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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Gedanken.
    Ich ging zu ihm und gab ihm einen Kuß, und er strahlte. «Danke, Vater», sagte ich. «Du bist sehr lieb. Kann sie denn kochen?»
    «Also, das weiß ich nicht», sagte er.
    Merkwürdig, daß er sie nicht danach gefragt hatte. Aber Männer haben keinen Sinn fürs Praktische, das ist ja allgemein bekannt.
    Persephone war schon seit Monaten in Harold Wilson verknallt, und in ihrem Zimmer war jeder Zentimeter an den Wänden mit Bildern von ihm tapeziert. Ich ging hinein und fand sie lesend auf dem Bett. «Du brauchst dir gar keine Hoffnungen zu machen», sagte ich. «Er ist viermal so alt wie du und außerdem verheiratet.»
    Sie las weiter.
    «Ich hab eine Neuigkeit für dich», sagte ich.
    Sie sah mich erwartungsvoll an.
    «Vater hat Gloria Perkins gebeten, uns den Haushalt zu führen.»
    «Der alte Bock», sagte Perse.
    «Perse!» rief ich. Ich war ehrlich entsetzt.
    Perse warf mir einen seltsamen Blick zu und nahm dann ihr Buch wieder auf. Es war Keats. Wie konnte jemand Keats lesen und so eine schmutzige Phantasie haben! Ich ging zur Tür. «Perse!» sagte ich.
    Sie blickte auf. «Perse», sagte ich und versuchte, meiner Stimme einen überlegenen Ton zu geben. «Du glaubst doch nicht im Ernst -?»
    Sie starrte vergnügt an die Decke. Dann sagte sie triumphierend: «Ich bin bestimmt die einzige in unserer Schule, deren Vater ein Verhältnis hat.» Und während die Augen schon zurückwanderten zu ihrem Buch, fügte sie hinzu: «Ha - was für ein Statussymbol.»
     

4
     
    Shepherd’sDelight hängt wie ein Nest in den Kalksteinhügeln: es ist ein grauer, sauberer und luftiger kleiner Ort. Die Leute aus dem nördlichen England fühlen sich hier zu Hause und können sich die Lungen mit frischer Luft füllen. Aber für den Londoner ist es der eisige Norden.
    Und es ist verteufelt umständlich, hierher zu reisen. Gloria sah jedenfalls bei ihrer Ankunft so aus, als sei sie rückwärts durch eine Hecke gekrochen.
    Ich begrüßte sie an der Tür, nahm ihre beiden Hände und gab ihr einen herzlichen Kuß. «Gloria - wie lieb von dir, daß du gekommen bist und uns helfen willst. Komm, gib mir deinen Koffer, ich bring dich nach oben. Du wohnst im Schimmelzimmer.»
    Sie folgte mir schweigend, und ich sagte: «Vater arbeitet bis fünf. Aber den brauchen wir ja im Augenblick auch nicht.» Wir stiegen die Treppe hinauf, die bedenklich knarrte. «Du bist sicher eine phantastische Köchin», sagte ich.
    Sie sah mich stumm und verblüfft mit ihren großen Augen an. Kuhaugen, dachte ich. Man hatte bei Gloria das Gefühl, daß sie Gedanken und Worte brunnentief aus sich herausholen mußte. Endlich meinte sie: «Gulasch kann ich jedenfalls kochen.»
    Ich zeigte ihr das Zimmer. Abgesehen von den Schimmelflecken war es ein hübscher Raum: ein chintzbezogener Frisiertisch, Messingbett und ein Nachttisch, auf dem die von Burton und ein Almanach von 1952 lagen. Gloria lächelte mich nur freundlich an.
    «Komm runter, wenn du fertig bist», sagte ich. «Hier ist das Badezimmer - das Wasser ist knapp lauwarm, wärmer wird es nie. Und hier ist das Klo - man muß stark ziehen, dann geht’s.»
    Damit verließ ich sie. Sie brauchte eine Stunde, um die Schäden zu reparieren, die Eisenbahn und Autobus ihrem Äußeren zugefügt hatten; doch die Zeit war gut angewandt, das sah ich, als sie dann herunterkam. «Das Klo ist aber mal groß», sagte sie. Es war der einzige Kommentar zu unserem Haus, den sie jemals von sich gab, aber in gewisser Weise war damit ja auch alles Wesentliche gesagt.
    Ich ging mit ihr zu Perse, die ihre Wasserfarben hervorgeholt hatte und sich die Fußnägel anmalte. «Na, ihr kennt euch ja», sagte ich. «Gloria will sich von nun an um uns kümmern.»
    «Prima», sagte Perse. «Dann kann sie mir bei meinem Makeup helfen.»
    «Hallo, Kleines», sagte Gloria. Sie ging im Zimmer umher und besah sich die an die Wand gehefteten Bilder. «Wer ist denn dein Boyfriend?»
    «Harold Wilson», sagte Perse.
    Gloria sah sie verständnislos an. «Der Premierminister», sagte ich.
    «Er kam mir auch irgendwie bekannt vor», sagte Gloria.
    Darauf gingen wir zu Trubshaw, den wir im Keller aufstöberten. Er hatte sich Hände und Gesicht mit feuchtem Kohlenstaub eingeschmiert. «Ich spiele Nigger», sagte er stolz.
    Ich war entsetzt. «Wo hast du das gräßliche Wort her, Trubshaw?»
    «Ist das denn ein unanständiges Wort? So wie Scheiße und —?»
    «Nein, nein», sagte ich hastig. «Aber wenn du ein

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