genau das geworden war, was ich nie wollte. Ich saß in einem dunklen Raum, in dem ich mit niemandem reden musste, und arbeitete schön im Hintergrund. Und ich brauchte andere, die sich an meiner Stelle vor die Menschen stellten. Ganz so, wie es der Rektor meiner Schule von mir erwartet hatte. Dabei hatte ich doch mit meinem ersten Album und mit Liedern wie »Stark« die schönsten Momente in meinem Leben. Mit allen anderen Projekten indes, bei denen ich auf andere angewiesen war, hatte es immer nur Ärger gegeben. Clint hatte recht – ich musste wieder da anfangen, wo ich aufgehört hatte.
Als Erstes rief ich am folgenden Tag die Sängerin an und erklärte ihr, dass sie sich einen anderen suchen sollte, der ihr den musikalischen Hintergrund bieten könnte, den sie sich vorstellte. Die junge Frau schien erschrocken und erklärte, dass sie doch alles nicht so gemeint hatte, aber ich ließ mich nicht mehr umstimmen. Ich wollte einen Neuanfang, und der sollte nun auch konsequent sein. Ich wusste, dass meine Entscheidung richtig war, und verspürte wieder diese Euphorie, ein Ziel zu haben und dabei alles selbst in der Hand zu halten. Keine Abhängigkeiten, keine Launen mehr. Es gab nur noch einen Menschen, mit dem ich mich herumschlagen wollte, und das war ich selbst.
Mit Leib und Seele
Als ich am nächsten Tag zur Arbeit ging, war mein Kopf schon wieder voller Ideen und Melodien. Ich musste mich sehr konzentrieren, um überhaupt an etwas anderes zu denken, und war erleichtert, als der Feierabend endlich kam und ich in mein Studio konnte. Dort angekommen, kramte ich wieder meine alten Wörterbücher raus, überlegte mir Liedtexte und experimentierte an meinen Keyboards herum.
So entstand Schritt für Schritt der erste Song. Als ich ihn ganz arrangiert hatte, schrieb ich mithilfe meiner Übersetzungsbücher den Text dazu auf und sang das Lied endlich ein. Ich war begeistert und überrascht, wie schnell das alles ging. Meine Stimme gefiel mir auch und in diesem kreativen Schwung machte ich noch eine Gesangsaufnahme von dem Song, der eigentlich für diese Sängerin gedacht war.
Ich hörte mir alles an, spielte noch ein wenig mit den Effekten und war am Ende von dem Ergebnis begeistert. Ich war also auf dem richtigen Weg und das Ganze machte auch noch Spaß. Es brauchte keine Überredungskünste, keine Seelenpflege für ambitionierte Jungkünstlerinnen und ich musste auch nicht stundenlang einen Gesang editieren, weil irgendjemand nicht singen konnte.
Ich denke, dieser eine Abend war sehr wichtig für mich. Da kam ich zu dem zurück, was ich immer wollte – und ich entwickelte eine Eigenständigkeit, die in den Jahren zuvor leider verloren gegangen war. Natürlich waren meine Ergebnisse nicht perfekt, aber es war etwas von mir, was ich da hörte, und es gefiel mir richtig gut.
Am folgenden Abend machte ich einfach weiter und die Zeit verging wie im Flug. Ich schrieb das nächste Lied, textete, sang, fiel hundemüde ins Bett, musste viel zu früh wieder aufstehen, Arbeit, Studio, Bett, Arbeit, Studio …
So ging das wochenlang weiter, bis mich mein Chef eindringlich bat, meine musikalischen Eskapaden so einzuschränken, damit ich in der Lage sei, meine Arbeit ordentlich zu machen. Er habe mich beobachtet und sei in keiner Weise damit einverstanden, wenn ich völlig unausgeschlafen und übermüdet zur Arbeit käme.
Ich entschuldigte mich und versprach Besserung. Am Abend schrieb ich nur noch den Text vom Vorabend zu Ende und verzichtete darauf, weitere Aufnahmen zu machen. Am Ende war es dann doch wieder spät geworden und ich ging – ohne die Sache zu Ende zu bringen – schlafen.
Aber das funktionierte nicht. Ich lag hellwach in meinem Bett
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