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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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verdammt ödes und klösterliches Leben. Glaub mir, viel Spaß macht das nicht, denn ich bin ja auch nur ein Mensch. Und wenn dein Kirchenvorstand und deine liebe Gemeinde noch lange so herumklatschen, dann lande ich eines Tages womöglich wirklich noch in Glorias Armen!»
    «Unsinn», sagte der Pfarrer brüsk. «Bloß nicht noch Selbstmitleid, Harry. Das paßt nicht zu dir.» Seine Stimme wurde jetzt etwas freundlicher. «Also auf Wiedersehen, alter Knabe. Komm doch gelegentlich mal rüber zu mir, dann läßt sich die Sache bereden.» Und damit legte er den Hörer auf.
    Verschossen, hatte er gesagt! Aber mein Herz hatte diesmal keine Zeit, stillzustehen. Schon klingelte das Telefon wieder, und Perse nahm den Hörer auf und rief mich: «Dein Johnnie», verkündete sie.
    Ich nahm den Hörer. «Hier Viola Kemble», meldete ich mich.
    «Hier John Wrighton.» Seine Stimme klang unsicher und nervös. «Tag, Viola, ich - ich wollte bloß mal hören, wie es dir heute morgen geht.»
    «Wenn du etwa denkst, ich habe einen Kater», sagte ich, «so muß ich dich enttäuschen.»
    «Wunderbar», sagte er. «Ich wollte dir nur noch einmal dafür danken, daß du mitgekommen bist, Viola.»
    «Oh, bitte. Es war nett, daß du mich mitgenommen hast.»
    Ich hörte, wie er schluckte. «Wann sehen wir uns wieder?»
    «Ja, das weiß ich noch nicht, Johnnie. Ich habe im Augenblick sehr viel zu tun.»
    «Ja, natürlich», sagte er schnell. «Das glaube ich dir gern.
    Aber es ist dir doch recht, daß ich angerufen habe?»
    «Ja, natürlich. Du darfst immer anrufen.»
    «Danke», sagte er und schluckte noch einmal. «Dann also bis zum nächstenmal.»
    «Wiedersehen», sagte ich und legte den Hörer auf.
     

13
     
    Während früher unser Leben sanft und stetig dahingeflossen war, bildete es jetzt, wie ein Fluß, der sich den Stromschnellen näherte, immer wieder Wirbel und Strudel.
    Trubshaw hatte es plötzlich mit der Schule und beklagte sich bitter, daß es samstags und sonntags keinen Unterricht gab. Als ich einmal seine Lehrerin im Autobus traf und sagte: «Nicholas zeigt jetzt mehr Eifer, nicht wahr?», sah sie mich nur erstaunt an, ließ mich ohne jede Antwort und stieg auch bald darauf aus.
    Von Mutter hatte ich zwar eine Ansichtskarte bekommen, aber sie war noch immer in Kuala Lumpur.
    Miss Buttle ließ sich kaum noch sehen.
    Auch Johnnie Wrighton ließ nichts mehr von sich hören. Einmal, im Dorf, hatte ich deutlich das Gefühl, daß er mir auswich. Ich sah ihn noch ein paarmal oben auf Harker’s Hill, wo er ein Feld pflügte, aber er winkte mir nur zu, ohne den Traktor anzuhalten. Irgendwie tat mir das leid. Er war ein netter Junge, und ich hatte ihn gern. Hätte mein Herz nicht immernoch an Clifton Chisholm gehangen, dann hätte ich mich vielleicht sogar in Johnnie verliebt.
    Am meisten Sorge machte ich mir um Perse. Stundenlang hielt sie sich in ihrem Zimmer auf. Was tat sie bloß? Man hätte auf den Gedanken kommen können, sie schriebe dort einen Roman.
    Sie war überhaupt nicht ansprechbar, und ich sah sie auch kaum einmal allein, bis zu dem Tag in der Adventszeit, als wir an der Reihe waren, den Altar mit Blumen zu schmücken.
    Perse hätte die Blumen einfach mit dem Bindedraht in die Vase gesteckt. Deshalb hatte ich vorgeschlagen, daß wir uns die Arbeit teilten. Und während Perse in der Sakristei die Vasen mit Wasser füllte, ordnete ich die Blumen und trug sie nach vorn zum Altar.
    Ich war gerade dabei, eine Vase hinzustellen, als ich hinter mir eine Stimme hörte: «Viola, würden Sie mir einen Gefallen tun?»
    Ich fuhr herum, eine große bronzefarbene Chrysantheme in der Hand.
    Mr. Chisholm! Er stand auf den Stufen des Altars. Ich war so überrascht, daß ich jede Zurückhaltung vergaß und rief: «Jeden, Mr. Chisholm! Ich würde alles für Sie tun.»
    Er sah mich verwundert an. «Würden Sie Ihrem Vater bitte sagen, daß die Sitzung des Kirchenvorstands heute schon um halb acht anfängt und nicht erst um acht?»
    «Ja», sagte ich verwirrt, und meiner zitternden Hand entfiel die Blume. Wir bückten uns beide danach, und unsere Hände berührten sich. Sein Gesicht war dem meinen ganz nahe. Ich kannte mich selbst nicht mehr. Ich schloß die Augen und streifte mit den Lippen seine Wange.
    Als ich die Augen wieder öffnete, sah er bestürzt und glutrot im Gesicht aus. Der Vorfall schien ihm eher ärgerlich. Wer weiß, was er vielleicht getan hätte, wenn Miss Buttle, die hinten in der Kirche gerade ihren kleinen

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